Zeiten des KampfesEinleitung |
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Das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC, Studentisches
Gewaltfreies Koordinierungskomitee, die Abkürzung SNCC wird
im Amerikanischen "Snick" ausgesprochen, d. Ü.)
entstand in der scheinbar sterilen politischen Landschaft der
fünfziger Jahre. Die gewaltfreie Organisation blühte
in den Massenkämpfen der sechziger Jahre auf und verschwand
in den Sackgassen der von Repression, Spaltungen und individuellem
Rückzug gekennzeichneten, unfruchtbaren Atmosphäre der
frühen siebziger Jahre.
Als die antirassistischen Widersprüche und Unzufriedenheiten
die Fassade der Anpassung an die Verhältnisse der von McCarthy
geprägten fünfziger Jahre durchbrachen, war es zunächst
eine Welle einzelner Widerstandsaktionen, die den modernen Freiheitskampf
der Afro-AmerikanerInnen auslöste. Die AktivistInnen des
SNCC, die seit langem im Graswurzelmilieu verankert waren und
sich der Überwindung rassistischer Unterdrückung verschrieben
hatten, veranschaulichten die exemplarischen Werte dieser Kämpfe.
So lange das SNCC die wechselnden Erfordernisse einer wachsenden
sozialen Bewegung vorwegnahm, war sein spezifischer Radikalismus
für diese Bewegung fruchtbar. Das SNCC war im Zentrum einer
Bewegung, die die US-amerikanische Nation veränderte, und
viel tiefer gehend noch die an der Bewegung Beteiligten. Der rasche
Aufstieg und Niedergang des SNCC, seine internen Debatten über
Taktik, Strategie und langfristige Ziele spiegelten als Mikrokosmos
die Veränderungen afro-amerikanischer Politik während
der sechziger Jahre.
Das SNCC wurde von den schwarzen College-StudentInnen aus den Südstaaten der USA gegründet, die auch die Sit-In-Bewegung in den Restaurants der sechziger Jahre initiiert hatten. Es entwickelte sich zu einer kleinen, aber wachsenden Gemeinschaft idealistischer AktivistInnen, weißer wie schwarzer, Studierender wie Nicht-Studierender, aus dem Norden der USA wie aus dem Süden. Stück für Stück überwanden die AktivistInnen des SNCC die eng gesteckten Grenzen des erlaubten Protests in der Zeit des Kalten Krieges. Sie eröffneten neue Perspektiven auf die US-amerikanische Gesellschaft und ihren von der Mittelklasse dominierten "Way of Life". Weil es viele aktive Jugendliche anzog, die die eskalierenden Kämpfe der sechziger Jahre ausfochten, verkörperte das SNCC auf lebendige Weise und wie wohl kaum eine andere Organisation die aufkeimenden Werte einer wachsenden sozialen Bewegung.
Als die radikale Kompromisslosigkeit der studentischen FreiheitsfahrerInnen
(Freedom-Riders: eine Aktionskampagne, bei der die schwarzen StudentInnen
für Weiße reservierte Plätze in Überlandbussen
und Busstationen besetzten, d. Ü.) im Frühjahr und Sommer
1961 die Regierung von Präsident John F. Kennedy in die Defensive
brachte, verließ eine kleine Gruppe von AktivistInnen ihre
Universität oder ihre Berufsausbildung, um BerufsaktivistIn
im SNCC zu werden. Mit nicht viel mehr als ihrer Begeisterung,
ihrer Kreativität und jugendlichen Energie griffen diese
SNCC-AktivistInnen die Hochburgen des Rassismus in den Südstaaten
frontal an. Während sie die schwarze Gemeinschaft mobilisierten,
bildete sich ihre entschieden radikale Perspektive durch wechselnde
Erfahrungen und Erwartungen. Zunächst bestanden sie nur darauf,
dass die US-Bundesregierung und deren liberale Führungspersönlichkeiten
ihre Macht zum Schutz und als Unterstützung der SNCC-Aktiven
und der Schwarzen im Süden einsetzt, mit denen sie zusammenarbeiteten.
