die waffen nieder!

Politische Gefangene in Kamerun

Interview mit Sphynx Eben vom Ambazonian Prisoners of Conscience Support Network (APOCSNET)

| Gernot Lennert

Die War Resisters’ International (WRI), das transnationale pazifistische und antimilitaristische Netzwerk, dem auch die DFG-VK und die Graswurzelrevolution angehören, hat bei ihrem Ratstreffen in Bogotá 2019 das Ambazonian Prisoners of Conscience Support Network (APOCSNET) als assoziiertes Mitglied aufgenommen. Das Schicksal ambazonischer Gefangener war auch Thema am Tag der Gefangenen für den Frieden am 1. Dezember 2019. Seitdem enthält die von der WRI geführte Liste der Gefangenen für den Frieden auch Gefangene aus dem englischsprachigen Teil Kameruns.

Repräsentiert wurde das APOCSNET beim Ratstreffen in Bogotá von Sphynx Eben, der in New York lebt. Das folgende Interview mit ihm wurde im Juli 2020 per E-Mail geführt. Es erscheint als Zweiteiler in dieser und der GWR 453. (GWR-Red.)

Graswurzelrevolution (GWR): Der Name Ambazonia ist ziemlich unbekannt. Was ist Ambazonia? Woher kommt der Name? Seit wann gibt es ihn? Was bedeutet er?

Sphynx Eben: Der Name Ambazonia ist abgeleitet von der Ambas-Bay an der Atlantik-Küste. Die Ambas Bay wurde nach den Küstenstämmen an der Bucht benannt. Dort hatte Großbritannien unter Führung des Baptistenmissionars Alfred Saker 1858 die erste Kolonie namens Ambas Bay Protectorate auf diesem zentralafrikanischen Land etabliert. 13 Jahre später, 1871, entstand das deutsche Kaiserreich. Die dominierenden europäischen Kolonialmächte gewannen den Eindruck, dass man diesem neuen Deutschen Reich Zugang zu kolonialen Ressourcen gewähren müsse, um einen Krieg um Kolonien zu vermeiden. Gemäß dieser Logik trat Großbritannien 1887 die Ambas Bay zusammen mit Teilen seiner Kolonie Nord-Nigeria ans Deutsche Reich ab, das diese Gebiete an seine gerade etablierte Kolonie Kamerun angliederte. Diejenigen, die argumentieren, dass die „natürliche Einheit“ Kameruns Ambazonia einschließe, beziehen sich auf diesen Moment der Kolonialgeschichte, als sei dies der Anfangspunkt der Geschichte.

Die anti-koloniale Bewegung beanspruchte den Namen „Ambazonia“ 1984 in Reaktion auf Kameruns Verletzung von Artikel 1 der Verfassungsvereinbarung nach dem Plebiszit von 1961, der vorschrieb, dass die beiden Regionen Kameruns sich die Macht in einem Bundesstaat teilen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kamerun demonstriert, dass es sich dadurch nicht gebunden fühlte, indem es die meisten Institutionen Ambazonias aufgelöst oder übernommen hatte, einschließlich der Regionalregierung und des Regionalparlaments. 1984 verfügte Präsident Paul Biya den Namenswechsel von „Bundesrepublik Kamerun“ zur „Republik Kamerun“. Das war der Name des französischsprachigen Teils von Kamerun vor der Föderierung von 1961. Das war der letzte Tropfen, der die ambazonischen Führungspersonen dazu provozierte, die Wiederherstellung ihres Staates zu erklären, wie er vor der Föderierung existiert hatte. Sie wählten den Namen Ambazonia.

GWR: Es fällt auf, dass Organisationen, die die Unabhängigkeit des englischsprachigen Teils von Kamerun anstreben, sich selbst als „südkamerunisch“ bezeichnen, wie z.B. der Southern Cameroons National Council. Inwieweit ist der Name Ambazonia gebräuchlich geworden? Und wieso überhaupt „Sou-thern Cameroons“, wo das Gebiet doch im Westen des heutigen kamerunischen Staats liegt und offiziell Westprovinzen genannt wird (Nordwestprovinz und Südwestprovinz)?

