Die Dakota-Access-Pipeline (DAPL) soll der Erdölindustrie und den Banken hohe Gewinne einbringen. Gegen den Bau protestiert seit 2015 eine Graswurzelbewegung, die im Standing Rock-Reservat in den US-Bundesstaaten North Dakota und South Dakota entstanden ist (die GWR berichtete). Im Januar 2017 setzte US-Präsident Donald Trump das Pipelineprojekt per Dekret durch. Aber, ob unter Trump oder ab Januar 2021 unter Biden, der Kampf geht weiter.
Die Dakota Access-Pipeline wurde als Verbindung von North Dakota mit Illinois konzipiert und ist Teil eines riesigen Bauvorhabens der Energy Transfer Partners (ETP), das ein Netzwerk von Pipelines durch die USA und Kanada ziehen soll. Das Erdöl soll für den Export kostengünstig zu den Ölraffinerien im Golf von Mexiko transportiert werden, um die Gewinnmarge auf dem fossilen Rohstoff zu erhöhen. Die Pipeline wurde durch Land gezogen, das die Vereinigten Staaten dem Standing Rock Sioux Tribe 1851 mit den Fort Laramie-Verträgen zugesprochen haben. Einerseits führt sie mitten durch Grabstätten der Lakota, andererseits unter dem Lake Oahe hindurch, einem der wichtigsten Grundwasserreservoirs der Region. Die Pipelinegegner*innen befürchten zu Recht, dass sie die Trinkwasserversorgung von Millionen Menschen gefährdet, denn allein 2016 wurden in den USA 200 erhebliche Ölpipeline-Lecks gezählt. Wie gerechtfertigt diese Befürchtungen sind, zeigte sich am 6. April 2017, als die DAPL zum ersten Mal leckte. (1)
Im Frühling 2016 entstand in und um das Reservat Standing Rock eine starke Widerstandsbewegung gegen die Pipeline. Die Aktivist*innen nennen sich bewusst nicht „Protestors“ (Protestierende) gegen DAPL sondern „Water Protectors“ (Beschützer*innen des Wassers). Nebst anderen sind am Widerstand Leute der NGO Indigenous Environmental Network beteiligt, (2), welche Traditionelles mit neuen alternativen Lebensformen verbinden, und die Lebensgrundlage aller schützen wollen. Auch die Standing Rock Reservation (3) solidarisiert sich mit der Bewegung gegen den Bau der Pipeline.
Ein weiteres großes Camp entstand im Sommer 2016: das Oceti Sakowin. Bis zum September 2016 lebten bereits 3000 Leute in den Zeltlagern, welche sich auf Privatgrundstücken und auf Reservationsgebiet befanden. Sie errichteten eine eigene Infrastruktur mit medizinischer Versorgung, Großküchen und einer Schule. Das Oceti Sakowin Camp wurde zur größten Zusammenkunft verschiedener Stämme der „First Nations“ (Indigene) seit 1920. Gegen 200 nordamerikanische Stämme – unter anderem Lakota, Nakota und Dakota, Cheyenne, Hopi und Navajos – aber auch Indigene aus Südamerika schickten ihre Vertreter*innen.
Brutale Repression
Im US-Bundesstaat North Dakota herrscht seit jeher eine aggressiv-rassistische Haltung gegenüber allem was aus dem Reservat kommt. Zudem hat die Regierung des Bundesstaates ökonomische Interessen daran, sich hinter die Ölindustrie zu stellen. Es war also schnell klar, dass die Behörden alles unternehmen würden, um die Protestierenden zu kriminalisieren. Der republikanische Gouverneur Jack Dalrymple verhängte denn auch über Teile North Dakotas den Ausnahmezustand. Auf der Zufahrtsstraße zu den Protestcamps errichtete die militärisch ausgerüstete Nationalgarde einen Checkpoint und Polizeipatrouillen waren pausenlos im Einsatz.
