es wird ein lachen sein

Der Widerstand gegen Trump ist allgegenwärtig

Einblick in die ersten 50 Tage der Massenproteste

| Rivera Sun

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Über 100.000 Menschen demonstrierten am 5. April 2025 in Manhattan mit einem Meer von Schildern gegen Trump, Oligarchen und Faschisten: „Hands Off!“ Foto: Ed Hedemann / NYC War Resisters League

Die preisgekrönte Autorin Rivera Sun ist eine visionäre Schriftstellerin, deren Werk Leser*innen jeden Alters aufrüttelt. Die folgende Analyse dieser US-amerikanischen Graswurzelrevolutionärin wurde am 18. März 2025 im amerikanischen Original von Waging Nonviolence veröffentlicht (1) und von GWR-Mitherausgeberin Helga Weber-Zucht ins Deutsche übersetzt. Wir veröffentlichen diesen Mut machenden Artikel in einer redigierten, leicht gekürzten Version. (GWR-Red.)

Von Massenverweigerungen über Boykotte bis hin zu Streiks – normale Amerikaner*innen wehren sich mutig gegen die US-Regierung. Die Aktionen sind vielfältig, multiplizieren sich – und zeigen bereits Wirkung.
Es waren sechs lange Wochen, seit Donald Trump zwischen einer Art Nazigruß und einem Maschinengewehrfeuer von 89 Dekreten in sein Amt eingeführt wurde. Seitdem kämpfen wir um unser Leben, unser Land und unsere Welt.
Von Boykotten über Massenverweigerung bis zu Straßendemonstrationen – die Reaktion auf die Politik der Trump-Regierung bestand aus einer beeindruckenden Bandbreite gewaltfreier Taktiken.
Es geht nicht nur um empörte Proteste: Menschen vereiteln Razzien, verweigern ungerechte Befehle, bleiben standhaft gegenüber politischer Schikane und gehen Risiken ein, um das Richtige zu tun. Der Widerstand ist vielfältig, vielschichtig und temperamentvoll – und einiges davon funktioniert. Er hat Trump gezwungen, seinen Kurs zu ändern oder bei zahlreichen Punkten auf die Bremse zu treten, darunter sein ursprünglicher Plan für 25-prozentige Zölle, das Einfrieren der Finanzmittel, Abfindungen und Entlassungen für Bundesbedienstete (von USDA- und CFPB) und vieles mehr.
Obwohl die Regierung eine Flut ungerechter Maßnahmen ergriffen hat, zeigen Hunderttausende von Menschen, die aktiv werden, dass Widerstand nicht zwecklos ist. Im Gegenteil, er könnte entscheidend sein. Falls Ihre Freunde in Resignation versinken und sich fragen, ob Protestieren überhaupt Sinn macht, finden Sie hier einen Überblick über den Umfang des Widerstands – und warum es einen Unterschied macht, wenn sie mitmachen.

Erste Schritte des Widerstands

Am Tag der Amtseinführung herrschte im ganzen Land eine Atmosphäre aus erdrückender Angst. Doch die mutige Pfarrerin Mariann Budde, die erste Bischöfin der Episkopalkirche von Washington, D.C. – durchbrach dieses Entsetzen beim Eröffnungsgottesdienst, indem sie ein direktes Plädoyer für Mitgefühl mit Migrant*innen, Flüchtlingen und der LGBTQ+-Gemeinschaft hielt.
Buddes offener Widerstand – direkt in Trumps Gesicht, der in der ersten Reihe saß, mit seinen milliardenschweren Unterstützern direkt hinter ihm – löste eine Flut öffentlicher Zuversicht aus. Während Trump 89 Verordnungen gegen die DEIA-Politik, die Klimaforschung, Transgender-Rechte und mehr unterzeichnete, begannen die Menschen, in den sozialen Medien alarmierte Kommentare zu posten.
Bei den Aktionen vor Ort schien jedoch eine gewisse Zurückhaltung vorzuherrschen, auf die Straße zu gehen. Kundgebungen des People’s March fanden an 200 Orten im ganzen Land statt, darunter 100.000 Menschen in Washington, D.C., doch die Teilnehmer*innenzahl lag nur bei einem Bruchteil der Rekordzahl von 2017. Was hinzukam, als die ersten 50501-Proteste angekündigt wurden, – ein Aufruf zu 50 Protesten in 50 Bundesstaaten am 5. Februar – es wurde von vielen Aktivist*innen in den sozialen Medien davor gewarnt, daran teilzunehmen. Sie befürchteten Razzien, Gewalt von Trump-Anhängern und ein das Kriegsrecht provozierendes Chaos.
Glücklicherweise gingen trotzdem Tausende in vielen Städten in 47 Bundesstaaten auf die Straße und errangen so einen wichtigen frühen Sieg gegen die Angst.