Sphynx Eben: Zuerst zum zweiten Teil der Frage. Der Name Southern Cameroons hat seinen Ursprung in der Phase der Kolonialgeschichte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg. Nachdem das Deutsche Reich den Krieg verloren hatte, wurden Ambazonia und ein Streifen Land weiter nördlich davon, die Großbritannien 1887 an Deutschland abgetreten hatte, von den Entente-Mächten besetzt und zum „Völkerbundsmandat Kamerun unter britischer Verwaltung“, bestehend aus den beiden Gebieten Südkamerun und Nordkamerun. Gleichzeitig unterstellten die Entente-Mächte den Rest der deutschen Kolonie Kamerun französischer Verwaltung. Die Landstreifen, die Frankreich 1911 im Zusammenhang mit dem „Panthersprung“ verloren hatte, wurden von Kamerun abgetrennt und den französischen Kolonien Tschad, Ubangi-Schari (heutige Zentralafrikanische Republik), Kongo und Gabun angegliedert. Der Rest von Kamerun wurde zum „Völkerbundsmandat Kamerun unter französischer Verwaltung“. Als die Vereinten Nationen den Völkerbund ablösten, wurden die Mandate zu Treuhandgebieten der UN. Amabazonia wurde zum “UN Trust Territory of the Southern Cameroons under UK Administration” bis 1961.

Die Völkerbundsmandate und später die UN-Treuhandgebiete sollten zur Unabhängigkeit oder Selbstbestimmung führen. Doch mit dem Beginn des Kalten Kriegs wirkten Frankreich, das Vereinigte Königreich und die USA zusammen, um die Unabhängigkeit Ambazonias zu blockieren. Ambazonia war an der Front im Kampf gegen den Kommunismus, was, wie US-Generalkonsul Emmerson 1959 argumentierte, es rechtfertige, seine Unabhängigkeit zu blockieren und es zu zwingen, sich in einem Referendum für den Anschluss an Nigeria oder an (das bis dahin französische) Kamerun zu entscheiden, die beide bereits von Verbündeten der USA kontrolliert wurden. Nordkamerun stimmte für die Vereinigung mit Nigeria, die Ambazonians stimmten für Cameroun.

Einige ambazonische Unabhängigkeitsgruppen, wie der Southern Cameroons National Council (SCNC) nutzen die Benennung „Southern Cameroons“, wie sie auch in den UN-Dokumenten verwendet wird. Die Gruppen, die „Ambazonia“ nutzen, betonen damit ihren Panafrikanismus und ihr Recht auf Selbstbestimmung, das auch einschließt, sich selbst zu definieren. Die erste Gruppe, die den Namen Ambazonia verwendete, war der 1984 gegründete Ambazonian Restoration Council (ARM).

Zum Ambazonian Prisoners of Conscience Support Network: Wie arbeitet es? Wo leben die Aktiven des Netzwerkes? Gibt es auch in Deutschland exil-ambazonische Gruppen oder Organisationen, die sich für Menschenrechte in Kamerun einsetzen?

Das Ambazonian Prisoners of Conscience Support Network (ApoCsnet, Unterstützungsnetzwerk für ambazonische Gefangene aus Gewissensgründen) wurde für die Unterstützung ambazonischer Menschenrechts-
verteidiger*innen aufgebaut, die in Gefängnissen und geheimen Lagern des französischen neokolonialen Regimes gefangen gehalten werden. APoCsnet arbeitet daran, die Kommunikation mit und zwischen den gefangenen Genoss*innen aufrecht zu erhalten, ihr körperliches und emotionales Wohlbefinden zu fördern, für den Kampf relevante Informationen zu sammeln zu verbreiten und Solidaritätsaktionen zu organisieren. APoCsnet unterstützt inhaftierte Menschenrechts-verteidiger*innen in Kamerun und im Rest der von Françafrique kontrollierten Gebiete und bemüht sich aktiv um den Aufbau eines globalen Netzwerks zur Solidarität mit inhaftierten Menschenrechts-verteidiger*innen in aller Welt.

