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Kriegerdenkmal endlich ‘echt’ – kaputt

Denk Mal!

| Slipperman

In ihrer Geschichte haben gewaltfreie Aktionsgruppen in der BRD seit 1968 unzählige tolle, phantasievolle Aktionen gemacht, die leider schon wieder vergessen sind oder historisch nie aufgearbeitet wurden. Dazu gehörten in den Neunzigerjahren zur Zeit des aufstrebenden Rassismus und Nazismus einige gewaltfreie Sachbeschädigungen von Nazi-Denkmälern für den Ersten Weltkrieg in Süddeutschland, durchgeführt von einer damaligen “Gewaltfreien Aktionsgruppe Clara Wichmann”, u.a. gegen das Kriegerdenkmal in Weinheim an der Bergstraße (vgl. dazu GWR 193, Dez. 1994, S. 4), wobei einem in Stein gegossenen Nazi-Krieger der Steinkopf abgeschlagen worden war. Um diese Aktion herum hat Werner Pieper nun ein engagiertes und informatives Buch über die Un-Kultur der Kriegerdenkmäler allgemein und besonders in Weinheim geschrieben. Es ist erstaunlich und ermutigend, dabei zu erfahren, wie viele innerstädtische Diskussionen in Weinheim die damalige direkte gewaltfreie Aktion über Wochen und Monate hinweg ausgelöst hat, bis hin zur Erstellung eines Gegendenkmals – nachdem die reaktionären Honoratioren der Stadt mit einer Spendenkampagne das zerstörte Denkmal wieder restaurieren ließen. Da diskutierte die ganze Stadt, LeserInnenbriefe füllten die örtliche Tageszeitung, es diskutierten Schulklassen, Friedensinitiativen und Gymnasien. Und sogar der Pfarrer Albert Schäfer schrieb ein Gedicht in seinem Gemeindebrief zum Volkstrauertag 1994, der von der Bundeswehr vor dem zerstörten Denkmal begangen werden musste, und das mit den Worten endet:

“Da, wo mein Kopf war, da ist nun eine Leere – keine Stimme, kein Wort von ehrwürdigem Soldatentod.”

Und Werner Pieper fasst die Reaktionen in Weinheim so zusammen:

“Für die einen war die deutsche Ehre beschmutzt, andere empfanden Genugtuung, daß diese Krieger endlich ‘echt’ aussahen – kaputt halt.” (S. 86)

Werner Pieper: Mensch, Denk Mal. Zur Geschichte der Kriegerdenkmale und deren Alternativen - auch am Beispiel der Kleinstadt Weinheim, Der Grüne Zweig, Löhrbach 2011, ISBN 978-3-930442-75-1, 105 Seiten, 10 Euro