editorial

Grenzenlose Solidarität

| Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

Liebe Leserinnen und Leser,

das Redaktionsbüro der Graswurzelrevolution befindet sich seit 19 Jahren in der einzigen deutschen Großstadt, in der die AfD bei der Bundestagswahl 2017 an der 5-Prozenthürde gescheitert ist. Die Gründe für das Scheitern der Höcke-Partei hier sind vielfältig. Eine Rolle spielen dabei auch die erfolgreiche antirassistische Bündnisarbeit und die lokalen Demos, bei denen sich jeweils bis zu 10.000 Menschen der AfD und dem PEGIDA-Möchtergernableger “Müngida” in den Weg gestellt haben. Aber auch auf dieser vermeintlichen Insel der Glückseligen sind diejenigen, die die Menschenwürde von Geflüchteten mit Füßen treten wollen, auf dem Vormarsch.

Nicht erst seit dem Einzug der AfD in den Bundestag versuchen viele deutsche PolitikerInnen, insbesondere auch von CSU, CDU und FDP, aber auch Palmer-Grüne und Lafonwagenknecht-“Linke”, die Rassistenpartei rechts zu überholen.

Global denken, lokal handeln: #NoZAB

Die 2017 in NRW ans Ruder gekommene CDU-FDP-Landesregierung möchte die vor Krieg und Terror hierher geflüchteten Menschen so schnell wie möglich loswerden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen in allen Regierungsbezirken des Landes ZABs eingerichtet werden. Orwell lässt grüßen. Die Bezeichnung “Zentrale Ausländerbehörden” ist ein Euphemismus. Tatsächlich sind ZABs Zentrale Abschiebebehörden, die Menschen nicht beraten und schützen, sondern sie so schnell wie möglich abschieben sollen. Eine ZAB müsste die für die Betroffenen oft lebensgefährdenden Entscheidungen ohne inhaltliche Prüfung umsetzen und die Abschiebungen vollstrecken. Volker Maria Hügel von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender (GGUA): “Das kann dazu führen, dass die ZAB-Mitarbeiterinnen, die ja Bedienstete der Stadt Münster sind, abschieben müssen, obwohl sie vielleicht den Eindruck haben, hier werden Menschen- und Kinderrechte verletzt. Was macht das mit den Mitarbeiterinnen, wenn sie dann nichts tun können?” (1)

Am 13. Dezember 2017 fand gegen die geplante ZAB eine Kundgebung vor dem Rathaus der schwarz-grün regierten Stadt statt. Aufgerufen dazu hatten zahlreiche Organisationen, darunter auch die Redaktion der Graswurzelrevolution.

Trotz Regen und Kälte kamen 300 Menschen, um gegen diese geplante Institution, die auch Menschen nach Afghanistan und demnächst Syrien abschieben soll, zu demonstrieren. Gut gefallen hat mir die Rede von Hügel. Er betonte, dass der Rat der Stadt sich mehrfach gegen Abschiebungen von Roma in den Kosovo ausgesprochen und eine Resolution gegen Abschiebungen nach Afghanistan verabschiedet hat: “Es wäre mit dieser Haltung des Rates nicht vereinbar, wenn die Stadt künftig systematische Abschiebungen für den ganzen Regierungsbezirk vor allem dieser beiden Gruppen organisieren würde”, so Hügel. “Bislang steht die Stadt Münster überregional und zu Recht in dem Ruf, eine vorbildliche Integrationspolitik zu betreiben. Wir wollen nicht, dass künftig mit dem Namen der Stadt in erster Linie die Organisation von Abschiebungen verbunden wird. (…) Liebe Grüne, stimmt der ZAB nicht zu!”

Die Entscheidung über die ZAB wurde vertagt.

Wir kämpfen weiter dafür, dass die in Dortmund und Bielefeld bereits eingerichteten ZABs geschlossen und nirgendwo weitere eingerichtet werden. Jede Abschiebung ist ein massiver Angriff auf die Menschenwürde. Bleiberecht für alle!

Punk, Pippi, Rojava und Anarchie

Im Januar 1989 erschien die erste Ox-Ausgabe. Während viele andere Punk-Fanzines wieder verschwunden sind, hat sich das Ox professionalisiert. Es erscheint alle zwei Monate mit CD-Beilage, Rezensionen, Interviews, einem Umfang von 146 Seiten und einer Auflage von 12.500. Am 7. Dezember 2017 erschien das Ox-Fanzine Nr. 135. Auf Seite 54 f. findet sich dort unter dem Titel “Für Frieden und Anarchismus” ein Interview zum 45. Geburtstag der Graswurzelrevolution, das Ox-Redakteur Simon Brunner geführt hat. (2)

Thematisch in eine etwas andere Richtung geht ein Interview, das der “Neue Debatte”-Redakteur Gunther Sosna am 8. Dezember 2017 unter dem Titel “Herrschaftsfreie Gesellschaft als Ideal: Ein Gespräch über den Anarchismus” mit mir gemacht hat. (3) Thematisiert werden hier u.a. Pippi Langstrumpf und Rojava. Meine dort geäußerte Meinung zu den Entwicklungen in Katalonien sorgte auf Freitag.de für heiße Debatten. (4) Gut so. Diskussionen möchten wir auch mit der GWR 425 anstoßen.

Wir wünschen Euch ein wunderbares, widerständiges Jahr 2018, Anarchie und Glück,

Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

PS: Der Buchverlag Graswurzelrevolution hat Postkarten gemacht, um die Neuerscheinungen "Handbuch für gewaltfreie Kampagnen" und "Gewaltfreier Anarchismus & anarchistischer Pazifismus" (siehe Anzeige unten) zu bewerben. Wir würden uns freuen, wenn Ihr sie auslegt, verteilt und verschickt. E-Mail an buchverlag@graswurzel.net genügt, dann werden sie Euch kostenlos und frei Haus zugeschickt.

PPS: Dieser GWR ist u.a. eine neue Ausgabe von afrique-europe interactbeigelegt: "Für Bewegungsfreiheit und selbstbestimmte Entwicklung!" Wir bitten um freundliche Beachtung. Weitere Infos: www.afrique-europe-interact.net