APoCsnet hat aktive Mitglieder in aller Welt – unter den Gefangenen in Ambazonia und im französischen Kamerun, in der ambazonischen Diaspora und unter verbündeten Gemeinschaften in Südafrika, Großbritannien und den USA. Die ambazonische Gemeinschaft in Baden-Württemberg ist eine der wenigen Ambazonia-Solidaritäts-Gruppen in Deutschland, die sich auch für Rechte ambazonischer politischer Gefangener in Kamerun einsetzt.

Wieso gibt es in Kamerun einen frankophonen und einen anglophonen Teil?

Dieser Sprachunterschied ergibt sich aus der unterschiedlichen Kolonialgeschichte der beiden Gebiete. Ambazonia war nie unter direkter französischer Kontrolle, während der frankophone Teil Kameruns vom Ende des Ersten Weltkriegs 1918 bis 1960 unter französischer Herrschaft war. Ambazonia unterstand der Verwaltung des Großbritanniens während zweier Zeiträume: 1858 bis 1871 als Ambas-Bay-Protektorat und von 1918 bis 1961.

Die Begriffe „frankophon“ und „anglophon“ wirken auf Ambazo-nier*innen zurzeit als Kurzformel für Bürger*innen zweiter und dritter Klasse in der französischen neokolonialen Republik Cameroun. Das Streben der Regierung Kameruns, die gesellschaftlichen Institutionen in Ambazonia, die die englische Sprache nutzen, aufzulösen oder ihnen die Finanzierung zu entziehen – was einer Verletzung der Vereinbarungen entspricht, für die die Bevölkerung im Referendum von 1961 gestimmt hatte – ist nur der sichtbarste Beweis, dass das jetzige Regime in Kamerun nicht unabhängig ist, sondern ein von Frankreich kontrolliertes neokoloniales Regime. Für die Ambazonier*innen endete der Kolonialismus nie, er hat seine Form verändert: angefangen mit Großbritannien 1858, dann Deutschland ab 1887, Großbritannien wieder 1918, und dann Frankreich ab 1960 bis heute.

Weshalb gibt es ambazonische Gefangene in Gefängnissen Kameruns? Wie ist ihre menschenrechtliche Lage?

Kamerun hat ambazonische Freiheitskämpfer*innen seit Jahrzehnten inhaftiert. Ich selbst wurde 1996 ins Exil gezwungen, um eine wahrscheinliche Inhaftierung und möglicherweise den Tod zu vermeiden. Mehrere Genoss*innen von mir in der Studentenbewegung hatten weniger Glück. Während der frühen Jahre meines Exils organisierte ich Solidarität mit diesen Genoss*innen in den Gefängnissen, die für ihre aus Gewissensgründen vorgetragene Meinung gefangen gehalten wurden, dass die grundlegenden Rechte des Volkes von Ambazonia von allen respektiert werden müssen.

Der erste bekannte ambazonische politische Gefangene kann 1891 in der deutschen Kolonialzeit festgestellt werden. Der König in den Bergen Kuva Likenye wurde wegen seiner anti-kolonialen Haltung von Buea nach Wonya Mokumba deportiert, wo er erkrankte und kurz darauf starb.

