anarchismus

Die Kabouter-Bewegung

Libertäre Bewegungen in den Niederlanden (Teil 2)

| Coen Tasman

In GWR 258 erschien Coen Tasmans Beitrag zur Geschichte der Provos. Als zweiter Teil seines Referates über libertäre Bewegungen in den Niederlanden veröffentlichen wir hier, redaktionell überarbeitet, seinen Text zur Geschichte der Kabouter-Bewegung. (GWR-Red.)

Wie die Kabouter-Bewegung entstand

Die Kabouter-Bewegung entstand im Übergang von den sechziger in die siebziger Jahre. Die Periode der sechziger Jahre in den Niederlanden betrifft eigentlich die Zeit zwischen 1965 (Entstehung der Provo-Bewegung) und 1975 (die ‘Schlacht um das Nieuwmarktviertel’). Als die Kabouter-Bewegung im Februar 1970 entstand, war der politische Aktivismus schon über seinen Höhepunkt hinweg und verkehrte in einem Tief. Dagegen wurde die Subkultur oder Gegenkultur mit ihren langen Haaren, phantasievoller Kleidung, ‘Peace and Love’, Rauschmitteln und Pop-Musik für immer mehr Jugendliche ein neuer Lebensstil. Die Kabouter-Bewegung kann als eine letzte Welle des Optimismus der sechziger Jahre in den Niederlanden betrachtet werden. Wie gesagt, kennzeich­nend für die Kabouter-Bewe­gung war das Zusam­menfließen der beiden Richtungen: des politischen Aktivismus und der Subkul­tur. Kritik an der existierenden Ge­sellschaft wurde kombiniert mit alternativen Experimenten jeder Art und mit einem lebenslusti­gen, erotischen und entspanteren Lebensstil. Die Kabouter zielten auf einen Mentalitätswandel als Bedingung für Änderungen der gesellschaftlichen Strukturen. Das gab ihnen eine große Anziehungskraft. Dieser Versuch, beide Richtungen zu integrieren, war zur gleichen Zeit eine Basis für grundlegende Konflikte, woran die Kabouter-Bewegung im Laufe von anderthalb Jahren allmählich zu Grunde gehen würde.

Konkreter gesagt ist die Kabouter-Bewegung einerseits entstanden aus den Aktivitäten Roel van Duijns als letztem der vier Provo-Abgeordneten im Amsterdamer Stadtrat. Andererseits ist sie entstanden aus den Versuchen, die verschiedenen außerparlamentarischen Gruppierungen und Organisati­o­nen in der Stadt unter einen Hut zu bringen, mit Blick auf die im Juni 1970 bevorstehen­den Kommunalwahlen.

Als er im Oktober 1969 als vierter Provo-Abgeordneter antrat, lancierte Roel van Duijn seinen Plan für Amsterdam-Kabouterstadt: eine gesellschaftliche Utopie auf Grund von Ideen des russischen Anarchisten Pjotr Kropotkin, des Sozialisten Karl Marx, des New-Left-Philosofen Herbert Marcuse, des Neo-Freudianischen Psychologen Erich Fromm und des Anthroposofen Rudolf Steiner. Er propagierte den Kultur-Kabouter (das ‘Heinzelmännchen’) als Repräsentant der Gegenkultur, als Symbol für den in Harmonie mit der Natur lebenden Stadtmenschen. Durch ein einfaches, aber trotzdem fröhliches Leben sollte die Menschheit die umweltbedrohenden Auswüchse der Konsumgesellschaft zurückdrängen können. In diesem Rahmen propagierte er u.a. kleine Dachgärten auf Autodächern.

Um seine Arbeit im Amsterdamer Stadtrat auch nach den Wahlen von 1970 fortsetzen zu können, brauchte Roel van Duijn nach der Auflösung der Provo-Bewegung eine neue politische Rückendeckung. Dafür kamen Ex-Provos, die StudentInnenbewegung, die Kritischen Lehrer, die SchülerInnenorganisation VAAG und die protestierenden KünstlerInnen in Betracht. Das galt auch für die Bürgerinitiativen in den Arbeitervierteln. Alle diese Gruppierungen versuchten, ihre Kräfte zu bündeln, gleichfalls mit Blick auf die Wahlen. Luud Schimmelpennink, ehemaliger Provo-Abgeord­neter und beteiligt an den Aktionen im Nieuwmarktviertel, brachte Roel van Duijn Anfang Januar 1970 mit ihnen in Verbindung. Aber der Versuch, um die parlamentarischen Ambitionen Roel van Duijns an die Bündelung der Bürgerinitiativen und StudentInnenbewegung zu koppeln, erzeugte nicht das erwünschte Resultat. Einige Leute, wie der damalige StudentInnenführer Ton Regtien und Ex-Provo Rob Stolk, befürworteten nur eine Zusammenarbeit zwischen den betreffenden Gruppierungen. Sie lehnten Beteiligung an den Wahlen mit einer eigenen Partei ab. Auch persöhn­liche Gegensätze spielten hier eine Rolle.

