Nach meiner letztjährigen Griechenlandreise wollte ich im Sommer 2024 wieder vier Wochen in Athen verbringen, um als Volunteer beim Victoria Community Center (VCC) (1) mitzuarbeiten. Als ich Anfang 2024 meine Bewerbung dafür abgeben wollte, musste ich feststellen, dass das nicht mehr möglich war. Es kristallisierte sich heraus, dass One Happy Family (OHF) (2), die das VCC zusammen mit One Drop in the Ocean betreiben, sich aus Mangel an Fördermitteln aus Athen zurückziehen würde und deshalb auch keine Freiwilligen mehr annahm. Ich musste umdisponieren und bewarb mich stattdessen bei Khora (3), von deren sozialer Küche ich über den Berliner Verein Respekt für Griechenland (4) gehört hatte.
Khora Social Kitchen
Khora (deutsch: Land / Ort) ist ein Verein, der Menschen, die „unterwegs“ sind (also Geflüchteten oder Obdachlosen) sowie Einheimischen in Athen gemeinschaftliche Räume anbietet. Dazu gehören drei Projekte: Neben der sozialen Küche in Kypseli gibt es in Exarchia einen Free Shop, der kostenlos Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Decken anbietet, sowie das Asylum Support Team (KAST), das bei Fragen zum Asylverfahren, zur Gesundheitsversorgung unterstützt, bei Behördengängen hilft etc.
Um in der sozialen Küche mitarbeiten zu können, musste ich an einer „Induction“ teilnehmen, einer Einführung, bei der man sich den Khora-Verhaltenskodex durchlesen und ihm zustimmen muss, bei der man aber auch erfährt, dass Khora sich selbst organisiert und wie es sich strukturiert. Ferner benötigte ich ein Gesundheitszertifikat. Dieses wird vom griechischen Staat von allen verlangt, die im öffentlichen Raum mit Lebensmitteln hantieren.
Das Kochen beginnt montags und freitags um 9 Uhr sowie dienstags und mittwochs um 17 Uhr. Das wechselnde Kochteam besteht meistens aus vier bis sechs Personen, eine/r ist der/die Chefkoch/köchin. Es wird nur vegan gekocht. Ich war meistens mit dem Schnibbeln von Gemüse und Salat beschäftigt, viel Arbeit, da alles von Grund auf gekocht wird. Ich bin auch einmal gefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte, hier als Chefkoch zu arbeiten. Das habe ich aber nicht realisiert, da ich mir bei diesen Mengen (z. B. 15 Kilo Reis oder acht Kilo Kichererbsen) unsicher bin, auch wie viele Gewürze man nimmt. Denn meistens werden so zwischen hundert und 200 Essen ausgegeben, was auch riesige Kochtöpfe sowie Kochgeschirr bedeutet.
Das Serviceteam kommt erst später und ist für die Essensausgabe zuständig. Ich war immer im Kochteam aktiv, wobei ich während der anschließenden Essensausgabe ebenfalls anwesend war. Ich habe dann während dieser Zeiten gegessen, mich unterhalten, die Küche geputzt und gelegentlich bei der Essens-ausgabe geholfen.
Zum Essen montags und freitags ab 12 Uhr sowie dienstags und mittwochs ab 20 Uhr kommen überwiegend Leute aus der Nachbarschaft, gelegentlich auch ein paar Geflüchtete. Einige Gäste erscheinen regelmäßig. Manche nehmen ihr Essen in Einwegboxen mit, andere essen hier im Gastraum oder im Innenhof.
Nach einer Woche Volunteering waren mir zwei Punkte aufgefallen, die ich dann für das nächste „Kitchen Meeting“ formulierte.
1.) Mir war aufgefallen, dass die Speisen fast immer ohne Brot angeboten werden. Deswegen habe ich vorgeschlagen, kostenloses Brot vom Vortag aus umliegenden Bäckereien dafür einzusetzen. Auch könnte man es den Gästen zum Mitnehmen anbieten. Der Vorschlag wurde aufgegriffen. Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten hat sich diese Praxis gut eingespielt und wurde von den Gästen gut angenommen.