Im Herbst 2016 begannen die Sicherheitskräfte brutal gegen die Aktivist*innen vorzugehen. Sie wurden bei friedlichen Protestaktionen mit Hunden angegriffen und wahllos verhaftet. Teile der Infrastruktur der Camps und ganz gezielt auch sakrale Gegenstände wurden mit Bulldozern zerstört. Am 20. November 2016 attackierten die Sicherheitskräfte bei Minustemperaturen die „Water Protectors“ mit Wasserwerfern und Gummischrott. Das Standing Rock Medic & Healer Council vermeldete in einer Pressemitteilung gegen 300 Verletzte. Amnesty International lancierte daraufhin eine Kampagne wegen der vorgefallenen Menschenrechtsverletzungen. (4) Später wurde bekannt, dass die Betreiberfirmen von Energy Transfer Partners paramilitärische Sicherheitsdienste angestellt hatten, welche mit im Afghanistan– und Irakkrieg erprobten Methoden gegen die Protestierenden vorgegangen waren. (5)
Zwischen August und Anfang Dezember 2016 wurden über 500 Menschen rund um die Camps festgenommen. Übergriffe bei Personenkontrollen und Arrest in Dunkelzellen auf unbestimmte Zeit waren an der Tagesordnung. Trotz dieser Aggressionen durch den Staat praktizierte die Bewegung konsequent den gewaltfreien Widerstand.
Ende November 2016 teilten die Behörden den Camps mit, dass sie am 5. Dezember 2016 „evakuiert“ würden. (6) Nun hatten sich aber etwa 2000 Veteranen – darunter viele ursprünglich aus Reservaten – mit den Camps solidarisiert. Sie waren zum Teil zu Fuß bis nach Standing Rock gekommen, um ein menschliches Schutzschild um die Camps zu legen. Überraschenderweise ordnete der noch amtierende US-Präsident Barack Obama daraufhin am 5. Dezember 2016 einen Baustopp an. Das Army Corps of Engineers sollte die Argumente der Gegner*innen des Pipelineprojekts anhören und alternative Pipeline-Routen prüfen lassen.
Präsidentenwechsel 2017
Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits klar, dass Donald Trump als neuer Präsident alles unternehmen würde, um den Bau der DAPL durchzusetzen. Er hatte eine zentrale Figur der US-Ölindustrie, den Exxon-Mobil-Chef Rex Tillerson, zum US-Außenminister erkoren und den texanischen Gouverneur und Sympathisanten der Ölindustrie, Rick Perry, zum Energieminister ernannt. Perry hatte als Mitglied des Verwaltungsrats der Energy Transfer Partners (ETP), welche die Pipeline baute und betreiben würde, persönliche Interessen an der Fertigstellung der DAPL. Ebenfalls absehbar war, dass sich Trump allen Indigenen gegenüber feindselig und rassistisch verhalten würde. Einer seiner Freunde, Rudy Giuliani, ehemaliger Bürgermeister von New York City und bekannt für seine extrem rechten Positionen, bejubelte seine Wahl denn auch als „einen der größten Siege für das amerikanische Volk seit Andrew Jackson”, Landspekulant, Kaufmann, als Kriegsheld verehrter General, US-Präsident und einer der aggressivsten Feinde der First Nations in der Frühphase der US-amerikanischen Geschichte. (7)
Dem abtretenden Präsidenten Obama war also sicherlich klar, dass der Baustopp nach Trumps Machtübernahme sofort rückgängig gemacht würde. Die Pipelinegegner*innen sind der Meinung, dass Obama die weit effizientere Option hätte nutzen und die Region zum Naturschutzgebiet hätte erklären müssen. Das tat er aber nicht.
