Chile: Ist der friedliche Weg also unmöglich?

Aus: "Graswurzelrevolution. Zeitschrift für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft" Nr. 7, 1974

Vor 50 Jahren putschte mit Hilfe der USA das Militär in Chile. Der 1970 demokratisch gewählte sozialistische Präsident Salvador Allende nahm sich das Leben, nachdem die Luftwaffe den Präsidentenpalast La Moneda bombardiert hatte und Soldaten in den Palast eingedrungen waren. Zigtausende Linke wurden verhaftet und gefoltert. Amnesty International schätzt, dass 30.000 Menschen alleine im ersten Jahr der bis 1990 wütenden Pinochet-Diktatur ermordet wurden. Der folgende Artikel wurde 1974 in der Graswurzelrevolution Nr. 7 veröffentlicht.   Weiterlesen

Die Rolle der Gewaltlosigkeit in der sozialistischen Praxis

Henriette Roland Holsts Referat von 1930

 458 april 2021 Gernot Jochheim

Henriette Roland Holst (1869-1952) gehört neben Clara Wichmann und Bart de Ligt zu den bedeutenden Persönlichkeiten der niederländischen „Gründergeneration“ des gewaltfreien Anarchismus. Zu den Aktivitäten, Diskussionen und Verbindungen dieser drei Personen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erscheint im Buchverlag Graswurzelrevolution voraussichtlich Ende Mai das Buch von Gernot Jochheim: „Antimilitarismus und Gewaltfreiheit“, in der neben vielen Entwicklungen auch die Gründung der War Resisters’ International in Bilthoven/NL von 1921 erzählt wird, jener antimilitaristischen Internationale, die gegenwärtig ihren 100. Geburtstag feiert. Roland Holsts politischer Werdegang war geprägt durch eine frühe, noch marxistische Tolstoi-Rezeption, dann gegen Ende des Ersten Weltkriegs durch eine Kritik sozialdemokratischer Volksheer- und Milizkonzepte sowie 1918 durch die bedeutende Schrift „Die Kampfmittel der sozialen Revolution“. Es folgten eine Phase des Engagements im linkskommunistischen Milieu sowie die Mitgliedschaft in der CPH (Kommunistische Partei Hollands), aus der sie nach zunehmender Kritik 1927 austrat. Daran schloss sich eine zweite, bewusster libertär-gewaltfreie Tolstoi-Rezeption sowie die Gründung der „Vrienden van India“ (Freunde Indiens) in den 1930er-Jahren, einer frühen antikolonialen Solidaritätsgruppe für die gandhianische Bewegung, an. Der folgende Vorabdruck stellt ihre Begründung gewaltfreier Aktion im Sozialismus dar, die um 1930 zu voller argumentativer Reife gelangt war. (GWR-Red.) Weiterlesen

„Keine nazistischen Denkmäler“

Beispiele direkter gewaltfreier Aktionen gegen Denkmäler

 451 september 2020 Lou Marin

Es war eine Welle aus Südwest: In den Achtziger- und Neunzigerjahren führten gewaltfreie Aktionsgruppen teils offene, teils klandestine Aktionen gegen Nazi-Denkmäler durch, von denen hier beispielhaft drei vorgestellt werden. In den Symbolen und Erklärungen mischten sich Motive des Antirassismus, Antisexismus und Antifaschismus mit denen des Antimilitarismus. Die Aktionen verstanden sich auch als kulturelle Solidarität mit dem Kampf für die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure und gegen neue Kriege der Bundeswehr. (GWR-Red.) Weiterlesen

Ein Algerier hält ein Plakat mit schwarz-rotem Stern und der Aufschrift "Vous êtes foutu, le peuble est dans la rue" in die Kamera

Generation ohne Angst

„Hirak“, die lang dauernde Massenbewegung in Algerien

 444 dezember 2019 Leïla-Anne Ouitis

Im Februar 2019 entstand eine beeindruckende Massenbewegung in Algerien, der dort sogenannte Hirak. Das ist auf Arabisch der Begriff für „Bewegung“. Der algerische Hirak konnte bereits die autoritäre Regierung Bouteflika und seinen Clan stürzen und befindet sich gegenwärtig mitten in der Auseinandersetzung mit dem algerischen Militär um die künftige Gesellschaftsstruktur des Landes. Im Hirak spielt die Gewaltfreiheit bis jetzt eine bedeutende Rolle. Wir veröffentlichen hier eine zweiteilige Analyse der Bewegung. Der zweite Teil erscheint im Januar in der GWR 445 und wird die Rolle der Frauen in der Massenbewegung Algeriens noch näher behandeln. (GWR-Red.) Weiterlesen

Aktivist_in oder Repressionsopfer?

Zur Diskussion um die Bedeutung der Leidensbereitschaft

 361 september 2011

1989 saß ich wegen gewaltfreier Blockaden des Mutlanger Atomwaffenlagers drei Monate lang eine Ersatzfreiheitsstrafe ab. Durch einige glückliche Umstände konnte ich im Gefängnis Kontakt zu Gefangenen aus dem bewaffneten Kampf bekommen. Das bot Gelegenheit zu spannenden Diskussionen. Wir sprachen u.a. darüber, wie unsere Aktionen wirken. Das Konzept der Leidensbereitschaft war meinen Mitgefangenen fremd. Ich argumentierte, … Weiterlesen

Wir kämpfen nicht für Demokratie

Überlegungen zur Renaissance von gewaltfreier Aktion und zivilem Ungehorsam am Beispiel von Stuttgart 21 und von Wolfgang Sternstein

 360 sommer 2011 Lou Marin

In den letzten Jahren ist die Praxis der gewaltfreien Aktion und des zivilen Ungehorsams wieder aufgelebt. Ausdruck davon sind zum Beispiel die Bewegungen gegen Stuttgart 21 und die Renaissance der Anti-Atom-Bewegung, die dann durch Fukushima noch verstärkt wurde. Angesichts dessen ist die Diskussion um ein emanzipatorisches Verständnis von zivilem Ungehorsam dringender denn je. Es geht um die Fragen: Für welche Ziele kämpfen wir? Ist der zivile Ungehorsam reformistisch oder revolutionär? Zwei gewaltfreie Anarchisten der Graswurzelrevolution setzen sich hier kritisch mit der Auslegung des zivilen Ungehorsams von Wolfgang Sternstein (1) auseinander. (GWR-Red.) Weiterlesen

Ziviler Ungehorsam als Leidensideologie?

 360 sommer 2011 besalino

Wolfgang Sternsteins Wortwahl ist nicht unbedacht. Für ihn gehört zum zivilen Ungehorsam „auch die Bereitschaft, die für die Gesetzesübertretung oder die Gehorsamsverweigerung verhängte Sanktion klaglos (sic!) hinzunehmen“ (GWR 354, S. 7). Die AktivistInnen sollen also bereitwillig, ohne zu knurren und zu murren, den Schuldspruch einer Gerichtsverhandlung akzeptieren und vielleicht die Höhe des Urteils anfechten, aber … Weiterlesen