Beschreibung
Ella / UP1
Gefangenschaft überwinden!
Aufruf zu Waldverteidigung und Personalienverweigerung
112 S. |11 Abb. | 12,90 Euro | ISBN 978-3-939045-55-7
Die Klimaaktivistin Ella saß nach der Räumung der Baumhäuser zur Verteidigung des Dannenröder Forsts 529 Tage in Haft. Sie erzählt in diesem sehr persönlich geschriebenen Buch von den Gerichtsprozessen, den Haftbedingungen und dem kräftezehrenden Kampf um kleinste Haftverbesserung wie etwa veganes Essen im Knast. Sie berichtet aber auch von der Solidarität im Gefängnis sowie der Unterstützung für ihren Kampf gegen Überwachungsmethoden, die Preisgabe ihrer Personalien und Passangaben sowie erkennungsdienstliche Behandlungen. Nach ihrem Verständnis hat der Staat nicht das Recht, über ihre Identität und damit ihre Individualität zu verfügen.
Ella ist ein Pseudonym aus dem rückwärts gelesenen Wort „alle“. Ellas Geschichte steht also auch für all jene, die angesichts des Autowahn-Kapitalismus und seiner Wachstumsideologie für eine ökologische Utopie kämpfen und sich mit zivilem Ungehorsam den Repressionen durch Polizei, Justiz und Gefängnis widersetzen.
Inhalt
Vorwort
Intro
Ein Gedicht über das, was geschah
Konsequenzen wählen
Der Sündenbock vs. Big Brother vs. Du
Bedingungen für einen blühenden Widerstand
Eskalation
Keine Kompromisse bei der Verteidigung unserer Sehnsüchte
Lass die Flamme brennen
Der beste Trick bei Gefangenschaft
Ein paar weitere Tricks bei Gefangenschaft
Im Gefängnis vegan sein
„Also, warum bist du Anarchistin?“
Ergebnisse wertschätzen, Zeit ist flüchtig
Nachwort
Danksagung
Zeitrahmen Dannenröder Forst und Inhaftierung Ellas
Vorwort Rote Hilfe e.V.
Ella: Das kollektive Abenteuer linker Politik
Ellas Geschichte ist eine Geschichte des Widerstands – in erster Linie im Versuch, die Rodung des Dannenröder Forsts im Jahr 2020 zu verhindern. Sie ist auch eine Geschichte im Widersetzen gegen Repression, die Ella im Nachgang erfahren musste und die sie heute nicht davon abhält, sich für eine gerechtere Welt einzusetzen. Nach der Entlassung aus dem Knast erzählte Ella Genoss:innen der Roten Hilfe, dass sie zu Beginn der Haftzeit Sorge hatte, das alles zu schaffen. Es waren die solidarischen Anwält:innen, die vielen Unterstützer:innen draußen und die Mitgefangenen drinnen, die Ella halfen, die schwierige Zeit durchzustehen.
Ellas Fall ist nur ein Beispiel unter vielen, wie staatliche und kapitalistische Akteur:innen versuchen, durch Repression linke Aktivist:innen einzuschüchtern, zu vereinsamen und schließlich zu brechen. Ella sollte durch Polizei und Gerichte vorgeführt werden, um zwischen legitimem und illegitimem Aktivismus zu unterscheiden. Aufbauend auf zahlreichen Lügen wurde versucht, die brutale Räumung des Danni zu verbergen. Es sollte vertuscht werden, dass Polizist:innen Aktivist:innen geschlagen, getreten und zum Abstürzen gebracht haben, wodurch Aktivist:innen teilweise schwer verletzt wurden. Dennoch waren es Ella und andere Genoss:innen, die zu Haftstrafen verurteilt wurden.
Das Amtsgericht Alsfeld berief sich in der ersten Instanz auf offensichtliche Falschaussagen der eingesetzten Beamt:innen sowie geschwärzte Atteste mit Daten, die nicht mit dem Tattag übereinstimmten. Das Gericht sprach lediglich von „Missverständnissen“ auf Seiten der Polizei. An Ella sollte ein Exempel statuiert werden: Die Klimabewegung und ihre Kämpfe sollten diskreditiert und zukünftige Aktivist:innen durch überzogene Urteile abgeschreckt werden.
Neben Ella traf es noch viele weitere Genoss:innen: Björn wurde im Februar 2020 zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt und saß bis Ende 2021 in der JVA Schwerte. Unzählige Bußgelder und Strafbefehle an Aktivist:innen, Wegtragegebühren, Einsatzgelder für Höhenevakuierungen und Forderungen nach Bezahlung der Arbeitszeit der Beamt:innen (je angefangene Viertelstunde) zeigen, auf welche absurden Mittel die staatlichen Repressionsorgane zurückgreifen, um die Interessen von Konzernen durchzusetzen und die Kämpfe für eine lebenswerte Zukunft zu kriminalisieren.
Ella blieb auch im Gefängnis kämpferisch und spielte das Spiel der Justizbehörden nicht mit. Sie ließ sich auch von den schwierigen Haftbedingungen während Corona und der monatelangen Weigerung der JVA, ihr eine vegane Ernährung zu ermöglichen, nicht einschüchtern. In der zweiten Instanz vor dem Landgericht Gießen verteidigte Ella erneut die Proteste im Danni und machte auf die kriminalisierende Zusammenarbeit von Gerichten, Politik und Polizei aufmerksam.
