beilage: nein zu bomben, krieg, vertreibung!

Belgrad und Pristina, 29.3.99

| Lepa Mladenovic (Autonomes Frauenzentrum gegen sexuelle Gewalt, Belgrad)

Viele Frauen haben letzte Nacht in Belgrad nicht geschlafen. Sirenen, die Raketen ankündigten, gingen alle paar Stunden. Einige von uns telefonieren ständig mit jenen, denen es schlecht geht. Die Stadtteile nahe den Militärbasen wurden von Detonationen erschüttert, Feuer waren zu sehen. Einige BürgerInnen hielten sich in den Hauseingängen auf, einige in den Kellern.

Letzte Nacht habe ich endlich eine Telefonverbindung zu meiner Freundin nach Pristina erhalten. Sie sagte, die größte Sorge sei die Rache der serbischen Armee an der albanischen Bevölkerung. Die CNN und BBC-Fernsehstationen seien offensichtlich sehr gewaltorientiert und haben durch ihre Berichte große Angst im Kosovo hervorgerufen – zusätzlich zu den Realitäten, die beängstigend genug seien. Die serbische Verwaltung habe die Elektrizität in der letzten Nacht abgeschaltet. Auch das habe den Zweck gehabt, weitere Angst zu erzeugen.

So kann ich mir die Stimmung in Pristina vorstellen. An diesem Morgen gibt es kein Brot und keine Milch in den meisten Läden in Belgrad wie in Pristina – und es ist solch ein sonniger Tag! Am ärgerlichsten ist die Tatsache, daß das serbische Regime die völlige Kontrolle über die Medien übernommen hat. Die Sprache des Hasses, die Produktion von Feindbildern und die Politik der Rache steigt jede Minute. Vier TV-Stationen sind zu einer, zwei weitere zu der anderen Fernsehstation zusammengefaßt worden. Menschen ohne Satellitenfernsehen bekommen wenig Nachrichten, nur über Schutzvorkehrungen und Feinde – nichts sonst. Auch das ist erschreckend.

So senden Feministinnen und Pazifistinnen aus Belgrad ihre schwesterlichen Grüße zu ihren Freundinnen und zu den albanischen Frauen mit ihren Familien im Kosovo.