Parallel zum Widerstand vor Ort gelang es dem internationalen Netzwerk der NoDAPL-Bewegung, einzelne Banken und Städte dazu zu bewegen, Investitionen aus dem Umfeld der Pipeline abzuziehen. „Deinvest“-Kampagnen riefen dazu auf, Druck auf die Banken auszuüben, welche an der direkten Finanzierung des Projekts von ETP beteiligt waren. In der Schweiz waren das die UBS und die Crédit Suisse, die sich ihren ethiktriefenden Leitlinien zum Trotz aktiv und sogar vor Ort an der Konzipierung des Projekts beteiligte. In Deutschland betraf dies unter anderen die Bayern LB und die Deutsche Bank. (8)
Ende Dezember 2016 waren in Standing Rock bereits 10.000 Leute vor Ort. Der harte Winter mit Schneestürmen machte ihnen zu schaffen. Am 11. Dezember 2016 verfasste Kathy Peltier, die Tochter von Leonard Peltier, einen Aufruf. Leonard Peltier, ein AIM-Aktivist, der auch von Amnesty International als politischer Gefangener eingestuft wird (9), war in den 70er Jahren am Widerstand des American Indian Movements (AIM) und deren Besetzung von Wounded Knee beteiligt gewesen. Kathy Peltier schreibt: „Mein Vater verbrachte vier Dekaden seines Lebens im Gefängnis, auf der Grundlage eines Verfahrens, welches Experten und Richter als unfair einstufen. Ich habe ihn nie anders als durch das Zellengitter kennengelernt.“. Sie rief Präsident Obama am Tag der internationalen Menschenrechte dazu auf, ihren Vater zu begnadigen, damit der unterdessen über 70-jährige kranke Mann den Rest seiner Tage mit seiner Familie verbringen dürfe..
Präsident Obama trat ab, ohne dieser Bitte stattzugeben. Dies traf die Aktivist*innen unter den Lakota hart, war doch Barack Obama einer von nur drei Präsidenten in der Geschichte Amerikas, die einem Reservat einen offiziellen Besuch abgestattet haben. Im Juni 2014 war er in Standing Rock als Hoffnungsträger empfangen worden. Die Geste dieser Begnadigung hätte für die Lakota eine große symbolische Bedeutung gehabt, als eine Art Anerkennung der jahrhundertelangen Geschichte eines versuchten Genozids, Ethnozids und der „Centuries of Broken Treaties“, der gebrochenen Verträge. Zudem stammen einige der NoDAPL-Aktivist*innen aus Familien, die in den 70ern massiv unter Repressionen gegen die AIM-Bewegung gelitten haben. Viele hatten große Hoffnungen in Obama gesetzt und seinen zahlreichen Statements, für die Native Americans einzutreten, aufrichtig Glauben geschenkt. Nun reihte sich diese Enttäuschung in die Sammlung der gebrochenen Versprechen ein. (10)
Wie zu erwarten unterbrach dann im Februar 2017 Donald Trump als neuer US-Präsident die von Obama angeordnete Vernehmlassung per Dekret und die US-Armee gab den Bau des letzten Abschnitts der DAPL am 8. Februar 2017 frei. Der Standing Rock Sioux-Tribe reichte beim Bundesgericht in Washington Klage ein, aber das Gericht lehnte am 14. Februar 2017 einen Baustopp mit der Begründung ab, dass eine leere Pipeline noch keine Wassergefährdung darstelle. Weitere Prozesse und Hearings fanden statt, wurden aber mit ähnlich fadenscheinigen Einwänden abgewiesen. (11)
Das Camp Oceti Sakowin wurde zwischen dem 23. und dem 25. Februar 2017 zerstört. (12) Damit war klar, dass die neue US-Regierung keine Probleme damit hatte, im Interesse von Konzernen mit Militärgewalt gegen die Zivilbevölkerung aufzumarschieren. 800 Umwelt-Aktivist*innen wurden angeklagt und teilweise inhaftiert. (13) An einigen der Verhafteten sollte offenbar ein Exempel statuiert werden. Fünf davon sind bis heute nicht frei gekommen, darunter die Aktivistin Red Fawn. (14)
Das wirkte auf viele Indigene retraumatisierend, weil es stark an das Vorgehen gegen die AIM und die lebenslange Inhaftierung von Peltier erinnerte. Aktivistische Kollektive, wie zum Beispiel das Water Protector Legal Collective (15) und Lakota People‘s Law Project (16), haben seither hervorragende Arbeit bei der Verteidigung der Verurteilten geleistet. Das Verhältnis zwischen den Parteien ist jedoch ungleich und man ist vor allem dort praktisch chancenlos, wo republikanische Richter aus North und South Dakota die Prozesse entscheiden. Die Verfahren verschlingen zudem Unsummen von Geldern, welche den indigenen Organisationen zum Teil gar nicht zur Verfügung stehen oder in anderen Bereichen ebenfalls bitter benötigt würden. Skandalös ist zudem, dass die Militär- und Polizeieinheiten in keiner Weise für ihre gewalttätigen Übergriffe zur Verantwortung gezogen werden.
