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Dieter Nelles, Ulrich Linse, Harald Piotrowski, Carlos
García 425 Seiten, 24,90 EUR >> Bestellung |
Am 19. Juli 1936 trat eine kleine Gruppe deutscher EmigrantInnen in Barcelona ins Rampenlicht der politischen Öffentlichkeit. An der Seite ihrer spanischen GenossInnen kämpften Mitglieder der Gruppe "Deutsche Anarchosyndikalisten im Ausland" (DAS) gegen deutsche Nationalsozialisten, die sich den putschenden Militärs unter General Franco angeschlossen hatten. Beim Sturm auf den Deutschen Klub erbeutete die DAS Dokumente, die belegten, dass die gut organisierte Auslandsorganisation der NSDAP in Spanien GegnerInnen des NS-Regimes überwachte und einschüchterte sowie Einfluss nahm auf die spanische Innenpolitik. Die Aktivitäten der DAS und der deutschen Freiwilligen, die in anarchistischen Milizen kämpften, stehen im Zentrum dieser Arbeit. Das Buch hat einen dreifachen Bezug: Es ist ein Beitrag zum deutschen Exil in Spanien und des Engagements deutscher Freiwilliger im spanischen Bürgerkrieg, ein Beitrag zur Geschichte des internationalen Anarchosyndikalismus in der Zwischenkriegszeit und ein Beitrag zur Geschichte der spanischen Revolution.
Buch des Jahres 2013 der "Bibliothek der Freien"
Im Herbst jeden Jahres verleiht die "Bibliothek der Freien" gegebenenfalls einer oder mehreren Neuerscheinungen die Auszeichnung Buch des Jahres, womit auf exzellente (vor allem deutschsprachige) Publikationen zu einem anarchistischen Thema aufmerksam gemacht werden soll. Zu den Beurteilungskriterien gehören die wesentliche Vermehrung des Wissensstands zum jeweiligen Themenkomplex, sorgfältige Ausführung in Druck und Layout sowie besondere Recherchequalität, Originalität und Internationalität, wodurch der Publikation insgesamt bleibender Wert zukommt.
www.bibliothekderfreien.de/buch-des-jahres.html
Inhalt
I. Deutsche Einwanderung in Barcelona zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Hindernisse und Begrenzungen der Einwanderung / Die jüdische
Emigration. InternationalistInnen und Subversive / Nazifizierung
der deutschen Kolonie und antifaschistischer Widerstand / Der
Fall Ludwig Stautz und Der Antifaschist
II. Die Gruppe "Deutsche Anarchosyndikalisten" (DAS)
in Spanien.
Ulrich Linse
SpanierInnen im deutschen Exil - Deutsche als RevolutionstouristInnen
in Spanien. Zum Verhältnis deutscher und spanischer AnarchistInnen
1900-1933 / Sturm über Spanien / Die Gruppe DAS in Barcelona
von Hitlers Machtantritt 1933 bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs
1936
III. "Die Fremdenlegion der Revolution" - Deutsche
AnarchosyndikalistInnen und Freiwillige in anarchistischen Milizen
im spanischen Bürgerkrieg
Dieter Nelles
Die CNT-FAI und der internationale Anarchosyndikalismus / Die
Gruppe DAS im Bürgerkrieg. Praxis und Organisation. Die Mai-Tage
und die Folgen / Deutsche Freiwillige in den Milizen der CNT-FAI.
Ausländische Freiwillige. Deutsche Freiwillige: Die Grupo
Internacional der Kolonne Durruti. Die Grupo Erich Mühsam.
Die Batterie "Sacco und Vanzetti". Deutsche in der Kolonne
Ascaso. Deutsche in den Grenztruppen Port-Bou. Deutsche in anderen
anarchistischen Milizen. Die Militarisierung der Milizen. Die
Compania Internacional der Division Durruti: Organisation und
militärische Aktionen. Konflikte in der Compania Internacional.