Ab Mitte der sechziger Jahre begannen die SNCC-Kader jedoch nicht
nur die Zurückhaltung der Liberalen, sondern auch die konventionellen
Strategien der Gesellschaftsveränderung in der US-amerikanischen
Gesellschaft in Frage zu stellen. Sie beobachteten, dass die Anführer
traditioneller Organisationen die bedeutsamsten Kämpfe vor
Ort ignorierten, während gerade innerhalb dieser Kämpfe
neue, authentischere AktivistInnen öffentlich hervortraten
und ihnen Kontinuität verliehen. Indem sie Organisationstechniken
entwickelten, die bei den Schwarzen im Süden das Vertrauen
in ihre Fähigkeit stärkten, Unterdrückungssituationen
zu überwinden, wurden unterdrückte Traditionen des antirassistischen
Radikalismus wieder belebt. Die erfolgreiche Mobilisierung von
Gemeinden der Schwarzen im Süden durch das SNCC ermutigte
auch andere Bewegungen. Die Formen eines Selbstbewusstseins als
schwarze "Rasse", die im SNCC Mitte der sechziger Jahre
entstanden, waren Archetypen der Ideen, die später in der
Frauenbefreiungsbewegung und anderen Identitätsbewegungen
auftauchten.
Dieses Buch ist eine Studie der Ideen, die innerhalb des SNCC
lebendig wurden. Sein zentrales Thema ist die Entwicklung des
Radikalismus im SNCC. Dieser Prozess beinhaltete sowohl Konflikte
als auch eine Reihe von gemeinsamen Auffassungen, denn das SNCC
war keine homogene Sekte, die nur einem einzigen Glaubenskanon
verpflichtet war. Seine AktivistInnen hinterfragten nicht nur
die Bedingungen des gesellschaftlichen Status Quo, sondern auch
die Voraussetzungen, die ihrer eigenen Rebellion gegen die Autorität
zugrunde lagen. Sie waren sich zwar darin einig, dass das Ziel
ihres Kampfes die Erweiterung menschlicher Freiheit sei, ihnen
wurde jedoch zunehmend die Begrenztheit individualistischer Werte
bewusst, wenn sie einer Bewegung mit kollektiven Zielen dienen
sollten. Die OrganisatorInnen forderten - mehr noch als immer
militantere Aktionsformen - eine starke, festgefügte Organisation,
die nötig sei, wenn das SNCC über bloße Reformen
im Bereich der Bürgerrechte hinausgehen solle. Der kompromisslose
Ton in den öffentlichen Kritiken des SNCC an der US-Bundesregierung
und am US-amerikanischen Liberalismus verdeckte die lebhaften
internen Diskussionen über Taktik, Strategien und Ziele.
Während dieser Diskussionen stellten die SNCC-AktivistInnen
ihre eigenen Erfolge in Frage. Wie viele idealistische ReformerInnen
und RevolutionärInnen in der Geschichte stellten auch sie
die Frage, ob es möglich ist, eine Freiheitsbewegung aufzubauen,
die nicht gleichzeitig eine neue Quelle für Unterdrückung
darstellt.
Die Entwicklung des SNCC kann in drei Abschnitte unterteilt werden.
Im ersten Abschnitt kamen junge MenschenrechtsaktivistInnen im
SNCC zusammen und bildeten eine Gemeinschaft innerhalb eines sozialen
Kampfes. Die SNCC-AktivistInnen suchten nach ideengeschichtlichen
Anknüpfungspunkten für ihre Aktionen, in dem sie einzelne
Bestandteile aus dem gandhianischen Unabhängigkeitskampf
und aus den US-amerikanischen Traditionen des Pazifismus und des
christlichen Idealismus aufgriffen, wie sie im Congress of Racial
Equality (CORE, Kongress für "Rassen"gleichheit),
im Fellowship of Reconciliation (FOR, Versöhnungsbund) und
in der Southern Christian Leadership Conference (SCLC, Christliche
Leitungskonferenz der Südstaaten; die Organisation Martin
Luther Kings, d. Ü.) formuliert wurden. Die SNCC-OrganisatorInnen
waren jedoch weniger als die Repräsentanten anderer Bürgerrechtsgruppen
gewillt, ihre Ideen schwarzen Führungspersönlichkeiten
auf lokaler Ebene aufzudrängen oder die Militanz der Schwarzen
im Süden einzuschränken. Die SNCC-AktivistInnen galten
als die "Stoßtruppen" der Bürgerrechtsbewegung
und verfolgten ihre Projekte sogar in Regionen wie dem ländlichen
Mississippi, die von anderen Organisationen als zu gefährlich
eingeschätzt wurden. Als sich die Zielrichtung der Aktionen
des SNCC von der Abschaffung der Segregation (der rassistischen
räumlichen Abtrennung von Schwarzen und Weißen, d.