Die Kontakte zwischen Roel van Duijn, dem Weißen BVD (Dienstverweigerer) und Ruud Kater versprachen bessere Perspektiven. Ruud Kater hatte im November 1969 demonstrativ im Gebäude der Zweiten Kammer (das Parlamentsgebäude in Den Haag) seine Einberufungskarte für den Wehrdienst verbrannt. Diese Kontakte hatten schon dazu geführt, daß Roel van Duijn im Dezember 1969 seine Sabotage-Nota im Rat einreichte. Darin rief er die Bevölkerung auf, nicht nur die etwaige Machtübernahme durch eine einmarschierende Nation mit gewaltlosen Techniken zu sabotieren, sondern auch die Un­terdrückung durch die eigenen Autoritäten. Diese Sabotage-Nota verursachte große Aufregung und brachte Roel van Duijn öffentlich in Konflikt mit dem Bürgermeis­ter Ivo Samkal­den. Anläßlich dieses Ereignisses gründete er am 22. Januar 1970 zusammen mit Ruud Kater und Ben Dankbaar vom Weißen BVD im StudentInnenclub Akhnaton die Volksuniversität für Sabotage, Pseudo-Erotik und andere Formen des demokrati­schen Widerstands.

Während der zweiten Versammlung der Volksuniversität für Sabotage am 27. Januar 1970, präsentierte der Soziologie-Student Ruud Vermeer einen von ihm und seinem Freund Wouter van der Graaf ausgedachten Plan zur Gründung eines alternativen Staates, des ‘Oranje-Freistaat­es’. Dieser Name war einerseits gedacht als eine Parodie auf die gleichnamige Boeren-Republik in Südafrika mit ihrer damaligen rassistischen Apartheidspolitik. Zur gleichen Zeit verwies er auf die Opposition gegen das Niederländische Königshaus: also frei vom Haus von Oranien. Die ‘underground’- oder Subkultur und der durch die Provos initiierte Widerstand gegen die existierende autoritäre Gesellschaft sollten durch die Einrichtung eines alternativen, imaginären Staates innerhalb des Niederländischen Staates gebündelt werden. Der alternati­ve Staat sollte von einem parodistischen Schattenkabinett geleitet werden. Der Oranje-Freistaat sollte mit einigen Ministerien ausge­stattet werden, als eine Art Aufhänger für die Entfaltung von sowohl spielerischen als auch aufbauenden Alternativ-Projekten.

Dieser Plan wurde mit Begeisterung aufgenommen. Auch Roel van Duijn erblickte Möglichkeiten um diesen Plan mit seiner eigenen Idee von Amsterdam-Kabouterstadt und seinen politischen Ambitionen zu kombinieren. Und so fand eine Woche später, am 5. Februar 1970, die Prokla­mation des Oranje-Freistaates statt. Nach dem Kabouter-Manifest, das von Roel van Duijn vorgelesen wurde: “Wie entsteht aus der alten Gesellschaft eine neue Gesellschaft? Wie ein Pilz auf einem verrottendem Baumstrunk. … Die Revolution ist das Ende des Untergrun­des. … Von jetzt an stecken wir unsere Energie in den Aufbau einer antiautoritären Gesellschaft. Was wir von der alten Gesellschaft nutzen können, werden wir nehmen: Kenntnisse, sozialistische Ideale und das Beste der liberalen Traditionen.” Nach der Proklama­tion wurde auf dem Dam, ge­genüber dem Nationalmo­nu­ment, ein kleines Orangenbäumchen gepflanzt als alternatives Denkmal des Kabouter­staates, das übrigens schon am nächsten Tag von den Behörden wegge­holt wurde. Bei dieser Zeremonie wurde auch die alternative Nationalhymne des Oranje-Freistaates gesun­gen: “De uil zat in de olmen” (Die Eule saß im Ulmenbaum), ein altes Volkslied mit dem Kuckuck als Symbol des Volksaufstandes gegen Tyrannei. Das war der offizielle Anfang der Kabouter-Bewe­gung.