Die Zahl ambazonischer politischer Gefangener ist seit Herbst 2016 hochgeschnellt, nach Protesten zur Verteidigung des ambazonischen auf dem Common Law basierenden Rechtssystems gegen den Versuch des kamerunischen Regimes, es durch etwas zu ersetzen, was auf ein koloniales Gerichtssystem hinausgelaufen wäre. Führungspersonen aus allen Bereichen der ambazonischen Zivilgesellschaft wurden in der Ringfahndung zusammengetrieben, die auf diesen gewaltfreien Aufstand folgte – Lehrer*innen und Führungspersonen der Lehrergewerkschaft, Anwält*innen, Leitungspersonen der Gewerkschaft der Justizbediensteten, Journalist*innen und Führer*innen der Pressegewerkschaft, Studentenver-
bandsführer*innen, Ärzt*innen und Mitglieder der Vereinigung traditioneller Herrscher. Einige wurden oder werden gerade vor Militärgerichte gestellt, was eine Verletzung internationalen Rechts darstellt. Einige wurden wegen „Terrorismus“ und anderer ungerechtfertigter Vorwürfe verurteilt. APoCsnet schätzt, dass gegenwärtig über 3000 politische Gefangene in den Kerkern und geheimen Internierungslagern Kameruns gefangen gehalten werden.

Die Bedingungen, unter denen diese Genoss*innen gefangen gehalten werden, sind entsetzlich. Zum Beispiel befinden sich in einer Einrichtung in Yaoundé, die 1958 für 800 Insassen gebaut wurde, gegenwärtig mehr als 5000. Unser Unterstützungsnetzwerk beschafft Geldmittel, um für die grundlegenden Bedürfnisse der Gefangenen zu sorgen, wie Matratzen, Bettrahmen, medizinische Versorgung und Nahrung. Unsere Gefangenen sind gut organisiert und kommunizieren untereinander, um den Bedarf zu ermitteln. Sie koordinieren einen Rechtshilfefonds, der die rechtliche Vertretung Dutzender Genoss*innen ermöglichte sowie einige Freilassungen sowohl ambazonischer als auch frankophon-kamerunischer Aktivist*innen. Ohne diese Geldmittel ist den Gefangenen keine rechtliche Vertretung garantiert.

Einige unserer prominenteren politischen Gefangenen – einschließlich des Lehrergewerkschaftsführers Penn Terrence Khan und des Journalisten Mancho Bibixy – haben die Aufmerksamkeit des UN-Sonderberichterstatters zu Gefängnissen erregt. Auch wenn das noch nicht zu ihrer Freilassung führte, haben wir gerade erfahren, dass Penn Terrence Khan wenigstens einen neuen Prozess bekommen wird. Andere Fälle wurden von internationalen Hilfsorganisationen wie dem Committee to Protect Journalists aufgegriffen. Die meisten werden jedoch von der internationalen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen, auch nicht die  Führung unserer Bewegung, bekannt als die „Nera 10“, deren Geschichte eine ernste Verletzung internationaler Menschenrechtsstandards darstellt.

Am 5. Januar 2018 wurden Julius Ayuk Tabe, der sich für einen gewaltfreien ambazonischen Widerstand einsetzt und seine führenden Mitarbeiter vom nigerianischen Geheimdienst illegal aus dem Nera-Hotel in Nigeria entführt. Sie wurden anschließend an Kamerun übergeben, zusammen mit 37 anderen Asylsuchenden, in Verletzung des Nichtzurückweisungsprinzips (non-refoulement), einem grundlegenden Prinzip des internationalen Rechts, das es verbietet, Asylsuchende einem Land auszuliefern, in dem wahrscheinlich ist, dass sie verfolgt werden. 47 Asylsuchende werden immer noch gefangen gehalten, und den Nera 10 wurden nach neun Monaten ohne Kontakt zur Außenwelt und einer zermürbenden internationalen Kampagne nur begrenzt Zugang zu Anwält*innen und Familienbesuchen erlaubt. Dass das UN-Flüchtlingskommissariat, das US-Außenministerium, Amnesty International Nigeria und andere dies verurteilten und verlangten, die Rechte der 47, die gewaltsam aus nigerianischem Gewahrsam den kamerunischen Behörden übergeben worden waren, zu respektieren, wurde von Kamerun ignoriert.