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Widerstand gegen Trumpismus in New York – Foto: Ed Hedemann / NYC War Resisters League

 

Eine weitere Reihe früher Kampagnen, die die Menschen von der Sorge ins Handeln brachte, waren die Anstrengungen, die Spitzel-Hotlines zu überschwemmen (von der Bundesregierung eingerichtete Hotlines und E-Mail-Adressen, um Berichte über Verstöße gegen Trumps Anordnungen entgegen zu nehmen). Diese relativ ungefährlichen Aktionen boten eine Mischung aus Empörung und Genugtuung, Systeme zu überlasten, die gegen Migrant*innen, queere und transsexuelle Personen sowie DEIA-Richtlinien gerichtet waren. Die Jobbörse von Elon Musks Department of Gouvernement Efficiency (DOGE) wurde ein weiteres beliebtes Angriffsziel. Jede eingereichte schräge Antwort – wie das Drehbuch zu „The Bee Movie“ oder eine Nachricht von Dagobert Duck –, ermutigte durch Humor und Trotzreaktion zu weiterem Widerstand.

ICE-Razzien vereiteln

In der ersten Woche von Trumps zweiter Präsidentschaft begannen landesweit Razzien der Einwanderungsbehörde (ICE), um Millionen Migrant*innen ohne Aufenthaltspapiere festzunehmen und abzuschieben. Migrantische Gemeinschaften hatten sich monatelang auf diesen Ansturm vorbereitet. Im Rückgriff auf Jahrzehnte alte Widerstandsstrategien bereiteten einige Unternehmen Fluchtwege durch Hintertüren oder private Bereiche vor, die der ICE laut Gesetz nicht betreten durfte. In Kalifornien blieben Außendienstmitarbeiter*innen zu Hause und streikten, um den Agenten zu entgehen, so dass bis zu 75 bis 85 % der Belegschaft fehlten.
In Schulbezirken wie Los Angeles verweigerten Lehrer*innen den Beamt*innen den Zutritt auf das Schulgelände und Schü-ler*innen erschienen aus Protest gegen die Razzien der ICE fünf Tage lang nicht im Unterricht. Auch in Bakersfield, Sacramento und Redwood City kam es zu Schüler*innenstreiks.
Zufluchtsstädte wie Chicago lehnten jegliche Zusammenarbeit mit der ICE ab. Kirchen verteidigten ihr historisches Recht, Unterdrückten Schutz zu bieten. Unterdessen kam es im Rahmen der Initiative „Day Without Immigrants“ (Tag ohne Einwanderer) – einem koordinierten Aktionstag gegen unfaire Einwanderungspolitik und Abschiebungen – in 120 Städten in 40 Bundesstaaten zu Streiks und Arbeitsniederlegungen. In Los Angeles blockierten Tausende aus Protest gegen Abschiebungen eine wichtige Autobahn. Ähnliche Proteste fanden in San Diego, Dallas, Houston und Olympia statt.
Der Widerstand gegen Massenabschiebungen reichte auch über die Grenzen der USA hinaus. In Kolumbien, Mexiko, Brasilien und Honduras gab es koordinierten Widerstand. Papst Franziskus schrieb einen energischen Brief an die US-Bischöfe, in dem er Trumps Pläne für Massenabschiebungen sowie Vizepräsident Vances Berufung auf die katholische Theologie zur Rechtfertigung des harten Vorgehens verurteilte. Sogar die Steuerbehörde IRS verweigerte die Aushändigung persönlicher Daten von 700.000 Personen, während das Heimatschutzministerium versuchte, die Adressen von Einwanderern ohne Papiere herauszufinden. Es kam zu zahlreichen „Kenn-Deine-Rechte“-Trainings, in denen Tausende darin geschult wurden, wie sie Agenten an der Tür aufhalten können. Dies war so effektiv, dass Tom Homan, Trumps sogenannter Grenz-Zar, sich beschwerte, die juristischen Schulungen würden Abschiebungen „sehr erschweren“.
Die Razzien der Einwanderungsbehörde waren ein erschreckendes Zeichen dafür, dass Trump 2.0 fest entschlossen ist, einige seiner grausamen Versprechen wahrzumachen. Der Widerstand dagegen sendet eine klare Botschaft: Nur weil er etwas tun will, heißt das nicht, dass wir ihn lassen. Der anhaltende Widerstand gegen die Einwanderungsbehörde ICE war – und ist – eine der kühnsten und umfassendsten Kampagnen zur Verweigerung der Zusammenarbeit, die die USA seit langem erlebt haben.
Doch dieser bemerkenswerte Widerstand ist nur ein Teil der außergewöhnlichen Reaktion, die sich gegen die Politik aus dem Oval Office richtete.

