Filmrezension

El Entusiasmo – Vom Neubeginn der spanischen CNT

Dokumentation über die Konsolidierung der CNT nach Francos Tod

| Maurice Schuhmann

„El Entusiasmo“ (dt. Der Enthusiasmus), Dokumentation, Spanien 2018, Regie: Luis E. Herrero, Dauer: 80 Min.Offizielle Webseite:www.elentusiasmo.com/

Ursprünglich im Frühjahr 2020 sollte die spanische Dokumentation „El Entusiasmo“ in ausgewählte deutschsprachige Kinos kommen. Für Januar 2022 ist nun ein neuer Kinostart anvisiert.
Der Faschismus – in seinen unterschiedlichen Ausprägungen und nationalen Varianten – stellte für den europäischen Anarcho-Syndikalismus einen einschneidenden Bruch dar. Rudolf Rocker riet den deutschen Genoss*innen nach dem II. Weltkrieg davon ab, eigene anarcho-syndikalistische Gewerkschaften aufzubauen, in Portugal dümpelt eine kleine Schar von Anarcho-Syndikalist*innen vor sich hin – und ist weit davon entfernt, an die Zeit und die Größe vor dem Faschismus anzuknüpfen. Lediglich in Spanien und Italien gibt es heute noch vergleichsweise starke anarcho-syndikalistische Gewerkschaften.
Nach dem Tod von General Francisco Franco 1975 und dem Übergang vom Faschismus hin zu einer parlamentarischen Demokratie – einem politischen Modell, mit dem die Spanier*innen noch weniger Erfahrungen als die Deutschen hatten – formierte sich die spanische Confederación Nacional del Trabajo (CNT), eine Konföderation anarcho-syndikalistischer Gewerkschaften, neu. Kein leichtes Unterfangen. In den knapp 40 Jahren des Verbots und der Unterdrückung hatten sich verschiedene Gruppen mit zum Teil sehr unterschiedlichen Fokussierungen und Auslegungen des Anarcho-Syndikalismus gegründet und hatten nebeneinander existiert. Wer von ihnen konnte den Anspruch geltend machen, das historische Erbe der CNT anzutreten, und mit welchen anderen Strömungen konnte man zusammenarbeiten? Eine andere Frage war, welche Antworten man auf die neuen Herausforderungen geben könne und wie man sich zu den Positionen der neuen Linken verhielte. Nach dem Faschismus holte Spanien in der Übergangszeit nach, was in den USA und Westeuropa in Folge der 68er-Zeit en vogue war – Popkultur, sexuelle Befreiung und ein neuer Feminismus.
In einer ausgewogenen Mischung aus Archivaufnahmen, Zeitzeug*innen und Einordnungen durch einschlägig forschende Historiker*innen wie Joe Zambrana, Pablo Carmona oder Dolors Marín gelingt es dem Regisseur Luis E. Herrero (geb. 1976), mit seinem Debüt ein lebendiges Bild jener Zeit zu zeichnen. Dabei fokussiert er unterschiedliche Facetten: Den Enthusiasmus in dieser Epoche, den (sub-)kulturellen Rahmen nach dem Ende der Zensur durch den Franquismus, die fast schon sprichwörtliche Fanzine-Kultur des spanischen Anarchismus, die Herausforderung der betrieblichen Organisation oder die Probleme, die sich intern sowohl aus den Konflikten zwischen Jung und Alt als auch aus den politischen Ansätzen der unterschiedlichen Komitees ergaben. Die Zeitspanne von 1976 bis 1982, d. h. die Konsolidierungsphase der Gewerkschaft, steht im Zentrum der Dokumentation. Thematisiert werden dabei sowohl die subkulturellen Elemente als auch die Arbeitskämpfe, die in der Umbruchphase exponentiell zunahmen.
Der Film ist auf spanisch mit deutschen Untertiteln. Ein sehr empfehlenswerter Film!