Corporate Watch

Grüner Kapitalismus

Kritik und Alternativen – ein ABC

10,90 

Die Auswirkungen der Klimakrise und fortschreitender Umweltzerstörung sind deutlicher erkenn- und spürbar als jemals zuvor. Selbst beträchtliche Teile des Wirtschaftssektors sehen sich zum Handeln veranlasst. Der grüne Kapitalismus will Teil der Lösung sein, ist dabei aber vielmehr Teil des Problems. Dieses ABC von Corporate Watch bringt die Grundzüge des grünen Kapitalismus, die Kritik an ihm und mögliche Alternativen zu diesem Konzept auf den Punkt. Denn: Menschen auf der ganzen Welt leisten gegen grün-kapitalistische Bestrebungen und Entwicklungen Widerstand, und es sind diese Menschen und deren Kämpfe, die dieses Buch unterstützen will.

„Dieses Buch erklärt leicht verständlich, warum Kapitalismus niemals grün sein kann, sondern im Gegenteil zentraler Kern der sozialen und politischen Ursachen ist, welcher die ökologischen Krisen weltweit immer weiter eskalieren lässt.“ Carola Rackete

Beschreibung

 

Corporate Watch

Grüner Kapitalismus
Kritik und Alternativen – ein ABC

82 Seiten, zahlr. Abb.

ISBN 978-3-939045-47-2

10,90 Euro

Reihe »Auf den Punkt«

Die Auswirkungen der Klimakrise, dramatischer ökologischer Schieflagen sowie fortschreitender Umweltzerstörung sind deutlicher erkenn- und spürbar als jemals zuvor. Nicht nur NGOs und neue (Jugend-)Bewegungen, sondern auch die Vereinten Nationen, Politiker:innen aller Lager, ja selbst beträchtliche Teile des Wirtschaftssektors, sehen sich zum Handeln veranlasst.

Und so passiert es, dass sich der Kapitalismus im neuen Gewand präsentiert: der grüne Kapitalismus will Teil der Lösung sein, ist dabei aber vielmehr Teil des Problems. In seiner „weiterentwickelten“, grünen Form wird die Natur nach wie vor explizit in eine ausbeuterische und zerstörerische kapitalistische Logik miteinbezogen – vorgegeben wird dabei jedoch, die Natur und den Planeten dennoch schützen und wertschätzen zu können.

Dieses ABC von Corporate Watch bringt die Grundzüge des grünen Kapitalismus, die Kritik an ihm und mögliche Alternativen zu diesem Konzept auf den Punkt. Denn: Menschen auf der ganzen Welt leisten gegen grün-kapitalistische Bestrebungen und Entwicklungen Widerstand, und es sind diese Menschen und diese Kämpfe, die dieses Buch unterstützen will.

Wörterverzeichnis

 

A – Agrarökologie | Alternative Ökonomie | Angepasste Technologie | Anthropozän | Anthropozentrismus

B – Biodiversität| Biodiversitäts-Offsetting | Buen vivir

C – Commons

D –

E – Emissionshandel | Energiedemokratie | Energiegerechtigkeit | Entkopplung | Ernährungssouveränität | Erneuerbare Energie | Externer Effekt | Extraktivismus

F – Frauen, Gender, Feminismus und die Umwelt

G – Gaia-Hypothese | Gerechter Übergang | Globaler Süden und soziale Bewegungen | Green Economy | Green Grabbing | Greenwashing | Grüne Jobs | „Grüner“ oder „ethischer“ Konsum | Grünes Wachstum

H –

I – Indigenes Wissen | Industrialismus | Industrielle Landwirtschaft

J –

K – Kapitalismus | Klimakompensation | Kommodifizierung der Natur

L – Liberalismus | Luddismus und Neo-Luddismus

M – Misanthropie

N – Nachhaltige Entwicklung/Nachhaltigkeit | Natur | Naturkapital | Neokolonialismus | Neoliberalismus | Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Vereinnahmung