Alarm bei DOGE und Musk

Eine der schädlichsten Anordnungen, die Trump am ersten Tag unterzeichnete, war die Gründung von DOGE. Unter der Leitung des nicht gewählten Tech-Milliardärs Elon Musk wütete dieses undurchsichtige Quasi-Ministerium in den Bundesbehörden, forderte illegal Informations- und Datenzugriff, entließ Bundesangestellte, kürzte Budgets, fror Hilfsgelder ein und verschickte aggressive Befehle über das Office of Personell Management. DOGE und Musk sind zum Symbol für die Herzlosigkeit, Korruption, Lügen und häufige Inkompetenz der Trump-Regierung geworden.
Als DOGE Behörden angriff, kam es überall zu entsprechenden Gehorsamsverweigerungen und kreativen Protestaktionen – von den Zwischenrufern und der Halbzeitshow des Super Bowl, die Trump zur vorzeitigen Abreise zwangen, bis hin zu Tausenden von Protestierenden in Vermont, wegen denen Vance ohne Skifahren nach Hause eilte. Menschen hängten vor dem Außenministerium und vor Nationalparks verkehrt herum Flaggen auf, unter anderem vom Gipfel des El Capitan im Yosemite-Nationalpark. Das Hackerkollektiv Anonymous drang in die Fernsehbildschirme des US-Ministeriums für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in Washington ein und veröffentlichte ein KI-Video, das Trump beim Lecken von Musks Füßen zeigt. Menschen besuchten den Trump Tower in New York City, um Selfies mit erhobenem Mittelfinger zu machen.
Mehrmals pro Woche finden große Proteste zu verschiedenen Themen statt, darunter „50501“, „Tesla Takedown“, „People’s Marches“, „No Kings On Presidents Day“, „Save Our Services“, „Stand Up For Science“ und „Nationalpark-Proteste“. Tausende Menschen versammeln sich an hunderten Orten in den gesamten Vereinigten Staaten. (Sehen Sie sich die kürzlich gestartete Resist List auf https://choosedemocracy.us/resist-list an, die soziale Medien nutzt, um diese Geschichten zu sammeln und zu teilen, von denen viele nicht in die Mainstream-Nachrichten gelangen.)
In Washington versammelten sich unterdessen Gewerkschaften vor dem Arbeitsministerium, und über 1.000 Menschen protestierten vor dem US-Finanzministerium. Hunderte, darunter demokratische Abgeordnete, schlossen sich der Blockade und Demonstration vor den geschlossenen USAID-Büros an. In den Gebäuden errichteten zahlreiche Beamt*innen Blockaden gegen DOGEs Kontrollbemühungen. Der Generalinspekteur des USDA weigerte sich zurückzutreten und wurde des Gebäudes verwiesen. Beamte des Finanzministeriums weigerten sich so lange wie möglich, den Datenzugriff freizugeben, schlugen dann aber Alarm, was eine Bundesklage auslöste, um die Übernahme zu stoppen. Als der US Digital Service in DOGE aufging, kündigten 21 Tech-Mitarbeiter*innen aus Protest und unterzeichneten eine Erklärung, in der sie warnten, dass es bei diesem Amoklauf nicht um Effizienz, sondern um Zerstörung gehe.