Im März 2019 urteilte der Bundesgerichtshof von Nigeria, dass Entführung und gewaltsame Rückverbringung der Nera10 und 37 anderer ambazonischer Aktivist*innen durch die nigerianische Regierung nach Kamerun nigerianisches und internationales Recht verletzte. Das Gericht ordnete an, sie unverzüglich freizulassen und nach Nigeria zurückzubringen, und dass die nigerianische Bundesregierung den Klägern 200 Millionen Naira für den schweren Schaden zu zahlen habe. Statt aufs Gerichtsurteil zu reagieren, hat das kamerunische Regime sie vor Militärtribunale gezerrt. In den Prozessen voller Unregelmäßigkeiten wurden sie alle zu lebenslänglicher Haft verurteilt.

Gerade jetzt ist es für die internationale Öffentlichkeit besonders wichtig, den Fall der Nera 10 zu verstehen, weil diese inhaftierten Anführer gegenwärtig hinter Gittern daran arbeiten, einen Raum für legitime Friedensverhandlungen abzustecken, die das schreckliche Blutvergießen beenden könnten, das unser Volk in den vergangenen vier Jahren durchleiden musste.

Seit wann gibt es diesen Konflikt zwischen dem kamerunischen Zentralstaat und Menschen im englischsprachigen Teil Kameruns? Wie hat sich der Konflikt entwickelt?

Der Konflikt dauert seit 1961 an, als das kamerunische Militär Ambazonia besetzte, ohne dass ein Unionsvertrag abgeschlossen worden war, wie im Plebiszit festgelegt. Jede weitere Aktion demonstrierte, dass das Regime nicht gewillt war, Ambazonia als gleichwertigen Partner zu behandeln, wie es das Plebiszit vorsah.

  • Das Regime underminierte den parlamentarischen Prozess und löste schließlich einseitig das ambazonische Parlament auf.
  • Das Regime organisierte die Absetzung des die Unabhängigkeit befürwortenden Premierministers Ambazonias, Augustine Ngom Jua, und ermordete ihn schließlich.
  • Es löste die lokalen Polizeieinheiten auf und ersetzte sie durch französisch-kamerunisches Militär.
  • Es demontierte und schloss schließlich die Behörde für öffentliche Arbeiten und übernahm die schweren Straßenbaumaschinen, die zuvor kooperativ von den örtlichen Räten für Straßeninstandhaltung genutzt wurden.
  • Es schloss das Netzwerk von Landwirtschaftskooperativen und eine Reihe weiterer kooperativ betriebener Ausbildungs- und Finanzeinrichtungen, die sich um Gesundheit, Handlungsfähigkeit und wirtschaftliche Effizienz der landwirtschaftlichen Gemeinschaften kümmerten.
  • Es begann die jahrzehntelange Unterminierung der Kompetenzen des populären Eltern-Lehrer-Netzwerks, wogegen sich bei jedem Schritt die Bewegungen der Lehrer*innen und der Schüler*innen wehrten.
  • Es unterminierte und schloss fast die gesamte für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze sorgende industrielle Infrastruktur in Ambazonia, darunter zwei natürliche Tiefwasserhäfen, vier Flughäfen, alle Eisenbahnlinien, die öffentliche Fluggesellschaft Cameroon Air Transport, damals das am schnellsten wachsende Luftfahrtunternehmen in Westafrika sowie das öffentliche Elektrizitätsunternehmen Powercam, damals eine Säule des Wirtschaftswachstums und 
der Energie-Selbstversorgung, die Nationalbank, eine Kreditgenossenschaft und viele andere.
  • Es hat seitdem alle neuen Wirtschaftsprojekte in Französisch-Kamerun angesiedelt, darunter die Ölraffinerie Sonara, die Öl aus Ambazonia in die frankophone Zone pumpt, wo alle ökonomischen Transaktionen verwaltet werden.
  • Das Regime behindert das Abhalten und die Pflege fast aller einheimischer Feste und lokaler kultureller Traditionen.

