Editorial

Kohle, Mäuse, Kröten, Knete, Moneten – wenn wir genauso viel davon hätten, wie uns Wörter einfallen, könnten wir uns den diesjährigen Spendenaufruf sparen. Wie ihr euch aber nach dieser Einleitung denken könnt, sind wir wieder einmal (und weiterhin) auf eure finanzielle Unterstützung angewiesen. Nächstes Jahr wird die GWR 50 Jahre alt – und damit wir gut aufgestellt ins nächste halbe Jahrhundert starten können, brauchen wir mehr Abonnent*innen, Spenden und sonstige Formen von Support, die euch so einfallen – zum Beispiel Geschenkabos oder einen kräftigen Büchereinkauf im GWR-Verlag. Mehr Informationen dazu und unser Spendenkonto findet ihr auf Seite 24. Und einen Überblick über die Neuerscheinungen und das Gesamtprogramm des GWR-Verlags bekommt ihr im Beileger in dieser Ausgabe: Vier Seiten voller Buch-Highlights!
Für alle, die mal einen Rückblick wagen wollen, welche Themen in den letzten paar Jahren in der GWR wichtig waren, gibt es ein Überraschungspaket: Drei Ausgaben für fünf Euro oder fünf Ausgaben für acht Euro mit einem bunten Mix früherer GWRs. Lesegenuss ist garantiert, und ihr könnt dem Jahreswechselloch entspannt entgegenblicken.

Die neunte Kunst

Damit ihr euch mit noch mehr guter Lektüre eindecken könnt, widmet sich der Schwerpunkt dieser Ausgabe Comics und Graphic Novels – der „neunten Kunst“ (Francis Lacassin). Inzwischen hat sich weithin herumgesprochen, dass dieses Genre mehr ist als witzige Bildchen und sich auch für politische Themen eignet – auch wenn die ursprünglichen „Comic Strips“ oft als Inspiration für anarchistische und linke Adaptionen dienten. Mit einem Überblick über Comics und soziale Bewegungen von Maurice Schuhmann starten wir in die Themenseiten. Gute Beispiele für politische Graphic Novels stellen Lou Marins Beitrag über Jacques Tardis antimilitaristisches Werk und Tinets Artikel über Antonio Altarribas Biografien seiner Eltern in und nach der Spanischen Revolution vor. Ein weiteres Highlight ist das ausführliche Interview mit der feministischen Comic-Künstlerin Liv Strömquist zu ihrer Arbeit und ihren politischen Ansätzen. Welche Rolle das Genre Sachcomics spielt, wird im Gespräch mit dem Unrast-Verlag diskutiert.
Um gute Literatur geht es auch in anderen Beiträgen: Ein Vorabdruck gibt Einblick in James Horroxʼ „Gelebte Revolution. Anarchismus in der Kibbuz-Bewegung“, das im Dezember erscheint, und Rolf Raasch rezensiert zwei Romane über die Revolution 1944 in Guatemala. Aber keine Angst, die Ausgabe richtet sich nicht nur an Bücherwürmer, sondern berichtet aus verschiedenen Bewegungen – von Sebastian Gerhardts Kommentar zur Kampagne „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ und dem Artikel der Initiative „Tear Down Tönnies“, die mit Blockaden gegen den Fleischkonzern aktiv ist, über Peter Nowaks Analyse der Räumung des Köpi-Wagenplatzes bis hin zu Flora vom Gysenbergs Zusammenfassung der GÜZ-Prozessserie gegen Antimilitarist*innen. In zwei Interviews kommen Aktivistinnen aus sehr unterschiedlichen Bewegungen zu Wort: Im zweiten Teil des Gesprächs mit der feministischen Friedensaktivistin Ellen Diederich werden die Kriegsambitionen der BRD thematisiert, während Ronja die antisexistische Kampagne #punktoo vorstellt, die seit einem knappen Jahr die Punkszene beschäftigt.
Und wie immer gibt es einen Blick über den Tellerrand: Rudi Friedrich analysiert die Situation von Kriegsdienstverweigerern in der Türkei, Eichhörnchen berichtet von den Prozessen gegen die Gegner*innen des Atommüll-Endlagers im französischen Bure, und das polnische No-Borders-Team schildert die katastrophale Situation von Geflüchteten an der Grenze zu Belarus. Zu Griechenland gibt es gleich zwei Artikel: Die Gruppe fytíli fasst den „Rouvikonas“-Prozess gegen zwei Anarchisten zusammen, und Peter Oehler hat in Piräus, Athen und auf Lesbos zahlreiche Initiativen und Projekte kennengelernt, die selbstorganisiert Geflüchtete unterstützen.
Und selbstverständlich gibt es noch viel mehr Artikel, die ihr selbst entdecken dürft: Viel Spaß beim Schmökern wünscht euch

die GWR-Redaktion

Erratum:
Im Editorial der GWR 463 war ein Foto vom Treffen der Zapatistas mit dem ehemaligen Koordinationsredakteur Bernd Drücke abgebildet. Das Foto stammt von der Gruppe Basta, nicht von Bernd Drücke, der ja selbst auf dem Foto abgebildet war.