Diese Aktionen hielten das DOGE selten lange auf, aber sie machten bekannt, was vor sich ging und veranlassten die Bundesgerichte, einstweilige Verfügungen zu erlassen und entsprechende Klagen im Schnellverfahren zu bearbeiten. Die Maßnahmen der Richter sind zur stärksten institutionellen Verteidigungslinie geworden. Sie blockierten (zumindest vorübergehend) das Einfrieren der Bundesmittel, Änderungen von Finanzdaten, Angriffe auf die Staatsbürgerschaft als Geburtsrecht, Anordnungen zur Verlegung von inhaftierten trans-Frauen in Männertrakte, das Verbot geschlechtsangleichender Pflege, Kürzungen der Forschungsgelder der Bundes-Gesundheits-Institutionen und die Frist für die Trump-Musk-Abfindungsverträge für Bundesangestellte. Unter Berufung auf den ersten Verfassungszusatz erließ ein Bundesrichter außerdem eine einstweilige Verfügung zu Teilen von Trumps Anti-DEIA-Verordnung. Außerdem wurde die Trump-Regierung angewiesen, zwei Milliarden Dollar an ausgesetzten USAID-Mitteln für bereits abgeschlossene Arbeiten freizugeben. Viele weitere Fälle sind noch anhängig.
Auch wenn Trump und Musk gegen einige Aspekte bestimmter Urteile verstoßen, bilden die einstweiligen Verfügungen eine klare Bilanz der Gesetzlosigkeit, die die Glaubwürdigkeit der Regierung untergräbt und den Boden für künftige rechtliche Konsequenzen bereitet. Sie beweisen, dass diese Regierung nicht normal ist und dass man ihr widerstehen – und sie beenden – muss.
Es ist auch erwähnenswert, dass es ein bedeutender Sieg für unsere Bewegungen gewesen wäre, wenn wir diese einstweiligen Verfügungen für irgendeines dieser Themen vor diesem Jahr erreicht hätten. Dies sind keine normalen Zeiten. Tag für Tag leisten normale Amerikaner*innen Unmögliches und nehmen dabei kaum wahr, was der Widerstand der Bevölkerung bereits in Angriff genommen und geleistet hat.

In wenigen Wochen entwickelte sich aus lähmender Angst ein breiter Protest. Die Widerstandsbewegung mobilisierte wiederholt Zehntausende. Sie hat die Regierung veranlasst, eine lange Liste ihrer Politik zurückzunehmen und zu stoppen. In den nächsten Monaten kann der Widerstand auf diesen Erfolgen aufbauen und das Unmögliche wagen.

Trump ist nicht unbesiegbar. Der Widerstand zwang ihn z.B., sein eigenmächtiges Memo zur Einfrierung von Bundesmitteln zurückzunehmen, von seinem ursprünglichen Zollplan abzurücken und sich während einer 30-tägigen Pause mit geringfügigen Zugeständnissen zufrieden zu geben. Trump musste seinen Stellenabbau beim National Park Service und dem Consumer Finance Protection Bureau, bei den Mitarbeitern des USDA zur Bekämpfung der Vogelgrippe und bei den öffentlichen Energieversorgern zurücknehmen. Er stellte zudem einige Wissenschaftler*innen der CDC, Mitarbeiter*innen der nuklearen Sicherheit und der EPA sowie 6.000 USDA-Mitarbeiter wieder ein. Darüber hinaus war er gezwungen, die Rechtshilfe für in Internierungslagern festgehaltene Migrant*innenenkinder sowie die Finanzierung eines Programms für Überlebende der Anschläge vom 11. September wieder aufzunehmen.

Gehorche nicht im Voraus

Was die Proteste so wirkungsvoll macht, ist die Kombination von Aktionen der Verweigerung des Gehorsams und der Zusammenarbeit – einige der wirksamsten Mittel des gewaltlosen Kampfes. Proteste können zwar die Bevölkerung mobilisieren, Alarm schlagen und ihre Unterstützer*innen zum Handeln bewegen, sind aber allein selten stark genug, um Entscheidungsträger*innen zu einem Kurswechsel zu bewegen. Andererseits haben Gehorsamsverweigerung, Missachtung ungerechter Anordnungen, Boykotte, Streiks und Arbeitsniederlegungen sowohl unmittelbare als auch langfristige Auswirkungen, die die Kosten der Aufrechterhaltung der verwerflichen Politik erhöhen. Wir beobachten einen deutlichen Anstieg dieser Taktiken, insbesondere unter Bundesbediensteten.