O – Offsetting | Ökoanarchismus/Grüner Anarchismus | Ökologie | Ökomodernismus | Ökosozialismus | Ökosystemdienstleistung | Ökosysteme

P – Primitivismus

Q –

R – Reformismus

S – Spirituelle Umweltbewegungen

T – Technofix | Technokratie | Technologie | Techno-Optimismus/Techno-Progressivismus | Tiefenökologie/Tiefenökologischer Umweltschutz | Transhumanismus

U – Umweltethik | Umweltgerechtigkeit | Umweltskeptizismus

V – Vermarktlichung | Vorsorgeprinzip

W – Wachstumskritik | Wirtschaftswachstum

X –

Y –

Z – Zebra

Aus der Einleitung

 

Warum ein ABC des grünen Kapitalismus?

Dieser Leitfaden ist als Einführung sowohl in die Ideenwelt des grünen Kapitalismus als auch zu seinen Alternativen konzipiert. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, diese relativ neue Erscheinungsform des Kapitalismus, die sich die Natur einverleiben will, verständlicher macht. Wir hoffen zudem, dass es dabei behilflich ist, Widerstand dagegen zu leisten und Raum zu schaffen für echte ökologische Alternativen. Wir haben uns dazu entschlossen, einen Leitfaden zum grünen Kapitalismus zu verfassen, da wir ihn als eine veritable Gefahr betrachten. Der Kapitalismus ist in seinen Grundzügen ausbeuterisch gegenüber Mensch und Natur. Dennoch dominiert er die Gesellschaften rund um den Erdball. Der weitverbreitete Glaube daran, dass es „keine Alternativen gibt“, bedeutet, dass die Menschen Schritt für Schritt vom grünen Kapitalismus zum Narren gehalten werden und seine Werte und Umgangsformen annehmen – oftmals, ohne dies zu merken.

Je stärker sich die Ideen hinter dem grünen Kapitalismus verbreiten, desto schwieriger wird es, diese infrage zu stellen. Deshalb hoffen wir, dass dieser Leitfaden dabei behilflich ist, die Etablierung derartiger Ideen zu verhindern. Tagtäglich kämpfen Menschen weltweit gegen den grünen Kapitalismus und für ökologische, freie und von Gleichheit geprägte Gesellschaften. Es sind diese Menschen und diese Kämpfe, die wir hiermit unterstützen wollen.

Wir versuchten, diesen Leitfaden zugänglich und leicht verständlich, aber dennoch akkurat und nicht zu vereinfacht zu gestalten. Wir hoffen, dass er für jene, die sich neu mit dem Thema beschäftigen, aber auch für jene, die sich in diesem Feld bereits gut auskennen, von Nutzen ist. Zusätzlich sollte noch erwähnt werden, dass manche Themen, insbesondere jene, die eher in eine philosophische Richtung gehen, teilweise recht kompliziert werden können. Dieses Buch kann also nur eine Einführung in diese Themenbereiche bieten.

Was ist grüner Kapitalismus?

Die Antwort auf diese Frage erfordert die Berücksichtigung zahlreicher anderer Fragen, die in diesem ABC untersucht werden. Was bedeutet es „grün“ zu sein? Wie funktioniert der Kapitalismus? Wann, weshalb und wie entstand der grüne Kapitalismus? Wir werden uns diesen Fragen sowohl in der Einleitung als auch in den Definitionen, die den Rest dieses ABCs ausmachen, widmen.

Der grüne Kapitalismus ist eine Entwicklung des Kapitalismus, die formell und ausdrücklich versucht, sich mittels spezifischer neuer politischer Strategien und Praktiken die Natur einzuverleiben. Er besteht aus einem breiten Spektrum an Institutionen (Regierungen, Konzerne, Denkfabriken, Wohltätigkeitseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen, internationale Finanzinstitute und so weiter), die Prozesse anstoßen, die die Mechanismen des Marktes auf die Natur anwenden. Nur wenige verwenden dabei den Begriff des grünen Kapitalismus, um ihr Handeln zu beschreiben, aber wir und viele andere denken, dass dies der beste Begriff dafür ist.