2.) Wie bekommt man mehr Geflüchtete dazu, unsere Küche als Gast zu besuchen? Diese Idee wurde auch rasch angenommen. Es wurden mehrsprachige Plakate, die für das Essensangebot von Khora und neue Volunteers werben, entworfen. Sie wurden in Kypseli, Exarchia und anderswo aufgehängt.
Es gab bereits vorher Überlegungen bei Khora, mit der sozialen Küche näher Richtung Victoria-Platz bzw. Omonia-Platz umzuziehen, um dort gezielt mehr Geflüchtete bzw. Obdachlose zu erreichen. Als aber kurzfristig die Möglichkeit bestand, bereits Anfang nächsten Jahres umzuziehen, wurde trotzdem zunächst entschieden, am bisherigen Standort zu bleiben. Grund dafür ist, dass man aufgrund von Gentrifizierung befürchtet, keine passenden Räume zu akzeptablen Preisen zu finden, und dass es lange dauern würde, bis man erneut eine funktionierende Küche zur Verfügung hätte.
„Market Runs“
Ein wichtiger Punkt sind die Marktgänge („Market Runs“), die regelmäßig am Dienstag um 15:20 Uhr beginnen und meistens bis zu Beginn der folgenden Kochschicht dauern. Meist waren daran fünf bis acht Personen beteiligt. Man trifft sich an einem Supermarkt, um dort vier Einkaufswagen auszuleihen und damit zu einem nahegelegenen Wochenmarkt zu gehen. Diese Bauernmärkte gibt es überall in Athen. Sie finden, anders als in Deutschland, langgezogen in Straßen statt, die dazu für den entsprechenden Zeitraum für Autos gesperrt sind.
Wir haben bei diesen Aktionen orangene Warnwesten getragen, um als Aktive gegen die Lebensmittelverschwendung für die Bauern erkennbar zu sein. Sie waren von der Initiative Boroume (wir können) (5), mit der Khora eine Kooperation hat. Ziel dieser „non-profit organization“ ist es, im Sinne eines Foodsharings, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und die Unsicherheit bei der Lebensmittelversorgung zu verringern. Auf den Warnwesten steht deshalb auch auf dem Rücken „Keine Portion Lebensmittel verschwendet“. Wir klapperten also in kleinen Gruppen mehrmals den Wochenmarkt ab, und da es Richtung Marktende zuging, gaben uns relativ viele Bauern ihr Obst und Gemüse. Es wurde für diese Aktionen immer jemand gefunden, der mit seinem „Tuktuk“ (ein kleiner dreirädriger Peggagio) abschließend gekommen ist, um unser gesammeltes Obst und Gemüse zu Khora zu transportieren. Meistens war er damit gut gefüllt, manchmal musste er auch zweimal fahren.
Diese Aktionen sind auch nötig, um die Kosten von Khora für die Lebensmittel niedrig zu halten. Damit wurde dann bis zur nächsten Aktion gekocht. Meistens hatten wir aber so reichlich gesammelt, insbesondere Obst, so dass wir dieses im Innenhof von Khora zum Mitnehmen für unsere Gäste auslegten. Durch das, was die Bauern uns kostenlos geben (und damit indirekt die Jahreszeit), wird der Speiseplan ziemlich vorgegeben, z. B. oft griechischer Salat mit Tomaten, Paprika, Gurken und Zwiebeln.
Durch diese „Market Runs“ bin ich mit einigen Chortas in Berührung gekommen, und habe dadurch auch gelernt, wie man sie zubereitet. Zu dieser Jahreszeit waren das Vlíta, das Spinat ähnelt und auch genauso zubereitet werden kann: in Wasser kochen und mit Knoblauch, Olivenöl und Zitrone servieren. Sowie Almyra, das auch als Chorta des Meeres bezeichnet wird, da es am Strand wächst und dadurch den Vorteil hat, dass es schon von sich aus salzig genug ist. Bei Almyra werden die Blätter vom harten rötlichen Stiel gelöst, sodann kann es mit Knoblauch in Olivenöl gebraten werden, unter Zugabe von Zitronensaft, oder auch gekocht.
