editorial

Verfassungsschutz abonniert die Graswurzelrevolution!

| GWR-Redaktion Oldenburg

Kurz vor Redaktionsschluß dieser GWR erhielten wir per email eine ungewöhnliche Abo-Bestellung: die NLfV-Bücherei war wohl beim Surfen durchs internet auf unsere Homepage gestoßen und hatte unser dortiges Aboformular ausgefüllt. Irgendwie kam uns diese Abkürzung verdächtig vor, und ein Abgleich mit anderen Unterlagen ergab: bei diesem neuen Abonennten handelt es sich um das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz!

Fragt sich, wie das NLfV (um bei der geheimnisvollen Abkürzung zu bleiben) die bisherigen Berichte zu Castor und Co. mit ausgiebigen Verweisen auf die Graswurzelbewegung verfaßt hat, ohne die Zeitung dieser Bewegung zu lesen?

Vielleicht ist aber das Abo auch eine Reaktion darauf, daß „nachrichtendienstliche“ Mittel bei der Aushorchung der Graswurzelbewegung versagten: der im Sommer vom Verfassungsschutz angesprochene ehemalige GWR-Redakteur verbat sich verständlicherweise eine Mitarbeit (vgl. GWR 215), und die offene Diskussions- und Kommunikationskultur der gewaltfreien Szene macht es „nachrichtendienstlich“ Arbeitenden vielleicht gerade schwer.

Nun ja, gar so schwer erhältlich ist die GWR als frei verkäufliche Zeitung ja nicht, in Hannover ist sie sogar in der Bahnhofsbuchhandlung zu haben, was spricht von daher eigentlich dagegen, das NLfV direkt zu beliefern? Und gehört es nicht zur gewaltfreien Philosophie, Inhalte und Aktionen offen zu diskutieren (was nicht gegen Konspirativität in der Vorbereitung einzelner konkreter Aktionen spricht – das ist eine ganz andere Sache. Doch solche Aktionen stehen auch nicht vorab in der GWR.)

Das NLfV hat sich bisher auf unsere Rückfrage nach der Bedeutung der Abkürzung nicht geäußert, doch gegen eine Belieferung des NLfV zum speziellen Förderabopreis für „feindliche“ – ähem – für Institutionen widerspricht erstmal nichts. Und ein Problem des Verfassungsschutzes ist es dann wohl eher, zukünftig wider besseres Wissen solch an den Haaren herbeigezogene Berichte zu verfassen wie den zum Castor-Transport.

Der Castor-Transport ist auch einer der Schwerpunkte dieser GWR. In Vorbereitung auf die heiße Phase stellen wir das Widerstandskonzept der BI und die Kampagne X-tausendmal quer vor, um eventuell vorhandenen Mißverständnissen entgegenzutreten.

In der nächsten GWR – die kurz vor dem Castor erscheinen wird – werden wir uns dann mehr grundsätzlicheren Fragen von sozialen Bewegungen und Gewaltfreiheit widmen, um so die AktivistInnen vor Ort in ihrer Argumentation und Bewertung zu unterstützen.

Ihr könnt uns im Gegenzug unterstützen, indem Ihr die Zeitung bei den jetzt anstehenden zahlreichen Anti- Castor- Veranstaltungen und -Demos als WiederverkäuferIn unter die Leute bringt: Ordert telefonisch oder per Fax (oder über das Formular im Netz) so viele Exemplare der GWR wie ihr meint verkaufen zu können. Nicht verkaufte Exemplare könnt Ihr an uns zurückgeben. Zahlen (mit Rabatt) müßt ihr nur für die verkauften Exemplare. Wendet Euch an die Redaktionen in Oldenburg oder Heidelberg.

Außer Castor bietet diese GWR noch zahlreiche andere interessante Themen: Von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Konzept Sustainable Development über einen Diskussionsbeitrag zur Organisierung der anarchistischen Gesellschaft bis hin zu einer Textanalyse des neuen/alten Buches von Lothar-Günther Buchheim „Jäger im Weltmeer“, die dieses Buch als die „Weltliteratur des faschistischen Mannes“ charakterisiert.