Nach der Pandemie

| Joseph Steinbeiß

Was haben wir da nur so sehr vermisst?
Zwei Jahre lang den Sommerflug nach Malle?
Den Nordseeurlaub in der Rattenfalle?
Deutsche, deutsche Flieger über alle,
Reklamation und Reiserücktrittsfrist?
Was haben wir da nur so sehr vermisst?

Oder war’s der lebensbunte, pralle
Rummel nachts in Hagen oder Halle?
Das ewige Gegröle und Gelalle,
wenn Nachbars Sohn in die Rabatten pisst?
Was haben wir da nur so sehr vermisst?

War’s nur der Schweißdunst im zu vollen Saal,
mit Dröhn-Musik für Blöde und für Taube,
und das Gequatsche in der Menschentraube?
All das: „Ich weiß“, „Ich muss“, „Ich kann“, „Ich darf“, „Ich glaube“,
und warmes Bier im riesigen Pokal?
Die war’n uns doch schon vorher scheißegal!

Nein, ich versteh‘: Es war die Arbeitshetze,
der dreiste Chef und die Kollegen-Petze,
die Hochfinanz und harte Marktgesetze.
Wer beißt schon gern die Hand, aus der man frisst.
Was haben wir da nur so sehr vermisst?

Ich könnt‘ noch lang so weitermachen, Leute.
Was hat die Pandemie nicht angerichtet?!
Nun, jedenfalls den Müll sacht umgeschichtet,
das Alltagsinventar rabiat gesichtet
und reichlich dunkle Flecken nachbelichtet.
All das hat sie für uns getan.

Und heute?

                                                            Joseph Steinbeiß

Geschrieben am 17. Mai 2021, lang vor dem Ende der Pandemie