Ü.) weg und auf die Erkämpfung politischer Rechte zubewegte,
veränderte sich sein philosophisches Bekenntnis zur direkten
gewaltfreien Aktion zu einem säkularen, humanistischen Radikalismus,
der von Marx, Camus, Malcolm X und vor allem von den eigenen Erfahrungen
der SNCC-OrganisatorInnen (Community Organizers) in den schwarzen
Gemeinschaften des Südens beeinßusst war. Im Sommer
des Jahres 1964 erregten die einzigartigen Qualitäten des
SNCC landesweites Aufsehen, als es bei der Mobilisierung Hunderter
StudentInnen aus dem Norden der USA nach Mississippi führend
in Erscheinung trat, um in dieser Hochburg südstaatlicher
Segregation eine entscheidende Schlacht für das Wahlrecht
der Schwarzen zu schlagen.
Der zweite Abschnitt in der Entwicklung des SNCC begann mit dem
Scheitern eines Versuches der Mississippi Freedom Democratic Party
(MFDP, Demokratische Freiheitspartei Mississippis), die normalerweise
rein-weiße Delegation aus diesem Bundesstaat für den
nationalen Parteitag der Democratic Party (Demokratische Partei)
im August 1964 mit einer eigenen Delegation zu ersetzen. Zu jener
Zeit war das SNCC bereits ein Trainingsfeld für AktivistInnen
geworden, die später an der Free Speech Bewegung in Berkeley,
den Protesten gegen den Vietnamkrieg und der Frauenbefreiungsbewegung
teilnahmen, aber die SNCC-OrganisatorInnen wurden zusehends unsicherer,
was die Grundprinzipien ihrer Arbeit betraf. So wurden die folgenden
zwei Jahre zu einer Innenschau benutzt, in der sie sich fragten,
ob mit ihren gegenwärtig verfolgten Strategien die grundlegenden
sozialen Veränderungen erreicht werden konnten, die sie nun
als notwendig ansahen. Die hauptamtlichen OrganisatorInnen diskutierten
darüber, ob die Schwarzen im Süden wirklich dauerhafte
Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen erreichen konnten, wenn
sie weiter auf die Unterstützung der liberalen Weißen
hofften und auf Interventionen der US-Bundesregierung. Und sie
diskutierten darüber, ob das SNCC den Kampf der Schwarzen
ausweiten könne, wenn es gleichzeitig an einen Antirassismus
mit weißer Beteiligung und direkter gewaltfreier Aktion
gebunden bliebe. Sie fragten sich zudem, ob ihre Ziele am besten
durch ständige Konfrontation mit den bestehenden oder durch
den Aufbau alternativer Institutionen, die von den Armen und Machtlosen
selbst verwaltet werden, erreicht werden konnten.
Die dritte Phase der Entwicklung des SNCC bestand aus den Anstrengungen
seiner Mitglieder, ihre Differenzen durch die Forderung nach Black
Power (Schwarze Macht) und schwarzem Bewusstsein zu lösen.
Weiße AktivistInnen wurden aus dem SNCC ausgeschlossen und
Institutionen aufgebaut, die von Schwarzen selbst geleitet wurden.
