Blick zurück nach vorn

Bericht vom Schwarzroten Wochenende der FAU Düsseldorf

| Carl Gerlach, FAU Düsseldorf

Grafik: FAU Düsseldorf

Vom 19. bis 21. November 2021 feierten wir als FAU Düsseldorf unser siebtes Jahr in unserem eigenen Ladenlokal und Büro, dem „V6“. Dieses Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, um zum zweiten „Schwarzroten Wochenende“ (#SRW) einzuladen. An drei Tagen wollten wir jeweils einen zeitlichen Schwerpunkt setzen: Geschichte, Gegenwart und Zukunft.

Jeder dieser Bereiche hätte einen eigenen Veranstaltungsmonat verdient – stattdessen hatten wir uns einige wenige Themen herausgesucht, mit denen wir dem „Zeitstrahl“ gerecht werden wollten. Pandemiebedingt haben wir sämtliche Vorträge und eine Dokumentation auch live gestreamt. Die Online-Teilnehmer*innen waren natürlich auch herzlich eingeladen, sich an den Diskussionen zu beteiligen. Dank der Kooperation von Ton- und Bildtechniker*innen des Allgemeinen Syndikates Düsseldorf und der FAU Krefeld wurden alle Vorträge aufgezeichnet. Nach einer Bearbeitung werden wir so schnell wie möglich die Links zu den einzelnen Veranstaltungen veröffentlichen!
Eröffnet wurde das #SRW mit einem Vortrag über Emma Goldman und einem Vortrag zur Geschichte des Anarchosyndikalismus in Deutschland. Beide Vorträge richteten ihren „Blick zurück nach vorn“, will heißen, dass in beiden Vorträgen auf zahlreiche Ideen und Analysen hingewiesen wurde, deren Aktualität auch heute noch gegeben ist.
Der Samstag war dann ganz dem Hier und Heute zugewandt. Los ging es mit „schwerer Kost“. Ein Workshop zum Thema „weiße Privilegien“ sollte die Teilnehmer*innen befähigen, (ihren) Rassismus kennenzulernen und zu verstehen, Vorurteile zu hinterfragen und antirassistische Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Der spannende Vortrag zum „Streik in Bornheim und den Erfahrungen aus dem Arbeitskampf“ musste leider kurzfristig wegen Covid-19 ausfallen. Anstelle der beiden Referent*innen aus Köln und Bonn hat ein Mitglied der FAU Düsseldorf, das an mehreren Tagen selbst bei den Protesten der Erntearbeiter*innen im Frühjahr 2020 vor Ort war und unter anderem Übersetzungen organisiert hatte, über die dortigen Erfahrungen berichtet. (1) Dabei wurde klar, dass der Kampf nicht mit dem Streik beendet war. Knapp ein Jahr später waren die Militanten noch immer im Kontakt mit den Kolleg*innen und dabei, die letzten Dinge zu regeln …
Und wo wir gerade bei der Belastung sind, der sich die Aktivist*innen immer wieder aufʼs Neue stellen müssen: Der Dokumentarfilm „Radical Resilience“ (2) spürt der Frage nach, wie Militante (in der Doku am Beispiel von Umweltbewegungen) einer Überforderung, dem Burnout und dem dauerhaften Rückzug aus dem Aktivismus vorbeugen können. Die Macher*innen der Doku waren online zugeschaltet und haben sich noch rege an der anschließenden Diskussion beteiligt.
Der Konzert des Duos „The Merry Vagabonds“ aus Krefeld hätte mehr Publikum verdient gehabt – angesichts der Pandemie war es aber gut, dass der Raum nicht zum Bersten gefüllt war. Konzerte, auch akustische, sollten am besten im Sommer und open air stattfinden.
Zu guter Letzt haben wir dann noch einen Blick in die Zukunft gewagt – weniger in dem Sinne, was uns demnächst erwartet, sondern was wir uns für die Zukunft wünschen und wie wir diese dann auch erreichen …
Folgerichtig starteten wir mit einem Vortrag zum Thema Anarchafeminismus, sind doch in den letzten Jahren „neue“ feministische Bewegungen entstanden (beispielhaft sei hier auf Polen, Spanien und Mexiko verwiesen), die oft fest in der syndikalistischen Bewegung verwurzelt sind und/oder sich explizit an linksradikalen und autonomen Bewegungen orientieren. Anschließend gingen wir unter dem Titel „Libertäre Stadtpolitik“ Fragen nach, was alles beachtet werden muss, wenn kein Staatsapparat und keine kapitalistischen Konzerne mehr lebensnotwendige Dinge wie Ernährung, medizinische Versorgung oder Entsorgung „regulieren“.
Im Workshop zu „libertären Utopien“ waren alle Teilnehmer*innen vor die Herausforderung gestellt zu versuchen, eine oder mehrere anarchistische Utopien zu entwerfen. Neben einem kurzen Input dienten die Veranstaltungen des Wochenendes als gemeinsame Bezugspunkte. Den Abschluss des #SRW bildete Rudolf Mühland mit einer kurzen Lesung von Gedichten.
Was natürlich nicht vergessen werden darf: Neben der ganzen „intellektuellen Nahrung“ haben wir natürlich auch für das leibliche Wohl gesorgt – denn „ohne Mampf kein Kampf“. Highlights waren sicher die vegane Paella am Samstag und die ebenfalls vegane indische Linsensuppe am Sonntag. Das Essen hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass es an allen Tagen eine recht entspannte Atmosphäre gab, die dazu einlud, sich mit den anwesenden Menschen zu unterhalten und auszutauschen. Unser Awareness-Team hatte nichts zu tun (was wir sehr begrüßen). Die Gruppe aus Münster hatte sicherlich den weitesten Weg zu uns.
Das #SRW zog also, trotz Pandemie, wieder weit über Düsseldorf hinaus Menschen an – ganz zu schweigen von den Menschen, die zum ersten Mal online teilnehmen konnten (3).

(1) Siehe GWR 450 und Online-Beitrag von Nicolai Hagedorn: https://www.graswurzel.net/gwr/2020/05/der-spargel-streik/
(2) Siehe GWR 448.
(3) Leider waren wir ein wenig überfordert, sodass nicht alle, die online teilnehmen wollten, dies auch tatsächlich tun konnten. Wir haben aber die Technik besser kennengelernt und wissen nun auch, was wir organisatorisch beim nächsten Mal besser machen können!

Falls ihr die Arbeit der FAU Düsseldorf, die wir in einem ausführlichen Interview in der GWR 463 vorgestellt haben, unterstützen oder „nur“ dazu beitragen wollt, dass wir auch weiterhin das „V6“ für uns und andere als wichtige Infrastruktur für Düsseldorf und weit darüber hinaus erhalten können, dann freuen wir uns über jede Einzelspende und jeden Dauerauftrag:

Konto-Inh.: FAU-Düsseldorf
BIC: GENODED1VRR
IBAN: DE25 3506 0386 1112 5200 05
Verwendungszweck:
FAUD und/oder V6

Mehr zum Thema