Die Auflösung der internationalen Einheiten der CNT-FAI und
die Folgen. Das Profil der Freiwilligen. Frauen in den Milizen
/ Die Verbindungen der DAS nach Deutschland und zum deutschen
Exil / Weltkrieg und Nachkriegszeit
IV. Der Kampf um die Kontrolle der öffentlichen Ordnung
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
V. Der 19. Juli und die Kollektivierungen: Ausländische
Interessen und diplomatische Konflikte
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Die ausländischen BewohnerInnen in den ersten revolutionären
Monaten
VI. Die Generalitat und das deutsche Konsulat im Rahmen der Aktionen
der Gruppe DAS: Zusammenarbeit, Zweideutigkeiten, Spannungen
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Die Aktionen der antifaschistischen deutschen EmigrantInnen im
Briefwechsel zwischen Generalitat und deutschem Generalkonsulat
VII. Die Gruppe DAS gegen die Nazis zwischen Juli und November
1936
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Der Informationsdienst der CNT-FAI-AIT / Die Zeitschrift Die Soziale
Revolution / Die Gruppe DAS und die Kontrolle der ausländischen
Freiwilligen / Das Comite Internacional de Emigrados Antifascistas
(CIDEA)
VIII. Durchsuchungen und Enteignungen bei deutschen Nazis. Zwei
exemplarische Fälle: Theresienheim und Deutsche Schule
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
IX. Kleine Geschichte eines vergessenen Buches: Schwarzrotbuch
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Das Schwarzrotbuch
X. Die deutschen antifaschistischen EmigrantInnen und die stalinistische
Repression
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Konflikt und Distanz zwischen der Gruppe DAS und der CNT / Informanten
und Spitzel in der DAS: Der Servicio Alfredo Herz
Anhang I. Annemarie Götze: Als Kind in der spanischen Revolution
Dieter Nelles
Anhang II. Etta Federn und die Zeitschrift Vida Nueva (Neues
Leben) aus Blanes
Carlos Garcia und Harald Piotrowski
Verzeichnis der Abkürzungen
Biografien
Dieter Nelles in Zusammenarbeit mit Hans-Jürgen Degen, Wolfgang
Haug, Ulrich Linse
Namensindex
Einleitung
Am 19. Juli 1936 trat eine kleine Gruppe deutscher EmigrantInnen in Barcelona ins Rampenlicht der politischen Öffentlichkeit. An der Seite ihrer spanischen GenossInnen kämpften Mitglieder der "Gruppe Deutsche Anarchosyndikalisten im Ausland" (DAS; dies war der offizielle Name, im Buch wird das Kürzel in gebräuchlicherer Form mit "Deutsche Anarchosyndikalisten" wiedergegeben) gegen deutsche NationalsozialistInnen, die sich den putschenden Militärs unter General Franco angeschlossen hatten. Beim Sturm auf den Deutschen Klub erbeutete die Gruppe DAS Dokumente, die belegten, dass die gut organisierte Auslandsorganisation der NSDAP in Spanien GegnerInnen des NS-Regimes überwachte und einschüchterte sowie Einfluss nahm auf die spanische Innenpolitik. Die DAS veröffentlichte diese und weitere Dokumente, die sie bei Haussuchungen und Verhaftungen von nationalsozialistischen Deutschen fand, im "Schwarzrotbuch. Dokumente über den Hitlerimperialismus", das 1937 in deutscher und 1938 in spanischer Sprache in Barcelona erschien.Die Aktivitäten der Gruppe DAS und der deutschen Freiwilligen, die in anarchistischen Milizen kämpften, sowie der deutschen bzw. deutschsprachigen Mitarbeiter des Auslandssekretariats der CNT-FAI, Augustin Souchy, Martin Gudell und Paul Partos stehen im Zentrum dieser Arbeit. Im ersten Kapitel skizzieren Carlos Garcia und Harald Piotrowski die deutsche Emigration in Barcelona. Im zweiten Kapitel stellt Ulrich Linse das Verhältnis deutscher und spanischer AnarchosyndikalistInnen bis 1933 und die Geschichte der Gruppe DAS bis zum Aufbruch der Revolution dar. Dieter Nelles gibt in seinem Beitrag einen Überblick über das Verhältnis der CNT-FAI zum internationalen Anarchosyndikalismus, die Aktivitäten der DAS während des Bürgerkriegs, das Engagement von Deutschen in den Milizen der CNT-FAI, die Beziehungen der DAS zum deutschen Exil und das Schicksal der DAS-Mitglieder nach dem Bürgerkrieg. Dem schließen sich in den folgenden Kapiteln Fallstudien von Carlos García und Harald Piotrowski zu spezifischen Aspekten der Praxis der DAS an: dem Kampf um die Kontrolle der öffentlichen Ordnung im revolutionären Barcelona, der Kollektivierung des ausländischen und speziell des deutschen Eigentums, dem Verhältnis zwischen der katalanischen Regierung (Generalitat) und dem deutschen Konsulat, den Aktionen der DAS gegen deutsche Nazis, den Publikationen der DAS sowie der stalinistischen Repressionen gegen die DAS nach den Mai-Tagen in Barcelona 1937.