Nach seiner Wahl zum Vorsitzenden des SNCC im Mai 1966 verbreitete
Stokely Carmichael die neue separatistische Orientierung der Organisation,
aber weder er noch andere AktivistInnen konnten eine tragfähige
ideologische Grundlage entwickeln, die die Schwarzen vereinigt
hätte. Als die SNCC-Kader versuchten, das schwarze Bewusstsein
auf die möglichen politischen und kulturellen Alternativen
zu lenken, scheiterten sie in ihrem Bemühen, lokalen schwarzen
Bewegungen eine dauerhafte Grundlage zu vermitteln und wurden
in bittere Kämpfe zwischen verschiedenen Strömungen
verwickelt. Ähnlich selbstzerstörerische Kämpfe
spalteten die schwarzen Gemeinden im ganzen Land. Durch die inneren
Spaltungen geschwächt, wurde das SNCC durch Taktiken zerrieben,
die sowohl allmähliche Systemintegration als auch rücksichtslose
Repression beinhalteten und die schließlich den gesamten
Kampf der Schwarzen erstickten.
Als einer von vielen Schwarzen, die durch das SNCC geprägt
wurden, habe ich dieses Buch zum Teil auch deshalb geschrieben,
um eine Schuld zurückzuzahlen. Ich habe unschätzbar
viele Lehren aus den Erfolgen wie auch den Fehlern des SNCC gezogen.
Als ich 1963 als Neuling an der Universität von New Mexico
zum ersten Mal SNCC-AktivistInnen traf, zeichneten sie mir ein
Bild von der Bürgerrechtsbewegung des Südens, das anders
und verlockender war als das, was ich durch die Presseberichte
von den Sit-Ins, den Märschen und von Martin Luther King
Jr. erfahren hatte. Ich staunte über die intellektuelle Kühnheit
von Stokely Carmichael, der Gedanken ausdrücken konnte, die
in meinem Bewusstsein noch verborgen waren. Ich bewunderte den
Humanismus von Bob Moses, der intellektuelle Analyse mit selbstlosem
Engagement verband. Obwohl sie nicht älter waren als ich,
hatten beide Personen wichtige soziale Rollen übernommen
und lebten auf eine Weise, die ich gleichermaßen aufregend
wie auch vorbildlich fand. Obwohl ich der Versuchung widerstand,
SNCC-Kader zu werden, wurde ich schnell Teil "der Bewegung".
Ich entschied mich, das vom antirassistischen Widerstand relativ
isolierte New Mexico zu verlassen und schrieb mich an der University
of California in Los Angeles ein, wo ich Kontakt zu den BürgerrechtsaktivistInnen
der Stadt aufnahm.
Da es mir nicht reichte, nur zu protestieren, und ich andererseits
noch nicht zum Community Organizer ausgebildet worden war, folgte
ich meinen Neigungen und wurde Journalist, der für eine "Underground"-Zeitung
schrieb. Als teilnehmender Beobachter der Bürgerrechtsaktionen
sympathisierte ich mit dem SNCC und wurde gleichzeitig zunehmend
der Schwierigkeiten gewahr, in die es verstrickt wurde, als die
Forderungen nach Bürgerrechten von Forderungen nach wirtschaftlicher
und politischer Macht verdrängt wurden. Wie viele andere
selbst ernannte AktivistInnen war ich Zeuge der gewaltsamen Aufstände
und Riots der Schwarzen in vielen Stadtteilen von Los Angeles
im August 1965, ohne sie wirklich zu verstehen. Obwohl ich die
Notwendigkeit für die darauf folgenden Forderungen nach Black
Power nachvollziehen konnte, wurde ich den Verdacht nicht los,
dass viele SNCC-AktivistInnen genauso unsicher wie ich waren,
was den zukünftigen Kurs des Freiheitskampfes der Schwarzen
anbetraf.
Je mehr das SNCC zu einer geschichtlichen Etappe wurde, desto
deutlicher ersetzte das Verständnis von der historischen
Bedeutung des SNCC meine frühere emotionale Nähe. Nicht
nur sind meine Studien zur afro-amerikanischen Geschichte ein
Ergebnis der Veränderungen, die das SNCC in meinem Bewusstsein
bewirkt hat, sondern die internen Diskussionen des SNCC haben
mir auch einen Maßstab für die Einschätzung von
dessen historischer Bedeutung geliefert. Durch die organisatorische
Arbeit des SNCC wurde deutlich, dass der Kampf der Schwarzen in
den sechziger Jahren keine von Persönlichkeiten wie Martin
Luther King oder Malcolm X begonnene und angeführte Veranstaltung
war, sondern eine Massenbewegung, die ihre eigenen dominierenden
Persönlichkeiten und Ideen hervorbrachte. Und wirklich: die
wichtigsten Ereignisse dieses Jahrzehnts, vom Busboykott in Montgomery
über die Sit-Ins bis zu den gewaltsamen Aufständen in
den Städten, bestätigen die Ansicht des SNCC, dass Menschen
Reichtümer oder besondere Ausbildung eine entscheidende Rolle
beim Prozess der Gesellschaftsveränderung spielen konnten.