Attribute der alternativen Gesellschaft

Der Alternativ-Staat der Kabouters verfügte am Anfang schon über eine eigene Nationalhymne, ein Kabouter-Stadthaus im Büro des Weißen BVD, eine Volksuniversität für Sabotage und zwölf Volksdepartements statt Ministerien. In diesen Volksdepartements wurden schon existierende Organisationen und Bürgerinitiativen und auch neue Initiativen untergebracht. Eine Woche später bekamen die Kabouters zum ersten Mal 10 Minuten Sendezeit im progressiven Radio-Programm ‘VPRO-Freitag’, und danach noch mehrere Male. Anfang März erschien das erste Exemplar der eigenen Kabouterkrant (Kabouterzeitung). Die Untergrund-Zeitschrift Aloha erschien danach einige Monate lang als “Staatsblatt des Oranje-Freistaates” und verbreitete die Kabouter-Nachrichten im ganzen Land. Später erschien noch eine konkurrierende Kabouterzei­tung: der ‘Kabouterkolonel’ (auf Deutsch: der Heinzelmänchen-Oberst’) von Hans Tuynman und Steef Davidson. Roel van Duijn durfte seine Arbeit im Amster­dam­mer Stadtparlament fortsetzen als Botschafter des Oranje-Freistaates. Was der alternative Kabouter-Staat aber nicht hatte, war eine eigene Fahne und ein eigenes Territorium. Die alternative Gesellschaft war nämlich ein imaginärer Staat, eine Mentalität, der sich in den Köpfen und den Herzen der Menschen niederlassen sollte und so die Strukturen ändern sollte.

Eine Föderation von Volksdepartements

Ziemlich schnell wurde die Kabouter-Bewegung mit vielen neuen Gruppierungen und sich anschließenden Individuen erweitert. Das galt zum Beispiel für: Woman Power, “Aktion ’70” (die Bürgerinitiative von HausbesetzerInnen), die SchülerInnenorganisation VAAG, die Kritischen LehrerInnen, der Weiße Kinder-Plan, KünstlerInnen, kritische SozialarbeiterInnen und viele StudentInnen, die sich nicht wohl fühlten im dogmatisch-marxistischen Klima der StudentInnen-Bewegung. Es gab auch viele Organisationen und Gruppierungen, die nicht in der Kabouter-Bewegung aufgingen aber trotzdem gerne mit ihr zusammen­arbeiteten, wegen ihrer schnell wachsenden Popularität.

Im Prinzip kannte der Oranje-Freistaat eine föderative Organisationsstruktur mit autonomen Volksdepartements. Wenn neue Initiativen dazukamen, wurden neue Volksdepartements gegründet oder alte, nicht richting funktionierende Volksdepartements zusammengefügt. Während der wöchentlichen Volksversammlungen wurde über schon ausgeführte Aktionen und über neue Pläne berichtet und oft heftig diskutiert. In den ersten Monaten wurden die Volksvers­ammlungen von 200 bis 400 Leuten besucht. Später wurde weniger intensiv an diesen Versammlungen teilgenommen. Anfang April 1970 wurde, wegen der meistens sehr chaotisch verlaufenden Volksvers­ammlungen, ein Inter-Departementeller Rat gegründet, in dem die Volksversammlungen vorberei­tet und die Aktionen koordiniert wurden.

Genauso wie bei der Provo-Bewegung kannte auch die Kabouter-Bewegung keine beitragszahlen­den Mitglieder. Es gab einen Kern von etwa 65 bis 70 full-time Kabouters, zu denen auch einige prominente Ex-Provos gehörten, wie Roel van Duijn, Hans Tuynman, Luud Schimmel­pennink, Hugo Willems und Martijn Lindt. Sie traten in den Vordergrund, führten meistens das Wort oder koordinierten ein Volksdepartement. Dann gab es einen weiteren Kreis von etwa tausend bis zweitausend Kabouters, die die Volksversammlungen besuchten, sich an Aktionen oder Demonstratio­nen beteiligten oder innerhalb eines Volksdepartementes aktiv waren. Und zum Schluß gab es einen noch breiteren Kreis von SympathisantInnen: die LeserInnen der Kabouterzei­tung und Aloha, Leute denen von den Kabouters geholfen wurde, und die 38.000 WählerInnen, die am 3. Juni 1970 die Kabouter-Liste wählten.

Zwei Hände-Strategie

Die meisten Kabouters hatten, so wie die meisten Provos, kein stark entwickeltes politisches Bewußtsein. Sie waren einfach anti-autoritär und anti-kapitalistisch. Sie befürchteten, daß die Politik der autoritären Regierungen und die immer stärker angeheizten Konsumbedürfnisse letztendlich zu einem Alles vernichtenden Weltkrieg oder zu einer Umweltkatastrophe führen würden. In diesem Sinne bekannten sich auch viele Kabouters zu Roel van Duijns ‘Klootjesvolk-Theorie’. Neben weiterer Demokratisierung der Gesellschaft durch Einführung einer Räte-Demokra­tie war die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichtes ihr Hauptziel. Die Kabouters übernahmen die Provo-Losung “Lieberevolution” und interpretierten sie als: lieber Evolution. Sie betrachteten eine Mentalitätswandel als Bedingung für eine Veränder­ung der Ge­sellschaftsstruk­tu­ren. Die Kabouters arbeiteten nach der von Roel van Duijn formulierten ‘Zwei Hände-Strate­gie’: mit der rechten Hand wurde die alte Gesellschaft von außen und von innen, durch Teilnahme an parlamen­tarischen und anderen Institutionen, angegriffen, kritisiert und untergra­ben. Mit der utopischen linken Hand wurde zur gleichen Zeit mit alternativen Lösungen experimentiert und am Aufbau der neuen Gesellschaft gearbeitet. Beide Hände sollten sich verbunden wissen durch einen Kopf und durch ein Herz. In diesem Sinne zeigte die Kabouter-Bewe­gung sowohl Änhlichkeiten mit als auch große Unterschiede zu der Provo-Bewe­gung. Provo war wesentlich pessimistischer und kannte keine linke Hand.