Der Kapitalismus gedeiht in Krisen, und die zahlreichen gegenwärtigen globalen Krisen ökologischer Natur, inklusive des Klimawandels sowie dem Verlust von Lebensraum und Biodiversität, schaffen neue Märkte, aus welchen Profit generiert werden kann. Die Fürsprecher_innen des grünen Kapitalismus argumentieren, dass, wenn die Natur angemessen bepreist oder bewertet sei, sie nicht nur geschützt, sondern auch aufgewertet würde – Hand in Hand mit einer gesunden Wirtschaft und gesellschaftlichem Wohlstand. Sie argumentieren, dass durch die Bepreisung der Vermögen, Waren und Dienstleistungen, welche von der Umwelt bereitgestellt werden, die „unsichtbare Hand“ des Marktes schließlich ökologischen Schaden messen, mit ihm handeln und diesen minimieren könne.

Dieser Zugang ignoriert jedoch eine Tatsache: Wenn einmal ein Preisschild auf etwas geheftet wurde, um es zu schützen, so öffnet man unweigerlich die Tür für jemanden, der oder die bereit und dazu in der Lage ist, einen Preis dafür zu bezahlen, um es zu zerstören.

Der grüne Kapitalismus ist ein Köder. Er ist der Versuch, den Kapitalismus sozial und ökologisch verantwortungsvoll erscheinen zu lassen – obwohl er es in Wirklichkeit nicht ist.

Konfrontiert mit einem breiten globalen Konsens, den Klimawandel und die Umweltprobleme zu bewältigen, muss sich der Kapitalismus neu erfinden. Er muss den Anschein erwecken, um diese Probleme besorgt zu sein und die bestmögliche Lösung für sie zu finden.

Grüner Kapitalismus ist in diesem Sinne eine Art Ablenkung. Er lenkt ab von der Frage, welche Rolle der Kapitalismus in all dem spielt, wie er diese Probleme erst schafft beziehungsweise wie er damit umgehen will. Er nimmt die gleichen kapitalistischen Ideen und Werte, welche ökologische Krisen schaffen – sprich kontinuierliches Wirtschaftswachstum, Privateigentum, Profit und „freie“ Märkte – und wendet sie auf die Natur an, um so diese Krisen zu bewältigen. Grüner Kapitalismus will die Herrschaft des Kapitalismus aufrechterhalten, indem er neue Wege findet, Profite zu erzielen und den Kapitalismus vor ökologisch motivierter Kritik schützt.

Es handelt sich zwar um ein sich entwickelndes Konzept, für das es keine feste Definition gibt, doch wir diskutieren im nächsten Abschnitt etwas detaillierter, was wir als die Hauptmerkmale des grünen Kapitalismus ausgemacht haben und weshalb wir denken, dass sie ein Problem darstellen.

Leseprobe

Gruener_Kapitalismus_Lesprobe

Rezensionen

Gegen den „grünen“ Kapitalismus

Man stelle sich vor: Eine Regierung rechtfertigt die Unterdrückung einer Gruppe von Menschen damit, dass sie dafür an anderer Stelle eine andere Gruppe von Menschen schütze. Unterdrückung und Schutz hielten sich demnach also die Waage. Unvorstellbar, dass eine derart zynische Rechnung nicht Empörung provozieren würde. Doch in der herrschenden Umweltpolitik ist genau das gang und gäbe: Konzerne rechtfertigen den Ausstoss klimaschädlichen Kohlendioxids damit, dass sie an anderer Stelle zum Beispiel Bäume pflanzen lassen, die der Atmosphäre das CO2 wieder entziehen.