Victoria Community Center
Das VCC ist von Montag bis Freitag von 10:30 bis 17:30 Uhr geöffnet. Im unteren Geschoss sowie im kleinen Außenbereich (Innenhof) steht ein Café für alle zur Verfügung. Hierher kommen überwiegend Geflüchtete. Am Empfang bekommt jeder Gast einen Gutschein für ein heißes Getränk. Außerdem können hier Bons für die insgesamt 200 Essen, die jeden Mittag ausgegeben werden, abgeholt werden. Dreimal pro Woche wird das Essen vom Saffron Kitchen Project (SKP) (6) geliefert, die auch das Café im VCC betreiben, und zweimal von Armonia Kitchen (7). Wenn keine dieser Küchen geöffnet hat, wird bei Khora angefragt. Während meiner Zeit ist das einmal passiert. Um neben unserer normalen Essensausgabe auch 200 zusätzliche Mahlzeiten bereitstellen zu können, war ein weiterer „Market Run“ sowie eine zusätzliche Koch-Schicht zur Vorbereitung am Vortag notwendig.
In den Sommermonaten kann es vorkommen, dass im VCC zu wenige Volunteers verfügbar sind. Auch in einem solchen Fall wird von Badr, der aus dem Irak stammt und der Café-Koordinator bei SKP ist, bei Khora angefragt. Ich habe wegen solch einer Anfrage an zwei Tagen Anfang September im Café von VCC mitgearbeitet. Das Café wird von Ahmad(reza) vom SKP, einem Iraner, geführt. Insgesamt wird das Café von drei bis fünf Volunteers betrieben. Nicht nur Badr und Ahmad, sondern auch manche dieser Volunteers sind ehemalige Geflüchtete. Ausgeschenkt wird Nescafé, Frappé, schwarzer und grüner Tee. Ab 13 Uhr werden die 200 Boxen mit den Mahlzeiten angeliefert und sogleich ausgeteilt.
Squats in Athen
Da man im Vorhinein nie weiß, wie viele Leute zum Essen bei Khora kommen, bleiben gelegentlich Portionen übrig. Diese sogenannten „Leftovers“ werden manchmal an Obdachlose am Omonia-Platz verteilt. Häufiger aber an Squats. Squats, also besetzte Häuser, gibt es noch einige in Athen. (8) Durch die Beziehungen zu Khora bin ich mit zweien dieser Squats in Kontakt gekommen.
Im Haus Nr. 26 in der Navarchou Notora, das seit 2015 besetzt ist (9), habe ich eine Frau aus dem Kongo besucht, die seit fünf Monaten hier mit ihren fünf Kindern lebt. Die Unterhaltung mit ihr war schwierig, da sie nur Französisch mit starkem Dialekt spricht. Wir versuchten es mit einem Übersetzungsprogramm. In diesem Squat leben 70 Menschen, überwiegend Geflüchtete. Ich habe hier einige gesehen, alles Schwarze Frauen mit ihren kleinen Kindern. Die Frau aus dem Kongo meinte, dass sie sich hier verloren fühlt. Aber als Frau mit fünf Kindern kann sie schlecht in ein anderes Land weggehen.