Die Zielsetzung der rechten Hand: Teilnahme an parlamentarischen und anderen Institutionen, als Mittel, um die existierende, alte Gesellschaft zu verändern, ist zu vergleichen mit dem von Rudi Dutschke propagierten ‘Marsch durch die Institutionen’. Wahrscheinlich hätte Rudi Dutschke weitgehend mit der Kabouter-Bewegung sympathisiert. Das war aber keineswegs der Fall mit der Mehrheit der niederländischen StudentInnenbewegung. Auf Grund ihrer orthodox-marxistischen Ideologie übten die Wortführer der StudentInnenbewegung, wie Ton Regtien, Johan Middendorp und Konrad Boehmer, scharfe Kritik an den Kabouters und vor allem an Roel van Duijn. Konrad Boehmer und Ton Regtien äußerten diese Kritik in ihrer Broschüre ‘Van Provo tot Oranjevrijstaat’ (Von Provo bis Oranje-Freistaat). Das führte zu einer ideologischen Debatte zwischen Ton Regtien und Roel van Duijn, die von zwei maßgebenden linken Wochenzei­tungen publiziert wurde. Trotz ihrer ideologischen Meinungsverschiedenheiten wurde im Mai 1970 in Amsterdam eine ‘Entente Cordiale’, ein ‘Nicht Angriffsvertrag’, vereinbart zwischen der marxistischen StudentInnenvertretung, Dolle Mina und dem Oranje-Freistaat.

Eine Explosion von Aktionen

Die ersten Monate nach der Proklamation des Oranje-Freistaates zeigten eine wahre Explosion von originellen Aktionen und anderen Initiativen. Die Kabouters protestierten mit spielerischen Aktionen gegen den Autoverkehr in der Innen­stadt. Sie fuhren während der Rushhour morgens mit Transporträdern durch die Stadt und markierten nachts mit Totenkopf-Aufklebern auf Verkehrsschildern eine Krebsgrenze’ Und mit Blockade-Aktionen in einer intensiv befahrenen Geschäfts­straße sorgten die Kabouters dafür, daß diese Straße nach einigen Monaten für Autos gesperrt wurde. Durch das Entfernen von Betonplatten auf Kinder­spielplätzen erreichten die Kabouters, daß diese Platten durch weniger gefährliche Gummiplatten ersetzt wurden. Die Kabouters pflanzten Tannenbäume auf Kreisver­kehrsplätzen, um die Abgase der Autos mit Sauerstoff zu kompensieren. Und natürlich wurde auch das ‘Witkar’ von Luud Schimmelpennink von den Kabouters als umweltfreundli­sche Alternative zum Auto propagiert. Während eines Überfalles auf eine Kaserne in Amers­foort wurden Rekruten zu Protestdienst und Sabotage innerhalb der Armee aufgerufen. Durch spektakuläre Hausbesetzungen, durch Proklamierung des 5. Mai (der traditionelle Feiertag zur Erinnerung an die Befreiung am Ende des Zweiten Weltkrieges) zum ‘Nationalen Hausbesetzer­tag’ und mit Demon­strationszügen durch die Stadt wurden die Autoritäten und die Bevölkerung auf Leer­stand, Wohnungsnot und auf den oft gewaltsamen Polizeieinsatz bei Räu­mungsaktionen aufmerk­sam gemacht. Aus Protest gegen das brutale Auftreten der Polizei gegen Kabouter-Aktionen wurde der Stadt Amsterdam der ‘Achtzigjährige Befreiungskrieg’ erklärt und damit appellierten die Kabouters bewußt an das kollektive Ge­schichtsbewußtsein der Niederländer.

Im Rahmen dieses von Seiten der Kabouters gewaltlos geführten Befreiungskrieges wurde der Sessel des Bürgermeisters von Kabouters heimlich aus dem Ratssaal entfernt und, nachdem sie die Sesselbeine abgesägt hatten, auf dem Dam zur Schau gestellt. Diese symbolische Aktion sollte den Bürge­rmeis­ter zu mehr Bescheidenheit und zu größeren Anstren­gungen auf diesem Gebiet anregen. Später stellte die Stadtverwaltung den Kabouters zwei Gebäude zur Bewoh­nung durch Gruppen zur Verfügung. Darin wurden zwei Kabouter-Kommunen gegründet.