Der Widerstand geht weiter
Die Themen der DAPL-Bewegung liessen sich aber nicht einfach aus dem Weg räumen. Wie von Stammesältesten vorhergesagt, ist seit Standing Rock nicht nur in den USA der Widerstand gegen eine profitorientierte Oberschicht, welche die Lebensgrundlage aller gefährdet, ständig weitergewachsen. Mitte März 2017 fand eine der größten Kundgebungen der Native Americans und ihrer Verbündeten in Washington statt, es wurde weiter prozessiert und gegen die Keystone XL-Pipeline protestiert.
Überraschung im März 2020
Am 25. März 2020 geschah etwas Unerwartetes: Das Bundesgericht in Washington, entschied, dass das US Army Corps of Engineers den National Environmental Policy Act (NEPA) verletzt habe, als es 2016 die Erlaubnis dafür ausstellte, dass die Pipeline unter dem Missouri durchgezogen werden dürfe. Energy Transfer Partners (ETP) muss vorübergehend den Betrieb der Pipeline einstellen. Eine nochmalige Anhörung wurde angeordnet und eine vollständige Umweltstudie (EIS) eingefordert. Dies ist ein Sieg für die Kläger*innen in diesem seit 2016 andauernden Rechtsstreit, die Standing Rock, Cheyenne River, Oglala und Yankton (Lakota) Sioux-Stämme. Zudem hat der zuständige Bundesrichter James Boasberg, bestätigt, dass der Standing Rock- und der Cheyenne River-Tribe durch den Bau um Land gebracht worden, und die Stämme nun vom Wasser des Lake Oahe abhängig sind. Weiter wurde festgehalten, dass das Corps die Expertenanalysen zur Sicherheit der Pipeline ignoriert hatte und die Grundwasserversorgung der Region tatsächlich in Gefahr ist. Die Stämme wurden als souveräne Nationen anerkannt und somit die Argumentation der Gegenseite abgewiesen, dass sie nichts als NOGS seien, welche kein Recht hätten, Expertenanalysen zuhanden einer anderen Regierung einzugeben. (17)
Chase Iron Eyes, als NoDAPL-Aktivist und Anwalt direkt ins Geschehen involviert, nimmt wie folgt Stellung zum Entscheid des Bundesgerichts:
„Als am 4. Dezember 2016 Präsident Obama ETP die Bewilligung zur Untertunnelung des Missouri verweigerte, feierten das alle als Sieg. Unterdessen wissen wir, dass das keiner war und es sich sogar eher um einen wohlüberlegten Schachzug handelte, mit dem Ziel uns zu hintergehen. (…) Das US Army Corps of Engineers und die Regierung wissen genau, dass sie in der stärkeren Position sind (…) und es gelingt ihnen immer wieder, dieses System der gesetzlich geschützten, ökonomisch-politischen Unterdrückung zu erhalten. Weil sie nämlich alle Institutionen kontrollieren, die den Amerikanern Wissen und Kultur zugänglich machen. (…) Nun hat aber der Bundesrichter James E. Boasberg das Vorgehen als unzulässig erklärt. (…) Vielleicht hinterlassen die existentiellen und klimatischen Krisen – der brennende Amazonas oder der Corona-Virus – Spuren in der Wahrnehmung der Leute. Am liebsten würde ich mir aber vorstellen, dass der Richter Kinder oder Enkel hat und dass diese Leute nun plötzlich fähig sind, Mitgefühl und Logik zu kombinieren. Und dass sie bereit sind, danach zu handeln und Gesetze unter diesem Gesichtspunkt zu verstehen und auszulegen. Boasberg fordert nun also ein vollständiges EIS und wir sind glücklich darüber. Das ist alles was wir seit jeher eingefordert haben, dass nämlich die Amerikaner und die USA ihre eigenen Gesetze und Abmachungen einhalten. Leider heisst diese Entscheidung des Bundesgerichts aber noch nicht, dass wir in Sicherheit sind.(…)
Diejenigen von uns an vorderster Front, welche die Interessen der Stämme verteidigen und ihren offiziellen Vertretern helfen wollen, ihre Souveränität zu behaupten (…), hoffen, dass (die Entscheidung) auch den „National Environmental Policy Act“ (NEPA) stärkt, welcher vom Army Corps und Energy Transfer Partners missachtet worden ist.
