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Rotlicht statt Blaulicht

Die Wiener Polizei sieht sich wiedereinmal mit einen handfesten Skandal konfrontiert

| Sebastian U. Kalicha

Normalerweise ist es doch so: Die Polizistinnen und Polizisten, also die "Guten", haben die Aufgabe, den VerbrecherInnen und ÜbeltäterInnen, also den "Bösen", das Handwerk zu legen. Bei der Wiener Polizei bewertete man diese Zuteilung, zumindest wenn es um den Umgang mit der Rotlichtszene ging, offensichtlich etwas anders. Die Folgen sind die, dass nun sukzessive immer neue Hiobsbotschaften über dubiose Verbindungen zwischen Rotlichtgrößen mit führenden Polizeibeamten an die Öffentlichkeit gelangen.

Die Polizei in Wien hat sich erneut mit einem veritablen Skandal herumzuschlagen. Diesmal geht es jedoch nicht, wie in der Vergangenheit leider viel zu oft, um die Misshandlung von zumeist afrikanischen AsylwerberInnen und MitbürgerInnen, die zum Teil tragischerweise tödliche Folgen hatten.

Im kollektiven Gedächtnis hängen geblieben ist da zum Beispiel der Nigerianer Markus Omofuma, der am 1. Mai 1999 bei seiner Abschiebung von Wien nach Sofia elendig erstickte (vgl. GWR 240), da ihm der Mund verklebt wurde oder der mauretanische Physik-Student Seibane Wague, der am 15. Juli .2003 bei einer Polizeihandlung im Stadtpark in Wien zu Tode kam.

Diesmal geht es um äußerst fragwürdige Vorgänge zwischen der Polizei und dem Rotlichtmilieu am Wiener Gürtel.

Die Rotlichtszene und die Polizei

Setzt man sich näher mit diesen neuen Vorfällen auseinander, sieht man sich mit einem komplexen Sammelsurium aus Bestechung, Geschenkannahme, Amtsmissbrauch, Verrat, Diffamierung und ähnlichem konfrontiert.

Vieles dabei sind nur Gerüchte, bewusst lanciert und von wem, bleibt oft im Dunkeln.

Auffällig dabei ist jedoch, dass bislang ausschließlich Spitzenbeamte des Polizeiapparates von den Anschuldigungen betroffen sind. Grundsätzlich sind die Vorwürfe, die nun im Raum stehen und für Furore sorgen, die, dass geplante Razzien an die betroffenen Bordellbesitzer weitergeleitet worden sein sollen, private Freundschaften zu Untergrundgrößen der Wiener Rotlichtszene etwas zu intensiv gepflegt wurden sowie Geschenkannahme, die Weitergabe von vertraulichen Informationen etc. Weiterhin sind Gerüchte zu hören, dass eine Art von “Sperrliste” existiert haben soll, auf der 300 Bordelle aufgelistet waren, denen gegen ein entsprechendes Schmiergeld, das sich zwischen 200 und 23.000 Euro monatlich bewegt haben soll, Razzien und andere Unannehmlichkeiten durch die Polizei erspart blieben.

Die Köpfe rollen

In Folge des Skandals sind bis dato mehrere namhafte und einflussreiche Polizeibeamte schwer in die Kritik geraten, vom Dienst suspendiert und teilweise verurteilt worden. Primär dreht sich alles – bist jetzt zumindest – um vier Spitzenbeamte des Polizeiapparates. Angefangen hat es mit Hofrat Ernst Geiger, der aufgrund der Affäre mittlerweile seines Amtes enthobene ehemalige Chef der Kriminaldirektion 1 in Wien. Er wurde beschuldigt, einem ihm nahe stehenden Besitzer einer sogenannten “FKK-Sauna”, gegen den ein Verfahren wegen Zuhälterei läuft, eine Razzia verraten zu haben. Er ist im März 2006 suspendiert worden und wurde inzwischen wegen Verrats von Amtsgeheimnissen zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und Geiger bekämpft es nach wie vor.

Nach Geiger kam dessen Konkurrent und Intimfeind General Roland Horngacher, der den Posten des Wiener Landespolizeikommandanten inne hatte, ins Zentrum der Kritik.

Auch gegen ihn wurde ein Amtsenthebungsverfahren in die Wege geleitet, da ihm vorgeworfen wurde, zwischen den Jahren 2000 und 2004 vom ehemaligen BAWAG (Bank für Arbeit und Wirtschaft) Generaldirektor Helmut Elsner (der mittlerweile wegen des BAWAG-Skandals, einer der größten Bankenskandale der österreichischen Geschichte, ebenfalls auf sein Gerichtsverfahren wartet) über Umwege Reisegutscheine im Wert von 8.000 Euro erhalten haben soll.

Zudem wird ihm mehrfacher Verrat von Amtsgeheimnissen vorgeworfen. Nächster in der Liste der im Skandal verwickelten Persönlichkeiten ist der Leiter der Kriminaldirektion 1, Roland Frühwirt. Er soll die bereits erwähnten “Sperrlisten” für die Rotlichtszene am Gürtel angelegt haben, bislang wird jedoch nur wegen des Delikts der Verzögerung einer Zeugenaufnahme ermittelt. Er wurde ebenfalls vom Dienst suspendiert, mittlerweile aber wieder eingestellt.

Als ob dies nicht schon genug wäre, platzte kürzlich die nächste Bombe in Form eines Fotos, das an die Öffentlichkeit gelangte. Darauf zu sehen ist Chefinspektor Franz Pripfl, Gruppenführer der Kriminaldirektion 1, wie er mit einem Mann zusammensitzt, der wegen des Verdachts der Schutzgelderpressung in U-Haft sitzt, noch dazu auf der Hochzeit eines sogenannten “Unterweltlers”. Der Beamte wurde ebenfalls suspendiert.

Die Wogen glätten

Die Wiener Polizei ist nun sichtlich bemüht, die Wogen wieder etwas zu glätten um die Polizei wieder aus den Schlagzeilen zu bekommen, nachdem selbst Innenminister Günther Platter von der konservativen ÖVP gereizt meinte, dass er es satt habe, jede Woche mit einem neuen Polizeiskandal aus der Hauptstadt konfrontiert zu werden.

Ähnliche Aussagen waren auch von Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zu hören, der meinte, dass “der Bürger” sich schon frage, wo denn der Unterschied zwischen einem “Oberkieberer” (hochrangiger Polizist) und einem “Gürtelkönig” liege. Mehr oder weniger seriöse Tageszeitungen schießen sich seit Monaten regelmäßig auf Wiens Polizei ein, was die Meinung der Bevölkerung natürlich nachhaltig beeinflusst.

Als Zeichen für die Öffentlichkeit, wurde nun eine “Soko Rotlicht” gegründet, in der 6 Beamte sämtliche Ermittlungsakten noch einmal aufrollen sollen.

Der Mief, der der Wiener Polizei wiedereinmal nachhängt, bleibt aber der Mief des Fisches, der ja bekanntlich am Kopf zu stinken beginnt.