Zweimal besuchte ich Prosfygika (Flüchtling) (10) im Stadtteil Gyzi. Prosfygika ist eine alte Siedlung aus den 1930er Jahren, die damals für Geflüchtete aus Kleinasien (aufgrund der Kleinasiatischen Katastrophe 1922/23) gebaut worden ist. Sie besteht aus acht Häuserzeilen. Die Häuser sehen alt und mitgenommen aus. Der beige Verputz ist teils dunkel und an vielen Stellen abgeplatzt. Die Balkone wirken so, als würden sie jeden Moment abbrechen. In einem der Häuser ist die Flüchtlingsbäckerei von Prosfygika untergebracht. Ich unterhielt mich mit Hussein, der aus der Türkei über Mytilini hierher geflohen ist, und hier backt. Er zeigte mir die kleine Bäckerei. Sie backen hier überwiegend für die BewohnerInnen von Prosfygika jeden Tag etwa 40 bis 50 Weißbrote, sowie Brötchen und Gebäck. Wenn ich Interesse habe, soll ich doch an einem Donnerstag zum gemeinsamen Essen bei Prosfygika kommen. (11)
Am nächsten Donnerstag war ich in der Trichonidos 8, oben im zweiten Stock. Hier trifft sich die Community von Prosfygika zum gemeinsamen Essen. Es ist eine öffentliche Veranstaltung, ich war an diesem Tag aber der einzige externe Gast. Ich habe bei dem reichlichen Mahl gerne mitgegessen. Es gab neben einigen Fleischgerichten auch viel Vegetarisches und Veganes. Ich unterhielt mich zwischendrin und danach mit einigen Leuten, etwa vierzig waren an dem Tag hier, inklusive Hussein. Ja, sie haben Angst, dass ihr Squat geräumt wird, aber „we fight and defend“. Die Polizei taucht hier regelmäßig auf, aber bis jetzt haben sie sich immer noch dagegen wehren können. Das Squat gibt es seit 14 Jahren. In der Siedlung wohnen 400 Menschen, 300 im besetzten Teil und hundert legal, nämlich als Eigentümer oder Mieter. Prosfygika ist keine NGO, alles ist selbstorganisiert, alle sind „equal“. Es leben hier auch viele Geflüchtete. Sie haben zahlreiche Strukturen gebildet: Neben der Bäckerei gibt es z. B. Frauenstrukturen, ein Kino, das Donnerstagabends Filme zeigt, ein Café zum Kommunizieren, das donnerstags, samstags und sonntags ab 19 Uhr geöffnet ist.
Einen Tag später traf ich mich mit einer griechischen Freundin. Sie erzählte, dass sie selbst zehn Jahre in Prosfygika gewohnt hat. Es war ihre erste Wohnung in Athen (als Mieterin), bevor sie sich eine Eigentumswohnung in Exarchia gekauft hat. Sie berichtete davon, dass es bereits einen Angriff der Polizei auf dieses Squat gegeben hat. Interessant an diesen alten Häusern ist ihr Bauhausstil, auch die Treppenhäuser sind in diesem Stil gehalten.
Obwohl ich schon oft in Athen gewesen bin, war mir vor dieser Reise Prosfygika nicht bekannt, obwohl es eine Reihe von deutschsprachigen Berichten darüber gibt. (12) Beachtenswert ist, dass das Squat Prosfygika symbolisch, aber auch praktisch eine Brücke schlägt zwischen den Geflüchteten von 1922/23 und den von heute. Denn diese Siedlung wurde damals für Flüchtlinge gebaut, und wird heute, einhundert Jahre später, wieder von Flüchtlingen bewohnt.
Weitere soziale Küchen
Bei meinen Recherchen im Internet während meines Athen-Aufenthalts bin ich auf eine interessante Broschüre gestoßen: „Brochure with Basic Info for Athens“ der Gruppe Solidarity with Migrants (13). In der Rubrik über „Autonomous Structures“ werden auch die beiden von mir besuchten Squats aufgeführt. Die Broschüre beinhaltet Adressen für unterschiedliche Themenbereiche, die für Geflüchtete wichtig sind. In der Rubrik „Cooked Food“ werden neben der Khora Kitchen noch weitere soziale Küchen erwähnt, von denen ich mir drei näher angeschaut habe: Solidarity Kitchen K*VOX, Collective Kitchen El Chef und das Saffron Kitchen Project. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Liste nicht vollständig ist und nicht alle angegebenen Termine aktuell sind.
K*VOX, das „Besetzte Sozialzentrum“, ist in einem Eckhaus direkt am kleinen, dreieckigen Exarchia-Platz untergebracht. Es wurde 2012 besetzt. (14) Hierzu soll es eine soziale Küche geben, die laut der „Brochure with Basic Info for Athens“ werktags um 13 Uhr Essen ausgibt. Als ich an einem Dienstag Mittag dort vorbeischaute, waren aber alle Rollladen geschlossen.