Die Kabouters solidarisierten sich mit den ‘Damschlafern’, als die Stadtverwaltung ein Dam-schlaf­ver­bot in Kraft treten ließ. Durch untaktisches Auftreten der Polizei kam es Ende August 1970 zu großen Straßenschlachten, die drei Tage dauerten. Im Februar 1971 versuchten die Kabouter mit Erfolg, zusammen mit anderen Gruppierungen, die Volkszählung zu verhindern. Diese Aktion diente als Vorbild für Bürgerinitiativen in West-Deutschland als dort einige Jahre später auch eine Volkszäh­lung geplant wurde.

Ein Netzwerk von Kabouterinitiativen

Innerhalb des Oranje-Freistaates entstand ein Netzwerk von Kabouter-Initiativen auf verschiede­nen Gebieten als Brutstätte oder Laboratorium der neuen, alternativen Gesellschaft. So gab es eine Alternative Bekleidungsindustrie als Alternative für die von der Mode diktierten Konfektionsindustrie. Diese Kabouters, meistens Frauen, propagierten den Gebrauch von natürlichen Stoffen und Materialien. Andere Kabouters gründeten einen eigenen ‘Alternativen Postdienst’ mit eigenen Briefmarken. Wieder andere Kabouters beschäftigten sich mit gesunder Ernährung und machten kleine Läden auf, Kabouterläden, wo sie ungespritztes Obst und Gemüse verkauften. Das waren die ersten Bio-Läden in den Niederlanden. In den achtziger und neunziger Jahren verbreiteten sie sich über das ganze Land. Aus diesen Kabouterläden entstand auch die Initiative zu einem Oranje-Freimarkt, einem Tauschmarkt als Alternative zur umweltbe­lastenden Wegwerf-Gesellschaft. Am ersten Geburtstag des Oranje-Freistaates, am 5. und 6. Februar 1971 wurde im Jugendzentrum De Kosmos (das ehemalige Fantasio) die erste Alterna­tive Frühlings­messe organisiert, wo verschiedene Kaboutergeschäfte und andere Kabouter-Initiativen sich präsentier­ten.

Es wurde eine Dienststelle für Seniorenbetreuung gegründet mit Hunderten von ehrenamtli­chen MitarbeiterInnen, darunter viele SchülerInnen, StudentInnen und Jugendliche, aber auch einige Ärzte und KrankenpflegerInnen. Andere Kabouters beschäftigten sich mit Anti-Psychiatrie und einer Alternativen Klinik ohne das übliche autoritäre Regime. Einige von diesen Kabouters beteiligten sich Ende 1970 an einer experimentellen Arbeitsgemeinschaft für geis­tig Behinderte und ‘Normale’ in einer Klinik außerhalb Amsterdams. SchülerInnen und Kritische LehrerInnen kritisierten Mißstände im Unterricht und propagierten in einem ‘Bericht an die Bevölkerung von Amster­dam’ einen Alternativen Schulberatungsdienst. Die Kinderkrippe des Weißen Kinderplans wurde von den betroffenen Eltern erweitert durch einen Offenen Kindergarten, also eine antiauto­ritäre Vorschu­le.

Fünf Kabouter ins Stadtparlament

Infolge der ‘Zwei Hände-Strategie’ beteiligten die Kabouters sich in Amsterdam, wie in verschie­denen anderen Städten, an den Kommunalwahlen vom 3. Juni 1970. Es wurde eine Kampag­ne geführt, indem man eine Grachten-Rundfahrt mit einem alten Boot voller musizierender Kabou­ters und satirisches Sraßentheater organisierte. Die Kabouters brachten zum ersten Mal politi­sches Theater auf die Straße, so wie Robert-Jasper Grootveld zum ersten Mal Happe­nings auf der Straße gebracht hatte. In Zusammenarbeit mit progressiven VertreterInnen der katholischen und protestanti­schen Kirchen wurde nach der Jericho-Geschichte aus der Bibel sieben Mal um die Niederlän­dische Bank, das Symbol des Kapitalismus, gelaufen, sechsmal schweigend und das siebte Mal mit viel Lärm. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde am 14. Juni in verschiede­nen Kirchen ein Kaboutersonntag organisiert und über die Zielsetzungen der Kabouters gepredigt.

