die waffen nieder

Palästina – Spaltung statt Diskussionen?

Bericht über die „Stoppt Hunger, Tod und Vertreibung in Palästina“-Demo am 21. Juni 2025 in Frankfurt/M.

| Anne & Chemix

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Foto: Marianne Wehner

Am 7. Oktober 2023 tötete die islamistische Hamas bei einem Terrorangriff auf Israel 1.200 Menschen. 250 Menschen wurden als Geiseln nach Gaza entführt. Daraufhin befahl das extrem rechte Netanjahu-Regime die Bombardierung der Menschen in Gaza. Seit Beginn des Gaza-Kriegs wurden bisher mehr als 60.000 Palästinenser*innen von der israelischen Armee getötet, darunter viele Kinder und Frauen. (GWR-Red.)

Der Krieg in Gaza/Palästina hat die Gesellschaft und besonders die linken Bewegungen in der BRD tief gespalten, sogar langjährige Freundschaften sind zerbrochen. Andererseits sehen wir zunehmend einen    in Gaza, der u.a. von amnesty international als Genozid eingestuft wird. Hunger wird vom Netanjahu-Regime als Waffe eingesetzt und auf Hilfesuchende von Seiten der Israelischen Armee (IDF) geschossen. (1)

Innerhalb der Linken gibt es Positionen, die die Vernichtung der Palästinenser*innen befürworten, da sie angeblich alle der Terrororganisation Hamas angehören oder sie gutheißen.

Also auch die unschuldigen Kinder und die gesamte Zivilbevölkerung? Es gab Aussagen wie: „Wollt ihr nicht noch gleich im Krieg gegen die iranischen Mullahs einseitig Israel dämonisieren?“ Statt gezielte Aktionen gegen die Hamas durchzuführen, wird Gaza in Schutt und Asche gelegt und die Bevölkerung wahllos ermordet.

Doch was sollen wir von menschenverachtenden Aussagen von angeblich linken Akteuren halten, wie: „Sicher ist Nazi-Deutschland ein Terror-Regime. Churchill bombt Dresden in Schutt und Asche; Kinder, Frauen und Männer sterben, die sicher nicht alle Nazis waren. Keine weiteren Fragen mehr!“ Die menschenverachtende Ansicht, um die Hamas zurückzudrängen, seien unschuldige Opfer notwendig, und es sei ein Kollateralschaden, wenn dabei Unschuldige getötet werden, ist unerträglich. Der Holocaust der Nazis ist nicht mit dem Genozid der israelischen Regierung an den Palästinenser*innen zu vergleichen!

Ebenso gibt es Aussagen, dass viele Menschen in Gaza die Hamas unterstützen und den terroristischen Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 rechtfertigen. Damit soll auch die Zerstörung Gazas legitimiert werden. Eine sachliche und faire Diskussion zu diesem Thema scheint kaum möglich zu sein.

Das hat uns bewogen, am 21. Juni 2025 auf die u.a. von der    VVN-BDA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) Frankfurt und der Linken Frankfurt/M. organisierten Demo „Stoppt Hunger, Tod und Vertreibung in Palästina“ in Frankfurt zu gehen. In Reden wurde auf die katastrophale Lage im Gazastreifen eingegangen, auf die Zahl der Toten sowie die Zerstörungen und die Hungerkatastrophe. Mit keinem Wort wurde die Hamas verherrlicht bzw. wurden antisemitische Parolen skandiert. Der gemeinsame Nenner aller Gruppen waren folgende Forderungen:

  • sofortige Aufhebung der Blockade des Gazastreifens

  • echte und menschenwürdige Humanitäre Hilfe im Einklang mit dem Völkerrecht

  • sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand

  • sofortiger Rückzug der israelischen Armee aus Gaza und dem Westjordanland

  • Freilassung aller palästinensischen und israelischen politischen Gefangenen und Geiseln

  • sofortige Einstellung der deutschen Waffenlieferungen an Israel.

Während des Demozugs sprach eine iranische Frau aus einer oppositionellen Gruppe, dem „Rat der iranischen Linken und Demokraten, Mainz“. Sie erklärte, dass die Bombardierung des Iran durch Israel keine Hilfe für die Opposition bzw. zur Zerschlagung des verbrecherischen Regimes im Iran sei. In den Tagen nach der Bombardierung wurden die Repressionen und Verhaftungen durch das Mullah-Regime sehr viel stärker. Drei Oppositionelle seien allein in den letzten Tagen im Iran hingerichtet worden.