Die Collective Kitchen El Chef ist in der Tsamadou 15 untergebracht, in einer schmalen verkehrsberuhigten Straße am Exarchia-Platz. Sie liegt direkt neben dem Diktio Metanaston – einem Netzwerk zur Unterstützung von Flüchtlingen und Migrant*innen in der Tsamadou 13. Zu Diktio gehört das Steki Metanaston (Soziales Zentrum für Migranten) im gleichen Haus. Und in diesem Steki hat das Küchenkollektiv El Chef 2008 angefangen, zu kochen. (15)
Am darauffolgenden Mittwoch habe ich El Chef besucht. Ein paar Leute aus der Nachbarschaft warteten bereits. Das Essen wird an der Tür zum Mitnehmen ausgegeben. Ich wartete, bis der Andrang vorbei war, und sprach dann den jungen Mann an, der das Essen ausgeteilt hat. Sie haben nach der Sommerpause erst diese Woche wieder aufgemacht, weshalb der Andrang noch gering ist. Sonst geben sie meistens 100 bis 120 Mahlzeiten pro Tag aus. Im El Chef wird Montag bis Mittwoch sowie Freitag und Samstag von zehn bis 13 Uhr von Freiwilligen gekocht. Ich fragte bei dieser Gelegenheit auch, was mit K*VOX sei. Ja, es wird dort Essen ausgegeben, aber nur donnerstags und sonntags. Somit gibt es im Zentrum von Exarchia an jedem Wochentag ein Essensangebot.
Am gleichen Tag war ich um 15 Uhr in der Ithakis vor Haus Nummer 29 in Kypseli. In diesem prachtvollen, alten Gebäude sind das ANKAA Project, ein soziales Unternehmen, das griechische Sprachkurse, Nähkurse und kreative Workshops für Migrant*innen und von Arbeitslosigkeit Betroffene anbietet (16), sowie das Saffron Kitchen Project untergebracht. Es warteten bereits einige Leute auf dem Bürgersteig. Drei Personen, die auch regelmäßig zum Essen zu Khora gehen, begrüßten mich und wir unterhielten uns. Unter den Wartenden auch ein paar Geflüchtete. Nachdem sich der erste Andrang etwas gelegt hatte, ging ich hinein, sprach am Empfang mit einer Frau vom ANKAA Project. Ich fragte mich durch, und so kam ich ins Gespräch mit Stella, die Project-Managerin bei SKP ist. Sie kochen hier im Gebäude wochentags 400 bis 450 Mahlzeiten pro Tag. 60 Portionen werden direkt von Bedürftigen hier abgeholt, 200 Portionen gehen, wie bereits erwähnt, an VCC, der Rest geht auch an andere Organisationen.
Wie ich aktuell erfahren habe, wird das Café im VCC nicht länger vom SKP betrieben. Der Grund ist genereller Natur: Die meisten kleineren Organisationen in Athen haben Probleme mit finanziellen Mitteln und damit, genügend Volunteers zu finden. Diese Aufgabe wird deshalb übergangsweise von Glocal Roots (17) übernommen. In Folge wird SKP auch nicht mehr die 200 Mahlzeiten ans VCC liefern. Hier möchte man bei Khora einspringen, und zunächst an zwei Tagen in der Woche mittags auf dem Victoria-Platz Essen für Geflüchtete, Obdachlose etc. anbieten.
An einem Freitag Abend bin ich in den selbstverwalteten Navarino-Park in Exarchia gegangen. Die Prosfygika Kitchen Crew hatte zu einem Solidaritäts-Event eingeladen, bei dem sie Geld für ihr soziales Küchenprojekt sammeln wollte. Dazu war eine Art Open-Air-Bar geöffnet. Auch entsprechende T-Shirts wurden zum Kauf angeboten. Zirka 15 junge Menschen dieser Kochgruppe sowie einige Gäste waren dort. Ich unterhielt mich mit Georgios von der Kochgruppe. Sie bereiten auch die Mahlzeiten zu für das gemeinschaftliche Essen bei Prosfygika, an dem ich ja einmal teilgenommen hatte. Die Kochgruppe besteht seit vier bis fünf Jahren aus rund 20 Leuten. Sie kochen Montag bis Freitag, und bieten das Essen am Kiosk am Boulevard Alexandras, direkt neben der Siedlung Prosfygika, an. Außerdem fahren sie durch sechs Athener Stadtteile, um Essen an „homeless people“ zu verteilen. Sie gehen jeden Samstag auf einen Wochenmarkt, um kostenlos Gemüse und Obst einzusammeln.