Doch die SNCC-AktivistInnen lernten auch die Schwierigkeiten
kennen, die durch unvereinbare Ansprüche auf individuelle
Freiheit und ideologische Geradlinigkeit entstanden, nach sozialer
Gerechtigkeit und kollektiver Macht. Beredter als jede äußere
Kritik, die auf das SNCC abzielte, war die Kritik, die innerhalb
der Organisation selbst formuliert wurde. Wenn ich diese Kritik
darstelle, will ich damit das SNCC keineswegs diskreditieren,
sondern meinen tiefen Respekt gegenüber denjenigen bezeugen,
die gewillt waren, das Risiko eines experimentellen Lebens auf
sich zu nehmen. Wenn die SNCC-BerufsaktivistInnen keinen Weg gefunden
haben, um ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit mit ihrem
Wunsch nach individueller Freiheit zu versöhnen, um wie viel
weniger ist es uns gelungen, die wir das Privileg haben, über
solche Fragen in ruhigeren Zeiten nachzudenken? Das SNCC hat ein
intellektuelles Erbe hinterlassen, das für alle entscheidend
ist, die dessen Arbeit fortsetzen und dabei seine Fehler vermeiden
wollen.
Dieses Buch basiert auf den Grundlagen, die SNCC-Mitglieder selbst
in ihren eigenen kritischen Untersuchungen über die Organisation
gelegt haben. Als ich diese Arbeiten durchforstet habe, musste
ich enorme Hürden überwinden, denn SNCC-Kader besaßen
selten die bürokratischen Gewohnheiten, von denen HistorikerInnen
abhängig sind. Der Kern meines Interesses war die intellektuelle
Entwicklung des SNCC, doch die SNCC-AktivistInnen waren weitaus
stärker auf die Aktionen konzentriert als darauf, sich über
ihre Ideen Rechenschaft abzulegen. Obwohl ich die Methoden der
"Oral History" bei der Rekonstruktion der Geschichte
des SNCC verwendet habe, blieben mir die Grenzen der Erinnerung
stets bewusst. Schließlich muss sie den psychologischen
Abgrund überwinden, der die Ex-SNCC-OrganisatorInnen von
den Ereignissen der sechziger Jahren trennt. Deswegen bezog ich
mich hauptsächlich auf traditionelle Formen primärer
historischer Quellen - Protokolle von AktivistInnentreffen, Positionspapiere,
anderes Publikationsmaterial -, um ein tieferes Verständnis
einer entschieden unkonventionellen Organisation zu vermitteln.
Diese Quellen ermöglichen es den LeserInnen, die politischen
Themen so wahrzunehmen, wie sie die SNCC-AktivistInnen damals
erlebten.
Vieles bleibt nach wie vor zu schreiben über die Bürgerrechtsbewegung und das schwarze Erwachen in den sechziger Jahren. In den sozialen Kämpfen der Zeit, und vor allem im SNCC, entstand eine neue Sensibilisierung, die fortschrittliche Bewegungen bis zum heutigen Tag beeinflusst. Indem wir die Versuche des SNCC betrachten, Antworten auf komplexe Fragen zu geben, können wir vielleicht eine neue Form der Verantwortung für unsere persönliche und kollektive Zukunft gewinnen. Obwohl die SNCC-AktivistInnen viele Probleme, mit denen sie konfrontiert waren, nicht lösen konnten, soll daran erinnert werden, dass es ihnen viel früher als den meisten anderen ihrer Generation gelang, über den Horizont hinauszublicken.
Clayborne Carson, November 1994
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