die waffen nieder

Zweierlei Maß

Krieg in der Ukraine: Die Situation der Geflüchteten in Polen

| Food Not Bombs (FNB) Łódź

Warschauer Zentralbahnhof während der ukrainischen Flüchtlingskrise im März 2022 - Foto: Kamil Czaiński, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat Polen viel Lob für sein effizientes Vorgehen bei der Flüchtlingshilfe erhalten. In der Tat engagiert sich die Gesellschaft wie nie zuvor. Während die einen mit heißer Suppe empfangen werden und viele Familien direkt in vorbereitete Wohnungen einziehen, sterben jedoch andere Geflüchtete leider immer noch in den Wäldern, werden aller Rechte beraubt und erleben Gewalt.

Zwei Grenzen

Geflüchtete aus der Ukraine sind nicht völlig sicher. Es wird versucht, Geld von ihnen zu erpressen, und es ist sogar von Zuhältern die Rede, die auf Frauen lauern. Meistens landen die Menschen jedoch in Privatwohnungen oder in vorbereiteten Einrichtungen. Wenn es ihnen gelingt, die Grenze zu überqueren, erhalten sie eine Mitfahrgelegenheit, warmes Essen, Hygieneartikel und zumindest grundlegende Unterstützung bei Behördengängen. Die meisten Hilfsaktivitäten sind von unten organisiert.

Ein ganz anderes Schicksal erwartet die Geflüchteten an der polnisch-weißrussischen Grenze, die nur wenige Kilometer nördlich der ukrainischen Grenze beginnt. Hier können sich diejenigen glücklich schätzen, die es geschafft haben, aus dem Wald herauszukommen und ein Krankenhaus oder ein Privathaus zu finden. Aber sie fühlen sich immer noch nicht sicher. Es hat Fälle gegeben, in denen Verletzte oder extrem erschöpfte Menschen aus dem Krankenhaus zurück in den Wald gebracht wurden. Diejenigen, die an der Grenze festsitzen, riskieren den Tod durch Erschöpfung, Schläge, Vergewaltigung und weitere Abschiebung.

Gleiche Zeit – andere Realität

Als die russischen Truppen in die Ukraine einmarschierten, hatte sich in den Wäldern zwischen Polen und Weißrussland bereits seit sechs Monaten ein Drama abgespielt. Die Geflüchteten aus Afrika und dem Nahen Osten hofften, Europa, vor allem Deutschland, schnell zu erreichen. Sie wurden mit unerwarteter systematischer Gewalt konfrontiert. Der polnische Staat misst weiterhin mit zweierlei, ja dreierlei Maß. Es werden Einrichtungen für die Ukrainer*innen vorbereitet, und sie haben sicherlich ein Recht darauf. Menschen anderer Nationalitäten, insbesondere anderer Hautfarbe, die aus der Ukraine fliehen, haben jedoch nicht die gleichen Rechte. Sie haben nur bei Vorlage ihrer Staatsangehörigkeit und eines Visums Anspruch auf eine Vorzugsbehandlung. Ganz am Ende dieser Abstufung stehen Geflüchtete aus dem Sudan, Syrien, Afghanistan und anderen Konfliktgebieten, die über die weißrussische Grenze nach Polen gelangt sind. Sie werden nicht als Menschen, sondern als Objekte eines polnisch-weißrussischen Hybridkriegs behandelt. Die Gewalt der Grenzsoldaten richtet sich gegen die Schwächsten.

Im Internet kursieren viele Geschichten aus erster Hand:

Ein Junge aus dem Jemen liegt im Wald. Er ist unterkühlt, sein Knöchel schmerzt, den er sich vor sechs Monaten gebrochen hat. – So beschreibt die Ärztin Paulina Bowik einen ihrer Waldpatienten.

Eine schwangere 29-jährige Kongolesin erlitt eine Fehlgeburt, weil sie sechsmal „wie ein Müllsack“ über die Grenze geworfen wurde. – Eine Migrantin berichtet für Oko.press.

Als die Organisation „Mediziner*innen an der Grenze“ (pl. „Medycy na granicy“) eine bewusstlose Frau in einem unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand in ein Krankenhaus einlieferte, brachte der Grenzschutz ihren Ehemann und ihre fünf Kinder zurück an die weißrussische Grenze.

Die Krise, die durch den Krieg in der Ukraine und die Konflikte in anderen Teilen der Welt verursacht wurde, wird nicht so schnell enden. Wir können jedoch keine Situation tolerieren, in der Menschen in „legale“ und „illegale“ Personen unterteilt werden.