Wir sind stärker als wir denken

Am ersten Tag versuchte Elon Musk, Bundesangestellte mit einem Abfindungsangebot zur freiwilligen Kündigung zu bewegen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Die Angestellten fühlten sich durch seine Drohung beleidigt. Empörte Aktivist*innen, Gewerkschaften und Politiker*innen forderten die Angestellten auf, dieses möglicherweise illegale Angebot nicht anzunehmen. Auf Reddit reagierten Bundesangestellte mit Aussagen wie: „Ehrlich gesagt, bevor diese E-Mail rausging, habe ich nach einem Ausweg aus dieser neuen Hölle gesucht. Aber jetzt bin ich heiß drauf, diese Schläger so weit wie möglich zu frustrieren, RTO hin oder her. Bleibt standhaft!“
Dies führte zu einer Strategie des Bleibens und Trotzens, bei der die Arbeiter*innen nicht kündigten, sondern von innen Widerstand leisteten, bis sie entlassen werden. Zahlreiche Gruppen verteilten Leitfäden zum Widerstand, die den Menschen zeigten, wie sie die Zusammenarbeit verweigern und ungerechte Gesetze oder Richtlinien missachten konnten. „Gehorche nicht im Voraus“ wurde zu einer viel zitierten Strategie, die aus dem Buch „On Tyranny“ des Autoritarismusexperten Timothy Snyder stammt. Von Gouverneuren, die die Inklusion von Transsexuellen unterstützen bis hin zu Schulen, die DEI-Initiativen durchführen, gibt es einen wachsenden Trend, freiwillige Einhaltung von Gesetzen abzulehnen und mit Trotz zu beginnen – und so die Verwaltung zu zwingen, Zeit, Geld und Mühe aufzuwenden, um ihre Politik durchzusetzen.
Eines der dramatischsten Beispiele hierfür war, als Elon Musk alle 2,4 Millionen Bundesbediensteten aufforderte, eine E-Mail mit der Auflistung „5 Dinge, die Sie diese Woche getan haben“ an das Personalamt zu schicken, da sie sonst ihre Entlassung riskieren würden.
Der Pressesprecher des Weißen Hauses behauptete zwar, rund eine Million Bundesangestellte seien der Aufforderung nachgekommen, doch diese Zahl wurde nicht verifiziert und enthielt wahrscheinlich auch Protestbotschaften. Selbst wenn man das für bare Münze nimmt, ist es wahrscheinlich, dass 60 Prozent der 2,4 Millionen zivilen Bundesangestellten sich rundweg weigerten, was dies zu einem der größten Akte der Massenverweigerung in der Geschichte der USA macht.
Dieses Gefühl direkter Macht ist attraktiv – und das nicht nur für Bundesbedienstete. Boykotte und wirtschaftlicher Widerstand erfreuen sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit.
Eine der bisher erfolgreichsten Kampagnen des wirtschaftlichen Widerstands war Tesla Takedown. Nachdem Musk bei Trumps Amtseinführung einen Nazigruß gezeigt hatte, benannte das Internet seine Fahrzeuge in #swasticars (Hakenkreuzautos). Tesla Takedown baute auf dieser brennenden Abneigung gegen Musk auf und kanalisierte sie in eine robuste, koordinierte Anstrengung, um die Tesla-Aktien und -Umsätze in den Keller zu schicken. Mit Desinvestitionsbemühungen und Protesten vor Tesla-Läden mobilisierte die Kampagne Tausende Menschen in den USA und im Ausland, um Musks wichtigste Einnahmequelle zu zerstören. Ihre Anstrengungen zeigen Wirkung. Die Tesla-Aktie brach im Februar 2025 um 28 Prozent ein, und die Umsätze gingen in den USA um 8 bis 12 Prozent zurück, in Europa um 45 Prozent, in Australien um 70 Prozent und in China um 49 Prozent. Musk verlor außerdem – nach massiven Aufschreien gegen die Bevorzugung – einen 400-Millionen-Dollar-Vertrag mit der US-Bundesregierung über gepanzerte Fahrzeuge. Die Kampagne sendet eine wichtige Botschaft an alle Milliardäre: Finger weg, sonst kommt es Euch teuer zu stehen.
Andere Kampagnen des wirtschaftlichen Widerstands nehmen Megakonzerne ins Visier, insbesondere jene, die ihre DEI-Richtlinien rückgängig gemacht oder sich mit der Trump-Regierung verbündet haben. Im Januar und Februar haben über 25 Prozent aller US-Bürger*innen eine oder mehrere ihrer Lieblingsmarken aus politischen Gründen aufgegeben, wobei der Trend eher in Richtung Unterstützung von DEI, sozialer Gerechtigkeit und progressiven Werten ging. Nachdem Target seine DEI-Richtlinien aufgegeben hatte, rief Black Lives Matter zum Boykott des Unternehmens auf. Die mittlerweile breiter angelegte 40-tägige „Target Fasten-Kampagne“ zielt darauf ab, die „Kaufkraft der Schwarzen in Echtzeit“ zu zeigen. Target hat bereits zu kämpfen und verlor bis Ende Februar 12,4 Milliarden Dollar an Marktwert. Zusammen mit Walmart musste das Unternehmen am 28. Februar, dem National Economic Blackout, auch Einbußen bei den Internet-Umsätzen hinnehmen. Eine wechselnde Liste von Unternehmensboykotten nimmt Target, Walmart, McDonalds, Lowe’s und Amazon ins Visier. #LatinoFreeze zielt darauf ab, Latinos dazu zu bringen, so wenig Geld wie möglich auszugeben, bis die Angriffe auf Einwanderung, DEI und andere Bereiche enden. Die Menschen werden aktiv dazu ermutigt, in Geschäften wie Costco und Aldi einzukaufen, die öffentlich erklärt haben, dass sie ihre DEI-Richtlinien einhalten werden.