Bei jedem Schritt auf diesem Weg haben sich Ambazonier gewehrt. Vor dem von Anwält*innen geführten Aufstand von 2016 wurden die meisten Proteste von Student*innen und Lehrer*innen angeführt. Das kamerunische Militär hat diese friedlichen Proteste immer mit tödlicher Gewalt und Menschenrechtsverletzungen beantwortet, aber das Ausmaß dieses brutalen Vorgehens eskalierte 2016 exponentiell als die friedlichen Proteste zu einem Generalstreik mit Beteiligung aus allen Teilen der Gesellschaft wurden. Im Dezember 2016 äußerte der Sonderberichterstatter der Afrikanischen Union bezüglich der Menschenrechts-verteidiger*innen in Afrika seine tiefe Besorgnis wegen der unübersehbaren Menschenrechtsverletzungen in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens.

In Reaktion auf diese Grausamkeiten und zum ersten Mal in der langen Geschichte von vier Jahrzehnten des Dissenses begannen einige in Ambazonia sich zur gewaltsamen Verteidigung ihrer Gemeinschaften zu organisieren. Ebenfalls zu dieser Zeit veröffentlichte eine Koalition von Organisationen eine „Unabhängigkeitserklärung“, worunter sie die Wiederherstellung der Unabhängigkeit verstehen, die sie vor der Vereinigung mit Kamerun hatten, und etablierte im Exil eine Interims-Regierung.

Am 29. November 2017 nach bewaffneten Angriffen auf einen Militärkonvoi und eine Polizeistation, erklärte der kamerunische Präsident Paul Biya denjenigen den „Krieg“, die das Staatsradio „Terroristen, die Abspaltung anstreben“ nannte. Seitdem wurden diese Angriffe als Rechtfertigung für eine Politik der verbrannten Erde gegenüber den Gemeinschaften Ambazonias gebraucht, darunter systematische Vergewaltigungen und andere massenhafte Grausamkeiten gegen Frauen, Männer und Kinder sowie das Niederbrennen von Dörfern, wie es die BBC berichtete.

Gibt es unterschiedliche Positionen unter den ambazonischen politischen Kräften? Wie soll der Kampf um Unabhängigkeit und Menschenrechte geführt werden: mit militärischer Gewalt oder gewaltfrei?

Bis vor Kurzem war die Bewegung völlig gewaltfrei. Ein Hauptslogan war: “The Force of Argument, not the Argument of Force.” (Die Kraft des Arguments, nicht das Argument der Gewalt.) Das bezog sich auf das Vertrauen des Volkes darauf, dass der Irrtum erkannt und korrigiert würde, wenn das internationale Rechtssystem einen Blick auf die Tatsachen werfen würde. Erst nach den Massakern von 2016 und 2017 gingen einige dazu über, ihre Gemeinschaften mit Gewalt zu verteidigen.

Auch wenn die Mainstream-Presse das irreführende Narrativ der „Gewalt von beiden Seiten“ verbreitet, bleibt die ambazonische Bewegung hauptsächlich defensiv und im Wesentlichen gewaltfrei. Deshalb wird man nicht davon hören, dass französisch-kamerunische Zivilpersonen jemals zum Ziel ambazonischer Aktivist*innen wurden. Aber die Menschen organisieren sich, um ihre Dörfer und Gemeinschaften dagegen zu schützen, vom kamerunischen Militär niedergebrannt zu werden. Nach aktuellen Schätzungen hat das kamerunische Militär mehr als 400 Dörfer niedergebrannt – ein Kriegsverbrechen. Einige der Selbstverteidigungsgruppen sehen das Recht auf Selbstverteidigung als im Einklang mit gewaltfreiem Widerstand stehend.