Wir kämpfen nicht zum Vergnügen gegen Extraktionen; gegen die große finanzielle Ausbeutung durch die privatisierte Konzernmaschine. Als Indigener geboren zu sein bedeutet, dass ich gezwungen bin, mich zur Wehr zu setzen für diesen Planeten und das Leben. Die ganze Menschheit sollte ihre eigene „Indigenität“ anerkennen und verstehen, dass ihr alle schon lange in diesen existentiellen Kampf involviert seid. (…) Wir versuchen uns zu wehren gegen ein System, das Gesetze, Regeln und Sachverhalte so kombiniert, dass unsere Rechte unterhöhlt werden. (…) Und genau diese Kombination aus Machtausübung, vordergründiger Moral und Sachzwängen ist es, die unseren Planeten zerstört. (…)“ (20)
Die noch bis Januar 2021 amtierende Trump-Administration kann zu Recht als ein verlängerter Arm der Konzerne bezeichnet werden. (18) Man muss nicht lange recherchieren um auf den direkten Bezug des ehemaligen Präsidenten zu den Betreibern der DAPL-Pipeline zu stoßen. Der Guardian titelte am 9. August 2020: „Big Oil dankt ‘Freund’ Trump mit Millionen für Wahlkampagnen“: Spenden für die Unterstützung der Wiederwahl-Kampagne des Präsidenten seien in großem Stil vonseiten der Fossil-Industry geflossen, welche drei Jahre Energie-Deregulation und Steuervergünstigungen genossen habe. „Mitte Juli hat der Öl-Pipeline-Milliardär, Kelcy Warren, eine rauschende Fundraising-Feier in seinem Palast in Dallas, Texas in Anwesenheit von Donald Trump gegeben und 10 Millionen Dollar Spendengelder für die Wiederwahl des Präsidenten generiert. (…) Er und seine Frau hatten seit 2019 bereits saftige 1,7 Millionen für Trumps Sieg gespendet (…). (Dies zumal) Warrens Company, Energy Transfer (!) einen Riesengewinn rausgehauen hatte, nachdem Trump in sein Amt eingesetzt worden war und regulierend Kontrolle über den kontrovers und gerichtlich umstrittenen Bau der DAPL gewonnen hatte.“ (19)
Die Situation nach der US-Wahl vom November 2020
Die Frage ist nun also, was die Öl-Lobby unternehmen wird, um einen nachhaltigen Sieg der „Water-Protectors“ zu verhindern und weiterhin die Kontrolle über die Pipeline zu behalten. Joe Biden hat zwar im USA-Wahltalk-Duell vom Oktober geäußert: „Ich würde wegkommen von der Öl-Industrie, weil sie die Umwelt verschmutzt.“ Dass es sich dabei aber um mehr als ein Lippenbekenntnis handelt, muss angezweifelt werden. Man könnte mit Noam Chomsky behaupten, dass das ganze politische Spektrum der USA seit mehreren Dekaden einen Rechtsrutsch erlitten hat (21). Auch die Demokraten sind eine bürgerliche Partei und etabliert. Viele Indigene hatten sich 2016 der Stimme enthalten, weil sie der Meinung waren, dass weder Trump noch Clinton wählbar seien. Es ist zu befürchten, dass sie mit ihrer Annahme richtig liegen und sich auch die im Januar 2021 antretende Biden/Harris-Regierung mit der Wirtschaftslobby und der Wallstreet bestens arrangieren wird.
