die waffen nieder

Putins Angriff auf die Ukraine – Was tun?

Ein kurzer, praxisbezogener Artikel zur Ukraine

| Martin Schlüter

Teilnehmer*innen einer Anti-Kriegsdemo in London - Foto: Garry Knight via flickr. com, https://flic.kr/p/2n5wgSB ( (CC0 1.0)

 

Putin hat einen Angriffskrieg auf die Ukraine befohlen. Trotz zahlreicher Warnungen haben nur wenige Menschen in Deutschland damit gerechnet. Dieser Krieg ist nicht – wie jeder Krieg – ein Verbrechen, sondern ein absoluter Tabubruch, wenn nicht sogar eine Zeitenwende. Dass der russische Staat die sogenannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine unterstützt, ist seit vielen Jahren ein offenes Geheimnis. Dieser Konflikt reihte sich bisher in die Liste asymmetrischer Konflikte ein. Dieser Krieg ist qualitativ anders, weil in Europa ganz offiziell ein Staat einen anderen Staat überfällt, ihn erobern, wenn nicht sogar zerstören will.

Was tun?

Was sollte man, ja, was kann man überhaupt in dieser Lage tun? In den ersten Tagen nach Kriegsbeginn wurden die üblichen Reflexe erfolgreich abgespielt: Demos in „Solidarität mit der Ukraine“, entsprechende Posts in den sozialen Medien, Zusage von Unterstützung materieller und ideeller Art. Und nun? Folgende drei Punkte sind besonders wichtig:

1.) Differenzierte Solidarität und Kritik

Es ist unabdingbar, auszuformulieren, mit wem oder womit Solidarität gefordert und wer oder was eigentlich kritisiert wird. Die vorrangige Kritik richtet sich gegen Putin und das von ihm etablierte Regime in Russland. Die russische Bevölkerung ist nicht Ziel der Kritik.

Umgekehrt richtet sich die Solidarität explizit an diejenigen Menschen in Russland, die sich trauen, gegen den Krieg zu protestieren und dafür von der Straße weg verhaftet werden. Wir müssen Öffentlichkeit für die Stimmen der Kriegsgegner beider beteiligter Staaten und Ermutigung zur Desertion fördern.

Diese Differenzierung scheint banal, ist aber notwendig, da sich Leute finden werden, die bereitwillig einen angeblichen Russenhass in Deutschland oder einen angeblichen Genozid gegen Russen in der Ukraine reklamieren werden.

Umgekehrt richtet sich die Solidarität explizit an diejenigen Menschen in Russland, die sich trauen, gegen den Krieg zu protestieren und dafür von der Straße weg verhaftet werden. Wir müssen Öffentlichkeit für die Stimmen der Kriegsgegner beider beteiligter Staaten und Ermutigung zur Desertion fördern. Es geht nicht darum, mit dem ukrainischen Nationalstaat, dem ukrainischen Militär, ukrainischen Nationalisten oder mit der Nato anzubandeln. Diese Solidarität richtet sich an alle Menschen, die unter dem Aggressor Putin leiden – egal wo sie sich befinden oder welchen Pass sie haben.

2.) Überprüfen, mit wem wir tatsächlich an einem Strang ziehen

Falls sich der Protest gegen den Krieg verstetigt, ist vom Versuch einer Unterwanderung der Protestbewegung auszugehen. Einerseits gilt es, keine Rechten, die ihre Bewunderung gegenüber dem Asow-Regiment oder der Misanthropic Division kaum verhehlen können, auf entsprechenden Veranstaltungen zu dulden. Andererseits wird es rechte Strukturen wie die AfD geben, die sich bisher von Moskau protegieren ließen, die nun ihre eigenen Gründe „gegen den Krieg“ finden werden. Auf der anderen Seite gibt es bereits jetzt im kommunistischen Spektrum den ideologischen Totalausfall: DKP und Junge Welt positionieren sich zwar gegen den Krieg, doch geben sie ausschließlich der Ukraine oder „dem Westen“ die Schuld an dessen Ausbruch. Bei aller berechtigter Kritik an der Nato ist das lediglich eifriges Nachplappern der Kreml-Propaganda. Die fünfte Kolonne Moskaus ist hier nicht mehr ein bloßes Sprichwort.

3.) Menschen unterstützen

Unsere Unterstützung sollte stets Menschen und nicht Staaten oder Verteidigungsbündnissen gelten. In den letzten Jahren hat sich in Europa ein gut funktionierendes zivilgesellschaftliches Netzwerk etabliert, welches Menschen auf der Flucht vielfältig unterstützt. Hier gibt es existierende und gut funktionierende Strukturen in jeder Stadt, die sich über jede helfende Hand freuen.