Bei den etablierten Parteien herrschte Panik, als die Kabouter-Partei mit fünf Abgeordneten ins Stadtparla­ment zog. Die Kabouters bekamen in Amsterdam 11% der Stimmen und wurden damit die vierte Partei. Auch in Den Haag, Leeuwar­den, Alkmaar, Amersfoort, Arnheim und Leiden wurden nochmals acht Kabouters in den dortigen Gemeinderat gewählt, also 13 Kabouter-Abgeordnete in sieben verschiedenen Stadtparlamenten. Während der Volksvers­ammlung im Vondelpark forderte Roel van Duijn einen Beigeortnetenposten für seine Partei, aber diese Forderung ging den meisten Kabouters zu weit. Sie lehnten es ab, aus Angst vor Korrumpie­rung durch Macht.

Ein Hexenkreis in Amersfoort und Kontakte im Ausland

In mehr als sechzig Städten und kleineren Orten in allen Ecken der Niederlande bildeten sich Kabouter-Gruppierungen nach dem Vorbild von Amsterdam. In den meisten Fällen wurde das Amsterdamer Modell nachgeahmt, aber in einigen größeren Städten war ein origineller Geist zu spüren. Nach den erfolgreichen Kommunalwahlen in sieben Kabouter-Städten fand am 20. und 21. Juni 1970 in Amersfoort ein ‘Hexenkreis’ statt, ein Kongress, woran etwa vierhundert Kabouters aus dem ganzen Lande und auch aus Belgien teil­nahmen. Es wurde diskutiert über alternative Wirtschaftsmodelle, die Organisationsstrukturen in den verschiedenen Kabou­terstädten, die niederländische Koordinationsstruktur und über die geplante Teilnahme an den Wahlen für das niederländische Parlament. Die Diskussionen wurden abgewech­selt durch pseudo-mystisches Theater von Kaboutern aus Den Haag.

Schon kurz nach der Gründung des Oranje-Freistaates wurden die Kabouters fast täglich mit JournalistInnen aus der ganzen Welt konfrontiert. Sie bericht­eten meistens sehr positiv über das, was sie in der alternativen Gesellschaft erlebt hatten. Diese Berichterstattung war von entschei­dender Bedeutung für die Entstehung von Kabouter-Be­wegungen oder ähnlichen Initiativen im Ausland. In zwei Fällen ist direkter Einfluß von der Amsterdamer Kabouterbewegung nachweisbar, nämlich in Antwerpen (Belgien) und in Köln. Auch in Antwerpen beteiligten die Kabouters sich mit einer eigenen Liste an den Kommunalwahlen in dieser Stadt, leider ohne Erfolg. In Köln waren die zwölf Mitglieder der Sozialistischen Initiativ Gruppe nach einem Besuch in Amsterdam so beeindruckt von der Kabouter-Bewegung, daß sie sich gleich umbenannten in ‘Kölner Heinzelmenschen’.

Weitere, aber weniger direkte Einflüsse der Kabouter-Bewegung im Ausland sind nachzuweisen in Stockholm (Alternativ Stad), Kopenhagen (die alternative Gesellschaft Christiania), Ljubljana (Slowenien) und Polen (Das Oranje Alternativ). Der Oranje-Freistaat bekam im Herbst 1970 auch Besuch von amerikanischen Hippies (The Hog Farm-Kommune) und von Yippies. Mit den Letzteren wurde ein Vertrag über gegenseitige Solidarität im Kampf gegen die Umwelt­zerstör­ung geschlossen. Das alles machte klar, daß man die Kabouter­bewegung als Teil einer Gegen­kultur betrachten konnte, die die ganze westliche Welt umfaßte.

Das Ende von Amsterdam-Kabouterstadt

Der Erfolg bei den Kommunalwahlen wurde schon schnell zum ersten Spaltpilz, woran die Kabouter-Bewe­gung ein Jahr später langsam zu Grunde ging. Schon direkt nach der Installati­on des neuen Stadtrates kam es zu einer Spaltung innerhalb der Kabouter-Fraktion. Die Aktivisten Frans van Bommel und Connie Bos rauchten demonstrativ eine Hasch-Zigarette während ihrer Vereidigung und suchten die harte Konfrontation mit dem Bürgermeister, den Beigeortneten und den etablierten Parteien. Roel van Duijn und Guy Kilian dagegen sahen es als ihre Aufgabe, um auf friedliche und spielerische Weise Opposition zu führen.