Ella steht auch sinnbildlich für den Umgang innerhalb linker Bewegungen mit Haft, für Solidarität vor und hinter den Gefängnismauern sowie dafür, dass auch wir dazulernen und gegenüber Repressionsorganen stets auf der Hut sein müssen. Wir wünschen Ella weiterhin viel Kraft für ihren Kampf gegen die unerträglichen Zustände in dieser Welt und wir bedanken uns dafür, dass Ella uns – so hat sie selbst es einmal ausgedrückt – Mut geschenkt hat, um dieses „kollektive Abenteuer linker Politik“ weiterzuführen.
Rote Hilfe e.V.
Der Verlag Graswurzelrevolution bedankt sich bei der Roten Hilfe für ihre finanzielle Förderung dieser Publikation.
Die Autorin
Ella ist ein Pseudonym aus dem rückwärts gelesenen Wort „alle“. Ellas Geschichte steht also auch für all jene, die angesichts des Autowahn-Kapitalismus und seiner Wachstumsideologie für eine ökologische Utopie kämpfen und sich mit zivilem Ungehorsam den Repressionen durch Polizei, Justiz und Gefängnis widersetzen.
Rezensionen
Den Staat in die Schranken weisen
von Peter Nowak
»Ella« berichtet über die Besetzung des Dannenröder Forsts und ihre 529 Tage in Haft
UWP1 wurde sie vom Gefängnispersonal angesprochen. Es ist die Abkürzung für »Unbekannte weibliche Person« Numero 1. In der linken Öffentlichkeit wurde sie unter dem Namen Ella bekannt. Sie ist bei der Räumung des Dannenröder Forsts (»Danni«) in Osthessen im November 2020 verhaftet worden und weigerte sich hartnäckig, ihren Pass zu zeigen. Weil sie auch ihre Fingerkuppen bearbeitet hatte, damit keine Abdrücke genommen werden konnten, war eine Identifikation nicht möglich.
529 Tage musste Ella in der Frankfurter JVA in Haft verbringen. Die Kampagne »Free Ella« sorgte dafür, dass sie nicht vergessen wurde. Ein wichtiger Beitrag zur Solidarität war auch der Film »Ella – von einer Staatsmacht, die einschüchtern und verschleiern will«. Er setzte sich vor allem mit dem Vorwurf auseinander, die Klimaaktivistin hätte bei der Räumung angesichts der geplanten Rodung des besetzten Waldes einen Polizisten mit ihrem Widerstand in Lebensgefahr gebracht. Später gab jener Beamte zu, dass dem nicht so war, er beim Erklimmen eines Baumhauses mit mehreren Gurten gesichert und nicht durch einen lebensgefährlichen Absturz gefährdet war.
Jetzt stellt Ella in einem sehr persönlichen Buch ihre Position zur Diskussion. In dem gut gestalteten Band dokumentieren zudem elf Fotos die Solidaritätsbewegung »Free Ella«. Die Aktivistin erinnert sich, wie sie die Nachrichten im Gefängnis erreichten und immer wieder Mut gaben. Ella berichtet aber auch von Tagen der Verzweiflung und Niedergeschlagenheit. Sehr gut beschrieben ist ihr Kampf um vegane Ernährung hinter Gittern, der Ella viel Kraft kostete und sie gesundheitlich stark schwächte. Am Ende aber war sie erfolgreich. Heute ist die Versorgung mit veganen Mahlzeiten hinter Gittern nicht mehr unüblich. Dies dank Ella, die sich für Alternativen zum Konsum von tierischen Produkten im Strafvollzug einsetzte. Auch wenn sie generell weiterhin für die Abschaffung aller Haftanstalten kämpfen werde, wäre es ebenso wichtig, dafür zu streiten, das Leben für alle momentanen Insassen erträglicher zu gestalten.
Ella spart nicht mit Kritik an solidarischen Menschen und Strukturen. So beklagt sie, während ihrer Gefangenenschaft zu wenig in die Solidaritätskampagnen einbezogen worden zu sein. Ihrem Anwalt wirft sie vor, sie nicht rechtzeitig darüber informiert zu haben, dass es ein Video gibt, in dem zu sehen ist, wie sie sich gegen einen Polizisten wehrt, der sie im Hüttendorf festnehmen will. Das hatte sogar zum Anwaltswechsel geführt, was nicht ganz nachzuvollziehen ist.
Nachdem Ella konstatieren musste, dass die Solidarität nicht ausreichte, um ihre Freilassung zu erzwingen, war sie letztlich dann doch bereit, gegenüber den Behörden ihre Anonymität aufzugeben. Kurz danach wurde sie entlassen. Als sinnlos erachtet sie ihre lange Weigerung, sich auszuweisen dennoch nicht. Nicht zu Unrecht beharrt sie auf ihrer Meinung, dass der Staat nicht das Recht habe, über ihre Identität und damit ihre Individualität zu verfügen.
»Der Prozess hatte für viele, die mit dem Kampf in Berührung kamen, die Bedeutung wahrer Gerechtigkeit aufgewühlt und sie mit einem klaren Fall von Ungerechtigkeit konfrontiert, die Legitimität des gesamten Systems infrage stellte und den Glauben vieler, die dann die Möglichkeit und Vorstellungskraft für Alternativen öffnen musste«, schreibt Ella. Vielleicht zu optimistisch. Und der von Ella propagierte Anarcho-Primitivismus, der gesellschaftliche und Klassenwidersprüche negiert, scheint mir nicht geeignet, die menschliche Emanzipation wirklich erfolgreich voranzubringen.
Besprechung aus nd.aktuell: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190026.leipziger-buchmesse-den-staat-in-die-schranken-weisen.html
Mut und Solidarität
Rezension von Peter Nowak aus „Der Rabe Ralf“:
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