Der Wirtschaftsboykott hat Feuer gefangen. Wie geht es weiter?

Angesichts der Popularität und des Interesses an solchen Aktionen hat Boycott Central einen Online-Tracker eingerichtet, der die vielen Kampagnen, ihre Wirksamkeit und Möglichkeiten zur Beteiligung dokumentiert. Der Trend, Dienste zu kündigen, die nicht den eigenen Werten entsprechen, hat auch Google getroffen, dessen Nutzer*innen zu anderen Suchmaschinen und Kartendiensten wechselten, nachdem das Unternehmen auf Trumps Anordnung hin den Golf von Mexiko in den „Golf von Amerika“ umbenannt hatte. Aufrufe zum Boykott aller Musk-Produkte führten zu einem „X-odus“ seiner Social-Media-Plattform. So viele Nutzer*innen wechselten zu Bluesky, dass die neue Social-Media-Seite auf über 30 Millionen Nutzer*innen anwuchs.
Apropos soziale Medien: Der Multiplattform-Account „Alt National Park Service“ – der 2017 auf Twitter startete, als Trump Proteste auf den offiziellen Webseiten der Parks verbot – hat den Verwaltungsputsch detailliert dokumentiert und den Widerstand mobilisiert. In den letzten sechs Wochen ist sein Netzwerk von Bundesangestellten von 10.000 auf über 160.000 angewachsen und hat sich zu einer Koalition von 40 #AltGov-Einheiten ausgeweitet, darunter Alt CDC (they/them – sie/ihnen), Alt FAA, Alt FDA, Alt FEMA, Alt Library of Congress und Rogue NASA.
Gemeinsam organisieren sie Widerstand in den Bundesbehörden, berichten über aktuelle Entwicklungen und veröffentlichen faktenbasierte Informationen, die in ihren Organisationen derzeit verboten sind (wie Klimaforschung, aktuelle Informationen zum öffentlichen Gesundheitswesen und geschlechtergerechte Pflege). Gemeinsam mit den Resistance Rangers und anderen Gruppen haben sie außerdem Hunderte Proteste in Nationalparks organisiert, um Entlassungen und Budgetkürzungen zu verhindern. Dabei kamen Taktiken wie Sandmalereien an Stränden, umgedrehte Flaggen als Zeichen der Notlage, Kundgebungen vor Eingangstoren und vieles mehr zum Einsatz.
All dies – von Straßenprotesten bis hin zu einer Welle von Aufforderungen an Parla-mentarier*innen und Bundesbedienstete zur Nicht-Zusammenarbeit mit der Regierung – hat auch Politiker*innen zu mutigeren Positionen bewegt. Immer mehr Schulen und Bezirke weigern sich, von ihrer Transgender-Politik abzurücken und bekräftigen ihr Engagement für einige ihrer schutzbedürftigsten Schüler*innen. Alaskas Parlament lehnte Trumps Namensänderung für Denali (höchster Berg Nordamerikas, 6190 Meter) ab. Gouverneure bezogen mutig Stellung und wurden zu einem wichtigen Bollwerk der Verteidigung gegen Trumps Politik. Der Gouverneur von Maine setzte sich für Transfrauen im Sport ein, Michigan erweiterte seine Anti-Hass-Gesetze, um LGBTQ+-Personen zu schützen. Delaware weigerte sich, an Razzien gegen Migrant*innen teilzunehmen. Massachusetts hielt an der DEI-Politik fest. Es lohnt sich, diese Positionen der Gouverneur*innen im Auge zu behalten, denn sie sind wichtige Verteidigungslinien, und Poli-tiker*innen gehen Risiken ein, um sie aufrechtzuerhalten. Da Bundesmittel auf dem Spiel stehen, ist es wichtig, die Überzeugungen der Gouverneur*innen zu stärken und standhaft zu bleiben.
Die demokratischen US-Kongressabgeordneten hinken ihren Kolleg*innen auf Staats- und lokaler Ebene hinterher, obwohl sie an Protesten vor Bundesbehörden teilgenommen, sich in den Medien zu Wort gemeldet und die ganze Nacht lang eine „Filibuster“-Debatte abgehalten haben, um die Nominierung eines Kabinettsmitglieds zu verhindern. Während Trumps gemeinsamer Ansprache vor dem Kongress störte der Abgeordnete Al Green die Rede so lange, bis er hinausgeworfen wurde; andere hielten Schilder hoch oder verließen aus Protest den Saal. Diese insgesamt glanzlose Resonanz ist jedoch ein Grund, warum traditionell linksgerichtete Wahlpolitik- und Gesetzgebungsinitiativen wie Indivisible und MoveOn.org Druck auf Politiker*innen sowohl des linken als auch des rechten Flügels ausüben und Tools wie 5Calls nutzen, um Telefonleitungen zu überfluten und die Telefonsysteme des Kongresses zu überlasten. Außerdem haben Wähler*innen im ganzen Land umstrittene Bürgerversammlungen überfüllt, was Konservative dazu veranlasst hat, von öffentlichen Versammlungen abzuraten – einem eklatanten Angriff auf die Demokratie. Mit dem neuen Toolkit von Indivisible für die Kongresspause wollen sie die Demokraten ermutigen und einen Keil zwischen Konservative und Trump treiben.