Eine weitere Spaltung innerhalb der Amsterdamer Kabouter-Bewegung wurde verursacht durch Konflikte über die Finanzen der Kabouterzeitung, aber am meisten noch durch die immer wieder zurückkehrende Diskussionen über die Frage, ob man sich auch an den Wahlen für das nationale Parlament (die Zweite Kammer) am 28. April 1971 beteiligen sollte. Die meisten Amsterda­mer Kabouters lehnten es ab, aber außerhalb Amsterdams ergriffen Kabouters aus Nijmegen die Initiative zu einer nationalen Kabouter-Liste. Sie fanden Roel van Duijn und Guy Kilian an ihrer Seite. Am ersten Geburtstag des Oranje-Freistaates war der Untergang der Bewegung schon spürbar. Roel van Duijn hoffte, daß seine ‘Krokus-Offensive’ der Bewegung wieder neuen Elan geben würde. Seine GegnerInnen initiierten aber eine ‘Brennessel-Offensive’ und propagierten die Auflösung des Oranje-Freistaates. So weit ist es nie gekommen, auch wenn die Volksvers­ammlungen von immer weniger Kabouters besucht wurden. Bei den Wahlen am 28. April 1971 bekamen die Kabouters keinen Sitz im Parlament. Auch wenn die Kabouter-­Bewe­gung nie offiziell aufgelöst wurde, bedeutete dieser Mißerfolg trotzdem das definitive Ende des Oranje-Freistaates als oppositonelle Organisation. Was von der Bewegung übriggeblie­ben war, wurde noch einige Jahre fortgesetzt: die Kabouterläden, die Dienststelle für Seniorenbetreuung und die Kabouter-Fraktionen im Amsterdamer Stadtparlament und in den sechs anderen Stadtparlamenten außerhalb Amsterdams.

Vergleich zwischen Provo und Kabouter

Wenn man die Provo-Bewegung und die Kabouter-Bewegung miteinander vergleicht, dann fällt auf, daß es viele Übereinkünfte aber auch viele Unterschiede gibt. Was die beiden Bewegungen gemeinsam haben, ist die Tatsache, daß einige prominente Provos auch eine wichtige Rolle in der Kabouterbewegung spielten und auch: ihre antiautoritäre Grundhaltung, ihr Zurückgreifen auf den Anarchis­mus als ideologi­sche Orientierung­squelle, die ‘Klootjesvolk-Theorie’ Roel van Duijns und infolge dessen ihr gespanntnes Verhältnis zur marxistischen StudentInnenbewegung, ihre lockere Organisations­struktur mit viel Raum für spontane Initiativen, ihre Taktik mit einer bemerkenswerten Mischung aus Fantasie, Humor und Ernst, ihre Vorliebe für magische Begriffe und Wortspielereien, ihre Gewaltlosig­keit, ihre Beteiligung an Kommunal­wahlen und die Tatsache, daß beide Bewegungen einen nationa­len Kongreß organisierten und internationale Kontakte unterhielten.

Als wichtige Unterschiede zwischen beiden Bewegungen möchte ich Folgendes nennen: Die Provo-Bewegung ist, im Gegensatz zu der Kabouter-Bewegung, nie offiziell gegründet worden aber ist, auch wieder im Gegensatz zu der Kabouter-Bewegung, offiziell aufgelöst worden. Die Provo-Bewegung war bedeutend kleiner als die Kabouter-Bewegung und war weniger stark verbreitet in anderen Teilen der Niederlande, aber es ist schwierig zu sagen, welche von beiden Bewegungen den größten Einfluß auf die spätere gesellschaftliche Entwickelung in den siebziger und achtziger Jahren hatte. Aber mit Sicherheit kann man sagen, daß es ohne Provo-Bewegung keine Kabouter-Bewegung gegeben hätte. Provo war der Anfang und als Solcher von unschätz­barer Bedeutung für die späteren Entwicklungen. Die Provos waren im Grunde pessimistisch eingestellt, während die Kabouters sich durch fast unbegrenzten Optimismus auszeichneten. Die Provos lehnten sich auf gegen die Unterta­nen-Mentalität, und leisteten Widerstand gegen die autoritären Strukturen und ihre VertreterInnen. Dagegen experimentierten die Kabouters infolge ihrer Zwei Hände-Strategie neben ihren Angriffen gegen die autoritären Strukturen auch mit alternati­ven Lösungen der gesellschaftli­chen Probleme. Im Gegensatz zu den Provos gab es, vor allem außerhalb Amster­dams, Kabouters, die ein oder mehrere Sitze im nationalen Parlament anstreb­ten.

Folgerungen

Die offene Struktur der beide Bewegungen war gleichzeitig ihre Kraft und ihre Schwäche. Die Leute, die mitmachten, fühlten sich angeregt, auf ihre eigene Kraft zu vertrauen, und daran haben beide Bewegungen viel ihres Elans zu danken. Jeder der eine Idee hatte, konnte gleich damit anfangen, ohne von einer bürokratischen Struktur gehemmt zu werden. Der symbolische und surrealistische Charakter vieler Aktionen regte viele KünstlerInnen an, mitzumachen und die Bewe­gung mit ihren künstlerischen Beiträgen zu unterstützen. Aber durch diese offene Struktur waren die Provo- und Kabouter-Bewegung auch leicht zu mißbrauchen. Jeder konnte nämlich im Namen der Bewegung Stand­punkte einnehmen und nach Außen bringen, die nicht von der Mehrheit geteilt wurden. Es war auch fast unmöglich, eine gemeinsame Ideologie und Strategie zu entwickeln, weil jede individuelle Meinung respektiert und als Ausgangspunkt genommen wurde. Diese offene Struktur machte es dem Staatssicher­heitsdienst übrigens leicht zu infiltrie­ren, was bei der Kabouter-Bewe­gung auch nachweis­bar passiert ist.