Jeden Tag gibt es Geschichten wie diese. Manche enden glücklich. Vor allem für diejenigen, die es schaffen, ein Visum zu erhalten und ihre wartenden Familien in Deutschland oder anderen Teilen Europas zu erreichen. In Polen werden sie ebenfalls in geschlossenen Zentren untergebracht.

Nicht nur Rassismus

Die Differenzierung bei der Behandlung der Geflüchteten hat viele Ursachen. Man kann sich jedoch nur schwer des Eindrucks erwehren, dass einer der Gründe die Hautfarbe ist. Albagir aus dem Sudan, dessen Geschichte ursprünglich in der „New York Times“ erschien, wurde an der polnischen Grenze wiederholt zurückgewiesen. Er landete mit anderen Geflüchteten in einer weißrussischen Garage. Wie er sich erinnert, wurden sie verprügelt und rassistisch beleidigt. Der einzige hellhäutige Kurde, der bei ihnen war, wurde nicht einmal berührt.

Auf der polnischen Seite ist der Rassismus in der Gesellschaft verwurzelt. Nicht-weiße Migrant*innen aus der Ukraine hatten viel größere Schwierigkeiten, eine Wohnung zu bekommen. Ukrainer*innen haben Anspruch auf kostenlose Tickets, die Personen, die in der Ukraine studiert oder gearbeitet haben, hingegen nicht. Weiße Kurd*innen, die sich an der polnisch-weißrussischen Grenze aufhalten, müssen ebenfalls mit dem Tod im Wald, illegalen Pushbacks und Schlägen rechnen. Die polnische Regierung erklärt dies mit dem Widerstand gegen einen weißrussischen Hybridkrieg. Es gibt jedoch keine Rechtfertigung dafür, dass extrem erschöpfte Zivilist*innen, von denen viele Frauen und Kinder sind, auf diese Weise behandelt werden. Die Verhängung des Ausnahmezustands in der Nähe der Grenze hindert Hilfsorganisationen und Aktivist*innen daran, sie zu erreichen (siehe GWR 463 und GWR 464).

Hilfe von unten trotz Schwierigkeiten

Trotz der Schwierigkeiten seitens der polnischen Behörden und der illegalen Aktionen des Grenzschutzes gibt es immer noch Menschen und Organisationen, die helfen. Auch Privatpersonen engagieren sich für die Geflüchteten aus der Ukraine, von denen sich derzeit rund zwei Millionen in Polen aufhalten. Dank ihnen ist es manchmal möglich, den besten Weg aus der schlimmsten Situation zu finden.

Die größten Held*innen sind diejenigen, die den Migrant*innen in der Nähe der weißrussischen Grenze die Hand reichen, aber Hilfe wird eigentlich überall gebraucht. Auf den Bahnhöfen der Großstädte bieten die Aktivist*innen ihre Unterstützung an und wechseln sich bei ihrem Dienst in Schichten ab. Auch die Migrant*innen selbst – sofern sie es geschafft haben, ihren Status zu stabilisieren – beteiligen sich an der Hilfe.

Die Krise, die durch den Krieg in der Ukraine und die Konflikte in anderen Teilen der Welt verursacht wurde, wird nicht so schnell enden. Wir können jedoch keine Situation tolerieren, in der Menschen in „legale“ und „illegale“ Personen unterteilt werden.

Food Not Bombs (FNB) Łódź

Unsere Ziele und Aktivitäten

Wenn ihr die Geflüchteten unterstützen möchtet, könnt ihr auf das Konto der Gruppe Food Not Bombs Łódź spenden, die aktiv diese Aktivitäten unterstützt:

https://zrzutka.pl/en/33d577/wplac

Food Not Bombs (FNB) Łódź ist ein Kollektiv von Aktivist*innen, das es sich in den letzten 20 Jahren zur Aufgabe gemacht hat, die Verschwendung von Lebensmitteln zu verhindern und die bedürftigsten und von Obdachlosigkeit bedrohten Mitglieder der Gesellschaft mit warmen Mahlzeiten, frischem Gemüse und Kleidung zu versorgen. In Anbetracht der vielen Herausforderungen, mit denen die Gesellschaft derzeit konfrontiert ist, und der immer größer werdenden Gruppen von Menschen, die direkte Hilfe benötigen, hat FNB beschlossen, seine Aktionen auszuweiten und direkte und indirekte Hilfe an der ukrainischen und weißrussischen Grenze zu leisten.

Übersetzung: moku