wunderkammer

Für ein Klima des Friedens

Aktion Zivilien Ungehorsams gegen den Krieg, der in der altmärkischen Heide beginnt

| Clara Tempel

In Sachsen-Anhalt wurde in den letzten Jahren eine neue Stadt gebaut. Sie hat alles, was eine normale Stadt braucht: Hochhäuser, Straßen, einen U-Bahn-Tunnel, ein Industriegebiet, ein Schwimmbad, eine Autobahn, einen Fluss, ein Rathaus, ein Museum, ein Hotel. Die Stadt trägt den idyllischen Namen Schnöggersburg und ist umgeben von der violett blühenden Colbitz-Letzlinger Heide. Doch ein paar Dinge stören das Bild: Es gibt ein afghanisches Elendsviertel, der Fluss ist künstlich angelegt und es fehlt das Wichtigste in einer Stadt: die Menschen.

Schnöggersburg ist eine Geisterstadt – die Bundeswehr nennt sie „Europas modernste Übunsgsstadt“. Sie ist Teil des Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ) in der Altmark – dem Ort, an dem (nicht nur) Bundeswehr-Soldat*innen für Krieg, Häuserkampf und Aufstandsbekämpfung üben. Gefechtssituationen, zu Fuß und mit Panzern, werden nachgestellt und mit modernster Technologie überwacht und ausgewertet. Der Slogan „War starts here“ beschreibt die Bedeutung des GÜZ sehr treffend: Krieg beginnt hier, mitten in der altmärkischen Heide.

Wir wollen den Krieg stoppen, wo er beginnt. Deswegen werden wir vom 16. bis 21. September 2020 das Gefechtsübungszentrum in einer kraftvollen Aktion Zivilen Ungehorsams besetzen. Wir werden die Übungen stören und damit ein deutliches Zeichen gegen die Militarisierung der Gesellschaft setzen. Wir haben uns als „Gewaltfreie Aktion GÜZ abschaffen“ zusammengefunden, um den Widerstand gegen den Truppenübungsplatz größer zu machen. Wir sind eine diverse Gruppe, die sich aus Aktivist*innen von JunepA (Junges Netzwerk für politische Aktionen), der Bürger*inneninitiative OFFENe HEIDe und friedensbewegten Einzelpersonen zusammensetzt. Uns verbinden unsere Forderungen: Wir kämpfen für die Abschaffung der Bundeswehr, die Schließung des GÜZ und eine Entmilitarisierung der Gesellschaft.

In diesem Jahr ist es uns besonders wichtig, die Verbindungslinien zwischen dem Kampf gegen Krieg und dem Kampf gegen die Klimakrise deutlich zu machen. Militarismus an sich ist ist ja schon schlimm genug – doch gerade der Bezug zur Klimakrise macht deutlich, wie drängend das Problem von militärischen Konflikten und Kriegslogik ist: Mit ihren emissionsreichen Übungen gehören die militärischen Einheiten, die auf dem Truppenübungsplatz trainieren, zu den größten Klimakillern. Nicht nur direkt vor Ort in der Heide, sondern auch weltweit. Damit ist das GÜZ ein Symbol für ein zukunftsvergessenes Handeln, dem es etwas entgegenzusetzen gilt.

Im September wollen wir uns die Colbitz-Letzlinger Heide mit vielen entschlossenen Menschen gewaltfrei zurückerobern. Uns ist es wichtig, Leben an diesen Ort zu tragen, der sonst davon beherrscht wird, dass dort das Töten geübt wird. Wir wollen das GÜZ mit vielfältigen kleinen Aktionen beleben. So kann jede*r von uns das mitbringen, was ihm oder ihr auch sonst im Leben wichtig ist: ein Konzert, ein Permakultur-Workshop, ein Tauschflohmarkt, ein Politik-Vortrag, eine mobile Praxis… All das wird Raum finden in unserem „Friedensübungszentrum“ (FÜZ), das wir auf der Heide eröffnen werden. Wir möchten dem todbringenden Alltag des Truppenübungsplatzes unsere Lebendigkeit entgegensetzen.

Die Besetzung ist eine niedrigschwellige Aktion Zivilen Ungehorsams. Das heißt: Neben Aktionsprofis sind auch unerfahrene Menschen herzlich eingeladen, sich uns anzuschließen. Ab dem 16. September wird es in unserem Camp in Gedelitz (im Wendland) eine ausführliche Aktionsvorbereitung geben. Geplant sind ein Aktionstraining, Bezugsgruppenfindungen und ein rechtlicher Input, so dass sich alle gut darauf vorbereitet fühlen, auch Polizei oder Bundeswehrangehörigen zu begegnen. In unserem Kontakt mit ihnen werden wir besonnen agieren: Wir wollen sie als Menschen respektieren und gleichzeitig ihre Rolle kritisieren. Wir sehen unsere Gewaltfreiheit als Abgrenzung zur strukturellen Gewalt unserer Gegenseite. Wir möchten keine Menschen bedrohen oder verletzen – und gleichzeitig kritisch, entschlossen und radikal sein.

Ihr seid herzlich eingeladen, euch uns anzuschließen. Wir freuen uns über alle Kriegsgegner*innen der ersten Stunde, 
genauso wie über Klimagerechtigkeitsaktivist*innen, die sich jetzt auch gegen Militarismus einsetzen wollen.

Clara Tempel

Weitere Infos:

www.gewaltfreie-aktion-guez-abschaffen.de

Infotelefonnummer: 05844/9762498.

Wir freuen uns über Spenden an:

BI Offene Heide
Stichwort: GA GÜZ abschaffen
IBAN: DE85 4306 0967 1143 6774 00
BIC: GENODEM1GLS