Fazit
Die sozialen Küchen in Athen bzw. in ganz Griechenland haben eine große Bedeutung. Das liegt daran, dass weite Teile der griechischen Gesellschaft seit der Krise ab 2011 verarmt sind und dass es zahlreiche Geflüchtete gibt, die nicht oder nicht ausreichend von staatlichen Stellen unterstützt werden. Es gibt sie in weit größerer Zahl als z. B. in Deutschland. Dort gibt es zwar auch Unterstützung für bedürftige Menschen in Form von Essenstafeln oder Foodsharing. Wenn bei uns warme Mahlzeiten kostenlos angeboten werden, dann richtet sich das aber meistens an spezielle Personengruppen, wie nur für Geflüchtete, nur für Obdachlose, und nicht an alle, die „in need“ sind.
Als etwas Vergleichbares in Deutschland fällt mir nur die ada kantine (18) ein, die in den Räumen der ehemaligen „Akademie der Arbeit“ auf dem alten Uni-Campus in Frankfurt-Bockenheim untergebracht ist, eine solidarische Küche, in der aus politischer Überzeugung vegan/vegetarisch gekocht wird, und die allen Menschen auf Spendenbasis offensteht. Auch den sozialen Küchen in Athen ist Solidarität mit den am Rande der Gesellschaft stehenden bzw. verdrängten Menschen wichtig, ihre Motivation ist mehrheitlich (links)politisch.
(1) www.victoriacc.gr
(2) ohf-lesvos.org/de/willkommen
(3) khoracollective.org
(4) respekt-für-griechenland.de
(5) Siehe: sharecity.ie/thank-you-athens-food-sharers und www.boroume.gr/en
(6) www.saffronkitchenproject.org
(7) projectarmonia.org
(8) Auf der Webseite radar.squat.net/en/groups/country/GR/squated/squat/country/GR kann man sich einen Überblick über alle Squats in Griechenland verschaffen, darunter 14 in Athen.
(9) en.squat.net/tag/notara-26 und radar.squat.net/en/athina/notara-26-notara-26
(10) network23.org/prosfygika-community/prosfygika-welcome, en.wikipedia.org/wiki/Prosfygika_of_Alexandras_avenue
(11) Die Einladung steht auch öffentlich unter network23.org/prosfygika-community/prosfygika-welcome
(12) Z. B. taz.de/Im-groessten-Squat-Athens/
!5237295,
www.akweb.de/bewegung/groesste-besetzung-griechenlands-squad-prosfygika-athen,
emrawi.org/?Defend-Prosfygika-Solidarity-will-win-2402,
www.frankfurter-info.org/termine/community-of-squatted-prosfygika-selbst-organisierte-nachbarschaft-in-athen
(13) migranti-org.net/wp-content/uploads/2024/03/Brochure_SolidarityWithMigrants_v1_2024.pdf
(14) Siehe: rouvikonas.gr/kvox, enallaktikos.gr/kd/kateilimmeno-koinoniko-kentro-k-vox. K*VOX gehört also zu den Squats, ist deshalb auch in der Liste unter radar.squat.net/en/groups/country/GR/squated/squat/country/GR aufgeführt.
(15) Siehe: www.facebook.com/elchef.gr, www.firefund.net/elchef. Auch die Häuser Tsamadou 13 & 15 sind in der Liste unter radar.squat.net/en/groups/country/GR/squated/squat/country/GR als Squats aufgeführt.
(16) www.ankaaproject.org
(17) glocalroots.org/de
(18) ada-kantine.org