Die NGO Indigenous Environmental Network beurteilt die neue Präsidentschaft in einer Pressemitteilung vom 7. November 2020 nüchtern: „Die USA ist ein Kolonisten- und Siedlerstaat, der das Land seit jeher ausgebeutet hat; seine Einwohner und seine Ressourcen. Wir sind uns bewusst, dass ein System, welches unser Land, Wasser, die Menschen und sogar den Himmel zur Ware macht, trotz diesem Wechsel in der Exekutiven nicht geeignet ist, sie zu retten.“
Die NGO stellt „als Teil der BIPOC-Führung“ weiterhin klare Forderungen, unter anderem auch im Bezug auf die Rohstoffindustrie: „Die neue Regierung muss einer extraktiven Ökonomie eine klare Absage erteilen.“ (22) Fest steht: die in Standing Rock entstandene Bewegung wird konsequent weiterkämpfen für die Rechte der First Nations und gegen die Zerstörung von Lebensgrundlagen, besonders aber für den Schutz des Wassers und gegen Fracking und Pipelines.
Patricia Mikulikova
(1) https://www.theguardian.com/us-news/2017/may/10/dakota-access-pipeline-first-oil-leak
(2) www.ienearth.org
(3) www.standingrock.org
(4) www.amnestyusa.org/features/standing-rock-0
(5) Dazu eine Sendung des TV-Senders „Democracy Now“ unter https://www.youtube.com/watch?v=8v-A3woyrh0
(6) Dazu der Mitschnitt einer Pressekonferenz des „Sacred Stone Camps“ unter https://www.facebook.com/TheYoungTurks/videos/10154135540399205/?pnref=story
(7) Bernd Drücke: Die US-Wahl als Zeitenwende, in: Graswurzelrevolution 414, Dezember 2016, https://www.graswurzel.net/gwr/2016/12/die-us-wahl-als-zeitenwende/
(8) https://www.foodandwaterwatch.org/news/who%27s-banking-dakota-access-pipeline
(9) https://www.amnesty.ch/de/laender/amerikas/usa/dok/2016/begnadigung-fuer-leonard-peltier
(10) https://en.wikipedia.org/wiki/Native_American_policy_of_the_Barack_Obama_administration
(11) Kommentar zu einem der Hearings von Rechtsanwalt und Aktivist Chase Iron Eyes https://www.facebook.com/lastrealindians/videos/vb.320024044685899/1374089105946049/?type=2&theater
(12) https://www.facebook.com/theinterceptflm/videos/1252250524823998/
(13) www.waterprotectorlegal.org
(14) https://waterprotectorlegal.org/red-fawn-fallis/
(15) https://waterprotectorlegal.org
(16) https://www.lakotalaw.org/
(17) https://waterprotectorlegal.org/dapl-victory-what-does-this-mean-for-kxl/
(18) Noam Chomsky on post-Covid-19 society by Robert Hacket in the National Observer July 15th
(19) https://www.theguardian.com/us-news/2020/aug/09/big-oil-trump-campaign-donations-fossil-fuel-industry
(20) https://www.facebook.com/ChaseAloneIronEyes/videos/207698690464411
(21) www.youtube.com/watch?v=CwRkfddtSPs
(22) https://www.mynewsletterbuilder.com/email/newsletter/1414822326
Zum Thema siehe auch: „First Nations“ gegen Trump. Der gewaltfreie Widerstand der indigenen Gemeinschaften in den USA am Beispiel der Dakota Access Pipeline, Artikel von N.O. Fear, in: GWR 434, Dezember 2018, https://www.graswurzel.net/gwr/2018/11/first-nations-gegen-trump/