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„Lass nicht zu, dass die Regierung deinen Spielplatz kontrolliert!“. New York, 5. April 2025, Demo gegen Trumps Angriff auf die Menschenrechte. – Foto: Ed Hedemann / NYC War Resisters League

Gleichzeitig hat die internationale Empörung über Zölle und Imperialismus die Kanadier*innen dazu veranlasst, die US-Nationalhymne auszubuhen, ihre USA-Urlaube abzusagen, US-Unternehmen zugunsten kanadischer Produkte zu boykottieren, einen 100-Millionen-Dollar-Starlink-Vertrag aufzukündigen, 100-prozentige Zölle auf Tesla-Fahrzeuge vorzuschlagen, mit 25-prozentigen Stromzöllen zu drohen und 263.000 Bürger*innen dazu zu bewegen, eine Petition zur Aberkennung von Musks Staatsbürgerschaft zu unterzeichnen. In Dänemark haben Tausende eine satirische Petition zum Kauf Kaliforniens unterzeichnet und damit gegen Trumps Idee protestiert, Grönland in „rot-weiß-blaues Land“ zu verwandeln. Südafrika suspendierte US-Unternehmen, nachdem die Regierung als Vergeltung für Südafrikas Bemühungen um Landreparationen rassistische Sanktionen verhängt hatte. In Panama brachen Proteste wegen Trumps Drohungen aus, den Kanal zu übernehmen. Trumps Vorgehen in Bezug auf Gaza und die Ukraine ist bei führenden Politiker*innen der Welt auf breite Kritik gestoßen, und die Umbenennung des Golfs von Mexiko hat Menschen rund um den Globus wütend gemacht.