Diese Perspektivenverschiebung mittels Analogie findet sich unter dem Stichwort „Offsetting“ in dem von Corporate Watch herausgegebenen ABC zur Kritik des „grünen“ Kapitalismus. Corporate Watch ist eine britische Non-Profit-Organisation, die kritische Informationen über die sozialen und ökologischen Folgen von Konzernaktivitäten sammelt und publiziert. Das englischsprachige Original des ABC erschien bereits 2016 – und es ist erstaunlich, dass die Einträge trotzdem keinen Staub angesetzt haben. „Grüner“ Kapitalismus wird definiert als die modernste Form desselben – ein Kapitalismus, der sich ökologisch gibt, aber in Wirklichkeit versucht, sich mit neuen Praktiken immer weitere Bereiche der Natur einzuverleiben. Zum Beispiel mit Preisschildern für Emissionen, die in Form von Zertifikaten gehandelt werden können. Wenn aber etwas einen Preis hat, dann findet sich auch jemand, der diesen Preis bezahlt und so die Naturzerstörung weiter befeuert. „Der grüne Kapitalismus“, so heisst es bei Corporate Watch, „will die Herrschaft des Kapitalismus aufrechterhalten, indem er neue Wege findet, Profite zu erzielen, und den Kapitalismus vor ökologisch motivierter Kritik schützt.“

Genau diese ökologisch motivierte Kritik zu schärfen, ist die Absicht des ABC. Lesenswert ist der Band zudem, weil er unter Stichwörtern wie Ökoanarchismus, Ökosozialismus, Primitivismus, Gaia-Hypothese oder Wachstumskritik auch Alternativen zur herrschenden Politik thematisiert.

Guido Speckmann in: WOZ, Nr. 15, 13. April 2023

 

Neue Erscheinungsform
Ein kritisches ABC des »grünen Kapitalismus«

Alle wollen »grün« sein. Auch die großen Konzerne. Das Kapital ist seit Jahren dabei, sich einen »grünen« Mantel überzustreifen. Die Einsicht allerdings, dass auch für den »grünen Kapitalismus« Ausbeutungsstrukturen und Umweltzerstörung konstitutiv sind, geht erheblichen Teilen der jüngeren Ökologie- und Klimaschutzbewegung ab.

Der Verlag Graswurzelrevolution macht nun in deutscher Übersetzung ein Büchlein zugänglich, das in englischer Sprache bereits 2016 herausgekommen ist: das kritische ABC des »grünen Kapitalismus«. Anhand von Stichworten wie Agrarökologie, Greenwashing und Klimakompensation wird dem Leser hier ein orientierender Leitfaden geboten. Erarbeitet hat ihn die Initiative Corporate Watch, die sich vorstellt als »gemeinnützige, nicht gewinnorientierte Kooperative, die kritische Informationen zu den sozialen und ökologischen Folgen von Konzernaktivitäten und des Kapitalismus bereitstellt«.

Der »grüne Kapitalismus« wird einleitend als eine »relativ neue Erscheinungsform des Kapitalismus« vorgestellt. Dabei werde »formell und ausdrücklich versucht, sich mittels politischer Strategien und Praktiken die Natur einzuverleiben«. Viele Menschen seien dabei, seine »Werte und Umgangsformen« anzunehmen – »oftmals, ohne dies zu merken«.

Im Zentrum der Konstruktion steht die Idee, die Natur und ihre Güter zu »bepreisen« bzw. zu »bewerten«. So könne »der Markt« ökologische Schäden messen und »minimieren«. Wenn allerdings, wenden die Autoren des »ABC« ein, einmal ein Preisschild auf etwas geklebt worden sei, um es zu »schützen«, dann werde sich auch jemand finden, »der oder die bereit und dazu in der Lage ist, einen Preis dafür zu bezahlen, um es zu zerstören«. Der »grüne Kapitalismus« erweise sich so als »Köder« und als Ablenkung von der Frage, welche Rolle der Kapitalismus »in all dem spielt«. Nicht zuletzt gehe es darum, die Ökologie zu vereinnahmen und ökologischen Widerstand »unschädlich« zu machen.

aus: junge welt vom 10.7.2023