“Soziale Bewegungen praktizieren zu wenig zivilen Ungehorsam”

In Erinnerung an Peter Grottian

 378 april 2013 Interview: Michael Schulze von Glaßer

In der Graswurzelrevolution Nr. 454 erscheint ein Nachruf auf unseren Autor und Mitstreiter Peter Grottian.   Peter Grottian ist Hochschullehrer für Politikwissenschaft an der FU Berlin. Er ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von attac. Seine im folgenden Interview vertretenen Positionen weichen insofern vom Selbstverständnis der Graswurzelrevolution ab, als sie den Staat affirmativ zum Adressaten politischer Forderungen machen. Zugleich aber zielt Grottian darauf ab, die zahmen Attac-Aktionen zuzuspitzen und mit radikaler Kritik an Herrschaftsstrukturen zu verbinden. Deshalb wollen wir diese Positionen zur Diskussion stellen und freuen uns über Bezug nehmende Beiträge. (GWR-Red.) Weiterlesen

„Der gesamte Diktaturapparat muss gestürzt werden“

Eine anarchistische Perspektive auf die Proteste in Belarus. Interview mit ABC Belarus.

 452 oktober 2020 Interview: Jakob Reimann

Am 9. August 2020 fanden in Belarus Präsidentschaftswahlen statt, die der amtierende Präsident Alexander Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent für sich entscheiden konnte. Die Opposition sowie eine Vielzahl internationaler Beo-bachter*innen spricht von Wahlbetrug. Die Bürgerrechtlerin und aussichtsreichste Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja reklamierte ihrerseits den Wahlsieg, musste auf Druck der Regierung das Land jedoch ins benachbarte Litauen verlassen. Seit Wochen formieren sich in der Hauptstadt Minsk und vielen anderen Orten Massenproteste mit Hunderttausenden Teilnehmer*innen. Wir unterhielten uns mit der anarchistischen Gruppe Anarchist Black Cross (ABC) Belarus über die Lage vor Ort. (GWR-Red.) Weiterlesen

Die Eroberung des Brotes

Stephanie Wild vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft über die Covid-Auswirkungen auf die Solawi, Vorteile regionaler Lebensmittelproduktion und einen Topf, der die Runde macht

 450 sommer 2020 Interview: Daniel Korth

Covid-19 offenbart die Zerbrechlichkeit unserer auf Profit und Wirtschaftswachstum basierenden Gesellschaft. Sechs Wochen Stillstand und die Weltwirtschaft taumelt in eine Rezession, so bedrohlich, dass die Bundesregierung der Schwarzen Null abschwört und ein Vorstandsmitglied von Black Rock das Wort „Schuldenschnitt“ in den Mund nimmt. Wie aber bewähren sich solidarische Strukturen in der Krise? Bieten Solidarität und gegenseitige Hilfe ein Mittel gegen die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie oder scheitern sie genauso kläglich wie die „freie Marktwirtschaft“? Das folgende Gespräch zwischen GWR-Mitherausgeber Daniel Korth und Stephanie Wild vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. untersucht diese Frage am Beispiel der Solidarischen Landwirtschaft, einer weltweiten Bewegung, die die Produktion von Nahrungsmitteln der Logik des Marktes entzieht. (GWR-Red.) Weiterlesen

#power2viome – Ein Generator für Vio.Me!

Helft dem selbstverwalteten Betrieb

 449 Mai 2020 Monika zur Mühlen (gskk.org)

Am 30.3. um 6.30 in der Frühe rückte ein Kommando des öffentlichen Stromversorgers (DEI) an, um der selbstverwalteten Fabrik von Vio.Me (Viomichaniki Metalleftiki) in Thessaloniki den Strom abzustellen. Mit dabei zwei Einheiten Bereitschaftspolizei nebst Einsatzfahrzeugen für Gefangenentransport (!). „Männer in Kampfmontur und bewaffnet patrouillieren in der Dunkelheit, nutzen die Ausgangssperre und ziehen ihre Repressionspolitik durch.“ (1) Weiterlesen

Am 17. März 2020 ist Equal Pay Day. Worum geht‘s?

 446/447 februar/märz 2020 ₽$₴₡₴O£₭₳

Der Equal Pay Day weist symbolisch auf die Entgelt-Ungleichheit zwischen Frauen* und Männern* hin. An diesem Stichtag ist der Teil des Jahres vergangen, welcher der prozentualen Lohnlücke zwischen den Geschlechtern entspricht. Am 17. März 2020 liegen 21 % des Jahres hinter uns, was den aktuellen Zahlen für Deutschland entspricht. Die gängige Erklärung lautet: Wenn alle den gleichen Bruttostundenlohn … Weiterlesen

Der Syndikalistische Frauenbund: Aktive Arbeiterinnen in der Weimarer Republik

 446/447 februar/märz 2020 Vera Bianchi

Mitglieder einer anarchosyndikalistischen Gewerkschaft gründen eine Frauengruppe: 2017 in der FAU (Freie Arbeiter*innen-Union) die fem*fau (Feminismus-AG der FAU) – aber auch schon fast 100 Jahre früher passierte dies in der Vorläuferorganisation FAUD (Freie Arbeiter-Union Deutschlands). Diese Gruppe trug allerdings nicht das Wort „Feminismus“ im Namen, da dies zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur mit der bürgerlichen Frauenbewegung und dem Kampf für das Frauenwahlrecht konnotiert war – also nichts, wofür Anarchosyndikalistinnen kämpften. Sie nannten ihre Organisation stattdessen „Syndikalistischer Frauenbund“ (SFB).(1) Weiterlesen

Ohne Feminismus keine Gewerkschaft

 446/447 februar/märz 2020 fem*fau

Frauen und Menschen, die sich nicht in die binäre Geschlechterhierarchie einordnen lassen, werden durch das Patriarchat im Zusammenspiel mit Kapitalismus unterdrückt und abgewertet. Dadurch haben sie noch schlechtere Arbeitsbedingungen als Cis-Männer. Auch innerhalb der Arbeiter_innenklasse besteht eine geschlechterbasierte Hierarchie. Aber wo Unterdrückung ist, ist auch Widerstand – schon immer haben sich Frauen und nicht-binäre Menschen organisiert und für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen gekämpft. Weiterlesen

Anarchismus und reproduktive Selbstbestimmung

 446/447 februar/märz 2020 Antje Schrupp

Neue Menschen können nur zur Welt kommen, wenn andere Menschen schwanger werden und gebären – das ist eine biologische Tatsache. Ebenfalls eine biologische Tatsache ist, dass nur etwa die Hälfte aller Menschen schwanger werden kann und die andere Hälfte nicht. Diese reproduktive Differenz erfordert politische Aushandlungen: In welchem Verhältnis steht die individuelle Entscheidung einer Person, schwanger zu werden (oder nicht), zu den Interessen der Allgemeinheit? Welche Pflichten und Rechte haben Schwangere oder potenziell Schwangere? Sind sie zum Beispiel verpflichtet, die Schwangerschaft zu Ende zu führen, obwohl dies ein körperlich belastender und möglicherweise sogar gefährlicher Vorgang ist? Haben sie einen Anspruch auf Entschädigung für die damit verbundenen Einschränkungen, Mühen und Risiken? Weiterlesen