Auf der Route der Demo kam ein junger Mann auf uns zu, hob sein T-Shirt hoch und zeigte uns ein Davidstern-Tattoo. Er sagte, Friede müsse es für alle geben; wir gaben uns die Hand und sagten: „Shalom.“ Das war bewegend und ein gutes Symbol für eine friedliche, gerechte Lösung

Auf der Route der Demo kam ein junger Mann auf uns zu, hob sein T-Shirt hoch und zeigte uns ein Davidstern-Tattoo. Er sagte, Friede müsse es für alle geben; wir gaben uns die Hand und sagten: „Shalom.“ Das war bewegend und ein gutes Symbol für eine friedliche, gerechte Lösung. Wir hatten den Eindruck, dass der junge Mann ängstlich war. Dies galt auch für andere Teilnehmer*innen und kritische Begleiter*innen der Demo. Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht. Es ist ein Unding, dass Menschen Angst haben müssen, zu ihrer Meinung zu stehen.

Am Ende der Demo wurden weitere Reden gehalten; unter anderem von einem Verdi-Gewerkschafter und einer Rednerin der „Jüdische Stimme.de“ Diese von linken Juden und Jüdinnen betriebene Organisation wurde 2024 im Verfassungsschutzbericht erwähnt, obwohl sie weder gewaltverherrlichend noch antisemitisch ist.

Während der Demo wurde der Spruch „From the river to the sea“ skandiert. Dieser ist laut einem Gerichtsurteil weder antisemitisch noch wird er in dieser Form von der Hamas verwendet. Die Richterin sprach einen jungen Mann frei, der dies gerufen hatte. Sie ließ von einer LKA-Mitarbeiterin recherchieren, dass dieser Spruch aus den 60er/70er-Jahren stammt und im Zusammenhang mit der Forderung zur Gründung eines säkularen und binationalen Staates Palästina/Israel steht. In diesem israelisch-palästinensischen Staat sollten die Bewohner*innen aller Ethnien und Religionen gleichberechtigt leben können. (2) Die deutschen Gerichte sind sich uneins, ob es sich bei der Parole um ein Kennzeichen der Terrororganisation Hamas handelt, dessen Äußerung nach §86a Strafgesetzbuch strafbar ist. (3)

Auch pro-israelische Aktivist*innen bzw. ultrazionistische Bewegungen nutzen denselben Spruch für ihre Anliegen. Sie fordern einen rein israelisch-jüdischen Staat. (4)

Unser Fazit:

Die propalästinensische Bewegung haben wir weder als antisemitisch oder Hamas-freundlich wahrgenommen.

Es ist zu befürchten, dass Anti-Deutsche, pro-israelische Gruppen und die Staatsmacht gezielt nach Symbolen auf Demonstrationen und Veranstaltungen suchen, um die Bewegung zu verunglimpfen und sie in die extremistische und antisemitische Ecke zu drängen. Hierzu schreibt Yossi B. im Nd: „Es drängt sich der Verdacht auf, dass systematisch versucht wird, pro-palästinensische Proteste als gewalttätig zu framen und damit ihre Versammlungsfreiheit zu untergraben.“ (5)

Diese Entwicklung sollte dringend gestoppt werden. Stattdessen brauchen wir ein Klima des offen wertschätzenden Diskurses, um Ideen und Perspektiven auszutauschen und der Staatsräson entgegenzutreten. Der Kern der Diskussion sollte sich um eine friedliche, gerechte und antimilitaristische Lösung drehen. Dieser Konflikt ist nicht militärisch zu lösen.

Anmerkugen:

  1. Haaretz Podcast, 3.7.2025, „Behind the Scenes of the explosive Killing Field Gaza Expose“, Tagesschau, 28.6.2025; scharfe Kritik an israelischen Soldaten, die bei Nahrungsmittelverteilung auf Zivilbevölkerung schossen.

  2. Taz-Artikel vom 20.6.2025: „Freispruch nach verbotener Palästina-Parole in Berlin“.

  3. www.lto.de/recht/hintergründe/hlg/Berlin-502kls2124-hamas-from-river-to-sea-rechtskräftig

  4. Wikipedia.org/wiki/From_the_River_to_the_Sea

(5) Artikel im Neuen Deutschland vom 23.6.2025: „Rechte Presse und Vereine mit Presserecht gegen die Meinungsfreiheit“.