Das Buch hat einen dreifachen Bezug: Es ist ein Beitrag zum deutschen Exil in Spanien und zum Engagement deutscher Freiwilliger im spanischen Bürgerkrieg, ein Beitrag zur Geschichte des internationalen Anarchosyndikalismus in der Zwischenkriegszeit und ein Beitrag zur Geschichte der spanischen Revolution. Alle diese Gebiete stehen nicht gerade im Zentrum der deutschen Geschichtsforschung. Zwar sind im letzten Jahrzehnt einige Arbeiten zu deutschen Freiwilligen im spanischen Bürgerkrieg erschienen, aber insgesamt bleibt die Forschung hinter dem internationalen Stand zurück. (1) Dies gilt ebenso für die Anarchismusforschung, die es an deutschen Universitäten praktisch nicht gibt; abgesehen von einigen wenigen akademischen Abschlussarbeiten. (2) Und hinsichtlich der spanischen Revolution steht die 1978 erschienene Arbeit von Walther L. Bernecker immer noch allein auf weiter Flur. (3)
Das vorliegende Buch hat eine lange Vorgeschichte. Es begann Ende der Achtzigerjahre als ein nicht abgeschlossenes Projekt von Hans-Jürgen Degen, Wolfgang Haug, Ulrich Linse und Dieter Nelles über "Deutsche Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg". Ergebnisse dieses Projekts waren bislang nicht veröffentlichte Aufsätze von Ulrich Linse, Kurzbiographien über Mitglieder der Gruppe Deutsche Anarchosyndikalisten und MilizionärInnen in Spanien und mehrere Aufsätze von Dieter Nelles. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch einige Mitglieder der DAS und der Milizen, die noch interviewt werden konnten: Karl Brauner, Ernst Galanty, Helmut Kirschey, Marta Wüstemann (Lewin). Als letzte Zeitzeugin lebt noch Annemarie Dagerman in Stockholm, die 1934 mit ihren Eltern Ferdinand und Elly Götze ins Exil nach Spanien ging.
Die Gespräche mit ihnen und die Erinnerung an sie waren für Dieter Nelles eine wichtige Motivation, das Angebot von Carlos García und Harald Piotrowski, die seit 2008 vor allem in spanischen Archiven über die Gruppe DAS forschten, anzunehmen und ein gemeinsames Buch über die DAS zu publizieren. Das Ergebnis ist keine Arbeit aus einem Guss. Aber wir meinen, dass die verschiedenen Perspektiven, die "deutsche" und die "spanische", gerade die Stärke dieses Buches ausmachen.
Anmerkungen
(1) Vgl. Dieter Nelles: Neuere
Literatur zu deutschen Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg,
in: Sozialwissenschatliche Literaturrundschau, 31. Jg. (2008),
H. 1, S. 55-65.
(2) Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die literaturwissenschaftliche Dissertation von Martin Baxmeyer: Das ewige Spanien der Anarchie. Die anarchistische Literatur des Bürgerkriegs (1936-1939) und ihr Spanienbild. Edition Tranvia, Berlin 2012.
(3) Walther L. Bernecker: Anarchismus und Bürgerkrieg. Zur Geschichte der Sozialen Revolution in Spanien 1936-1939. Hoffmann & Campe, Hamburg 1978, 2., mit einer neuen Einleitung versehene Auflage: Verlag Graswurzelrevolution, Nettersheim 2006.