Trotz ihres kurzen Bestehens haben die Provo- und die Kabouter-Bewegung, im Zusammenhang mit den anderen Bewegungen der sechziger Jahre, mehr erreicht als man erwarten würde. Mehr noch als die Provos waren es die Kabouters, die die Umweltproblematik in den Vorder­grund gestellt haben. Mit Recht kann man sagen, daß die Kabouter-Bewegung die erste Umweltbewegung in den Niederlanden war. Sie hat in nicht geringem Maße zu einem wachsen­dem Umwelt-Be­wußtsein in der Niederländischen Bevölkerung beigetragen. Die von Roel van Duijn und Anderen gegründete Partei Die Grünen wäre ohne die Vorgeschichte der Kabouters nie zustande gekommen.

Kabouters haben wie die Provos auch viel dazu beigetragen, daß in Amsterdam versucht wird, den Autover­kehr aus der Innenstadt herauszuhalten, leider nicht mit viel Erfolg. Der Weiße Fahrrad-Plan von Provo Luud Schimmelpennink hat in Amsterdam vor kurzem einen neuen Start erlebt.

Die große Anzahl von Bio-Läden in Amsterdam und anderswo in den Niederlanden ist vielleicht das greifbarste Vermächtnis der Kabouters. Es gibt heute keine Stadt, kein Stadtviertel mehr ohne Bio-Laden. Auch Albert Heijn, die größte Supermarktkette in den Niederlanden, will in wenigen Jahren hauptsächlich Naturkost verkaufen.

Mit ihren umweltfreundlichen kleinen Alternativgeschäften und ihrem ‘Oranje-Freimarkt’ haben die Kabouters den Anstoß zur Gründung von mehreren ähnlichen Betrieben gegeben, zum Recycling-Denken und zur Einführung von ausländischen Initiativen…

Sicher ist, daß die Ideen der Provos und auch die der Kabouter die Entwicklungen innerhalb der Polizei beeinflußt haben. Ich nannte schon das Beispiel von dem Bezirkspolizisten als freundli­chem Berater bei Problemen in der Nachbarschaft. Nachweisbar ist auch der Beitrag der Kabouters am Mißlingen der Volkszählung von 1971.

Mit ihren Aktionen haben die Kabouters, wie auch die HausbesetzerInnen im Nieuwmarktviertel, als erste die Wohnungsnot und das Wohnen als unentbehrliche Funktion in der Innenstadt zum politischen Thema gemacht. Damit haben sie für die nachher entstandene HausbesetzerInnen-Bewe­gung freie Bahn geschaffen und ein Umdenken innerhalb der Stadtverwaltung verurs­acht.

Mit ihren Vorschlägen im Stadtparlament haben die Kabouter-Abgeortneten dazu beigetragen, daß alle Versammlungen, nicht nur des Stadtrats, sondern auch aller Kommisio­nen, einen öffentlichen Charakter bekamen. BürgerInnen haben seitdem das Rederecht bei Ausschuß-Ver­sammlungen. Auf dem Gebiet des Unterrichtes und der Erziehung haben die Provos und Kabouters mit ihren anti-autoritären Kinderkrippen und Kindergärten eine Rolle gespielt beim Entstehen von neuen Ansichten und Methoden. Die Bedeutung ihrer Initiative lag darin, daß das Kind in den Mittel­punkt gestellt wurde. Durch die Initiative der Kabouters mit ihre Dienststelle für Seniorenbetreuung werden Senioren heute anders angesehen und behandelt. Die Senioren sind mündiger geworden und sind auch durch ihre Anzahl ein wichtiger Faktor für die Politik geworden. Die Ideen der Kabouters über die Integration der Senioren in ihrer eigenen Nachbarschaft wurden von anderen Institutionen aufgegriffen. Durch ihre Zusammenarbeit mit Pionieren auf dem Gebiet der kritischen Psychiatrie und der Fürsorge für geistig Behinderte konnten die Kabouter auch Einiges zur besseren Integration von Geistig- und Körperbehinderten in der ‘normalen’ Gesellschaft beitragen.

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: es freut mich sehr feststellen zu können, daß der Geist der Provos und Kabouters auch heute noch erkennbar weiterlebt. Ich denke hierbei an einen kleinen aber einflußreichen Teil der heutigen Jugend.

Ich danke Euch fürs Zuhören.

Coen Tasman, Amsterdam, 21. April 2000.