Auf Erfolgen aufbauen und expandieren

All diese Aktionen – von Protesten bis hin zu Ungehorsam im In- und Ausland – sind nur ein Vorgeschmack dessen, was als Nächstes kommt. Während der Kongresspause vom 15. bis 23. März übt Indivisible Druck auf Politiker*innen aus, um die Kürzungen des Bundeshaushalts und den Missbrauch von DOGE zu stoppen. Es gibt ein wachsendes Engagement in Kampagnen für Steuerverweigerung. Eine lange Liste von Boykotten richtet sich gegen wechselnde Unternehmen wegen ihrer Anti-DEI-Politik und der Razzien gegen Eingewanderte und Illegalisierte. Es wurde wiederholt zum Generalstreik aufgerufen, und fast 300.000 Menschen haben eine „Streikkarte“ unterzeichnet, die ihre Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert.
Obwohl viele der bisherigen Aktionen bereits erfolgreich waren, haben sie noch nicht die nötige Größe erreicht, um ihre Ziele zu erreichen. Statt ein paar Hundert Menschen, die gegen die Schließung von Bundesbehörden protestieren, müssen Tausende tagelang die Türen blockieren – oder wie lange es dauernd mag, bis Trump und Musk zum Rückzug gezwungen werden. Über einen eintägigen Einkaufsstreik hinaus braucht es anhaltende Boykotte, an denen sich Millionen beteiligen, die die Unternehmen der Milliardäre angreifen. Rekrutierung, Expansion und die Ansprache immer größerer Kreise erfordern eine konzertierte Anstrengung Aller. Bündnisse und koordinierte Kampagnen sind entscheidend.
In den nächsten Wochen und Monaten werden wir wahrscheinlich erleben, dass vereinzelte Akte der Nichtbefolgung von Anordnungen in koordinierte Kampagnen der Nichtkooperation übergehen. Wir werden dieses Niveau an Training und Vorbereitung brauchen. In der nächsten Runde werden sich die Kosten und Risiken für alle Seiten des Kampfes erhöhen. Trump behauptet bereits fälschlicherweise, der Tesla-Boykott sei illegal. Seine Regierung droht damit, Millionen an Bundesmitteln für Bundesstaaten einzufrieren, die sich gegen seine Politik wehren. Angesichts dessen müssen Aktivist*innen strategischer vorgehen und darauf vorbereitet sein, Repressionen zu überstehen und sie nach hinten losgehen zu lassen. Schnelle Reaktionen sind wichtig, aber die nächste Phase erfordert nachhaltige Kampagnen und eine sorgfältige Strategie.

Was die USA von den Südkoreaner*innen lernen können, die eine autoritäre Machtergreifung verhinderten

Was ist das Ziel? Trump hat einen administrativen Putsch durchgeführt, die öffentlichen Dienste böswillig demontiert, die nationale Sicherheit bedroht, den Aktienmarkt zum Absturz gebracht, internationale Beziehungen zerstört, die Rechtsstaatlichkeit ignoriert, sich an eigennütziger Korruption beteiligt, Menschen- und Bürgerrechte verletzt. Wenn wir nicht vier Jahre damit verbringen wollen, eine verheerende Politik nach der anderen zu bekämpfen, müssen wir uns die lange Liste der Missstände ansehen und unseren Mitbürger*innen eindringlich klarmachen, dass eine beispiellose politische Krise wie diese eine beispiellose Reaktion erfordert. (Beispiellos jedenfalls in den Vereinigten Staaten – denn in zahlreichen Ländern weltweit haben sich Bewegungen erhoben, um autokratische Führer von der Macht zu vertreiben, darunter Serbien, die Philippinen, Chile, Pakistan, Bangladesch, Liberia, Indonesien und zuletzt Südkorea.)
Gleichzeitig müssen wir uns fragen: Reicht es aus, Trumps missbräuchliche Politik Schritt für Schritt zu beenden? Oder haben die vielen Stränge des Widerstands eine gemeinsame Vision für die Zukunft dieses Landes, die artikuliert und gewonnen werden kann?
In wenigen Wochen entwickelte sich aus lähmender Angst ein breiter Protest. Die Widerstandsbewegung hat bereits Wichtiges erreicht. Sie mobilisierte wiederholt Zehntausende. Sie übte an mehreren Fronten erheblichen wirtschaftlichen Druck auf Trump und Musk aus. Sie hat die Regierung veranlasst, eine lange Liste ihrer Politik zurückzunehmen und zu stoppen. In den nächsten Monaten kann der Widerstand auf diesen Erfolgen aufbauen und das Unmögliche wagen. Trump mag zwar jeden angreifen, aber er ist von allen Seiten umzingelt.

(1) Der Originalartikel „Resistance to Trump is everywhere — inside the first 50 days of mass protest“ inklusive zahlreiche Links und Fotos dazu finden sich auf: https://wagingnonviolence.org/2025/03/resistance-to-trump-is-everywhere-inside-the-first-50-days-of-mass-protest/

Übersetzung aus dem
amerikanischen Englisch:
Helga Weber-Zucht

Rivera Sun hat zahlreiche Bücher und Romane geschrieben, darunter „The Dandelion Insurrektion“ (Der Löwenzahn-Aufstand) und die preisgekrönte Ari-Ara-Reihe. Sie ist Herausgeberin von Nonviolence News, Programmkoordinatorin der Kampagne Nonviolence und Vorstandsmitglied der Backbone Campaign und des Beirats von World BEYOND War. Siehe: https://wagingnonviolence.org/author/riverasun/

Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.

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