Zeitschriften leben nicht nur von den geschriebenen Beiträgen, sondern auch von den gezeichneten. Cartoons und Karikaturen waren früher aus keinem guten Magazin wegzudenken. Noch viel weniger aus der Alternativpresse, die sich seit den 1960ern für Undergroundcomics öffnet. Anlässlich des Erscheinens der 500. Ausgabe der Graswurzelrevolution ist es nun an der Zeit, auch mal die Zeichner_innen zu würdigen, die regelmäßig oder zumindest häufiger mit ihren Beiträgen die Zeitung bereichern. Sie machen aus der einstigen „Bleiwüstenrevolution“, als die die Graswurzelrevolution früher galt, einen Augenschmaus. Man fand zwar vereinzelt auch ins Deutsche übersetzte Nachdrucke, z.B. von den beliebten Wildcat-Cartoons von Donald Rooum, aber die GWR war bis Ende der 1990er Jahre textlastiger. In den letzten Jahren haben sich vor allem die beiden Zeichner Findus und Andi Wolff mit ihren Zeichnungen verdient gemacht und das Erscheinungsbild der GWR mitgeprägt. Werke von beiden wurden bereits 2012 anlässlich des dreitägigen 40 Jahre Graswurzelrevolution-Kongresses in einer Sonderausstellung in der ESG Münster gezeigt und sind jetzt im Archiv für alternatives Schrifttum (afas) in Duisburg archiviert.
Andi Wolff ist so etwas wie ein „Hauszeichner“ – und das schon seit Beginn der 2000er Jahre. Mit seinen satirischen Bildern, die mal als Cartoon, mal als Wimmelbild oder Comic daherkommen, ist er schon nicht mehr wegzudenken.
Findus, dessen Pseudonym dem gleichnamigen Kater aus der schwedischen Kinderbuchreihe Petterson und Findus entliehen ist und keine Anspielung an den bekannten Jugendstil-Illustrator, zeichnet nicht nur für die Monatszeitung Graswurzelrevolution, sondern hat eine Vielzahl von Comics produziert und anarchistische Sachbücher illustriert – darunter die „Kleine Geschichte der Anarchie“ im Verlag Graswurzelrevolution. Zudem bereichert der in der Union Coop organisierte Grafiker mit seinen Zeichnungen auch die ZivilCourage, die anarchosyndikalistische Direkte Aktion und andere Zeitschriften.
Natürlich dürfen in einer anarchistischen Zeitschrift wie der Graswurzelrevolution auch Zeichnungen des gebürtigen Münchner Zeichners Gerhard Seyfried nicht fehlen. Es gibt wohl kaum eine linke Publikation, wo seine Zeichnungen rund um sein alter Ego und seinen besten Freund Zwille, die Reinkarnation des Anarchomännchens, nicht abgedruckt und nachgedruckt wurden. Wie wohl kein zweiter Zeichner hat er den Anarchocomic in Deutschland geprägt. Seine Cartoonsammlung „Wo soll das alles enden“ darf eigentlich in keiner linken Buchsammlung fehlen. Seit ein paar Jahren geht Seyfried vor allem seiner Neigung als Schriftsteller nach.
Neben ihm hat auch Ziska Riemann (1), mit der er mehrere sehr empfehlenswerte Comics, darunter den anarchistischen Comic „Starship Eden“, konzipiert hat, für die GWR gezeichnet. Ziska gilt als einzige Schülerin von Seyfried. Früher hat sie mit Future Subjunkies lustige und zugleich verstörende Comics geschaffen, heute gilt ihr Herz vor allem der Filmbranche. Der Hintergrund ist ähnlich wie bei Seyfried – in Deutschland kann kaum jemand mit dem Zeichnen von Comics seinen oder ihren Lebensunterhalt finanzieren. Schade. Ihre Comics haben etwas und sind leider weitgehend vergriffen.
Mit den Illustratorinnen Roya Soraya und Daisy Lotta gibt es auch zwei weitere Zeichnerinnen im Graswurzeluniversum. Von Roya Soraya erschien im Sommer 2024 in der GWR 490 ein ganzseitiger Comic über die Palestinians and Jews for Peace. Daisy Lottas Stil ist leicht mystisch geprägt und sie hat bereits ein schönes Kinderbuch über eine vegan lebende Familie („Irma unterwegs“) sowie ein veganes Kinderkochbuch illustriert. Sie ist persönlich mein Geheimtipp.
Erwähnen möchte ich noch Dirk Sandbaumhüter, Ernst Kassenbrock und Roy Brick, die häufig Cartoons oder Karikaturen beisteuern. Der Künstler Wilfried Porwol veröffentlicht in der GWR alljährlich seine Jahresgrafik und auch weitere Linoldrucke. Vielen Dank für diese Beiträge!
Die hier benannten Zeichner_innen spiegeln auch einen Teil der Vielfältigkeit der Graswurzelrevolution wider – in ihrem Facettenreichtum.
Zudem gab es immer auch Cartoons von interviewten Zeichner_innen, wie z. B. der schwedischen Comickünstlerin Liv Strömquist. Auch von ihnen wünscht man sich in Zukunft mehr Beiträge in der Graswurzelrevolution.
Es gibt sicher noch weitere Zeichner_innen aus dem In- und Ausland, die es für weitere Beiträge zu entdecken und gewinnen gilt. Meldet Euch bei der GWR.
(1) Siehe: NATO raus aus dem schwarzen Afghanen! Interview von Bernd Drücke mit Gerhard Seyfried und Ziska Riemann, in GWR 322, Oktober 2007, https://www.graswurzel.net/gwr/2007/10/nato-raus-aus-dem-schwarzen-afghanen/
Websites:
Andi Wolff – http://www.andi-wolff.de
Daisy Lotta – https://www.instagram.com/daisy.lotta/
Dirk Sandbaumhüter – www.sandbaumhueter.de
Ernst Kassenbrock – https://ekarikatur.jimdofree.com
Gerhard Seyfried – http://gerhardseyfried.de
Ziska Riemann – https://ziskariemann.wordpress.com
Wilfried Porwol – https://wilfriedporwol.de